1929 Sternwarte von Sueden_©Uni Innsbruck

Sie zählt zu den verborgenen Schönheiten Innsbrucks – die Historische Sternwarte des Astronomen Egon von Oppolzer im Stadtteil Hötting. Ein Kleinod, das unbedingt auf die Liste der „Must see!“ in Innsbruck gehört.

Kristallklarer Nachthimmel

Als sie errichtet wurde, war die Lage perfekt. Die Gegend um die heutige Sternwartestraße befand sich am Stadtrand, in großteils unbebautem Gebiet. Ausreichend Platz also für das persönliche Projekt, das Egon von Oppolzer in Angriff nehmen wollte: eine private Sternwarte. Um sie zu errichten, hatte der 1869 geborene Wiener Astronom 1901 den Lehrstuhl für Astronomie in Innsbruck angenommen. Die Bedingungen hier schienen ihm ideal: inmitten von Bergen, mit sauberer Luft und meist klarem Nachthimmel. Zumal Oppolzer nur wenige Schritte gehen musste, um in seine Villa zu gelangen.

Zwei ungewöhnliche Kuppeln lenken den Blick heute auf sich. Sie stehen im Nordosten des Botanischen Gartens – ebenfalls ein wunderbarer, „versteckter“ Flecken in Innsbruck, dem ich hier einen Beitrag gewidmet habe.

Historische Sternwarte

Für die damalige Zeit war der 1903/04 umgesetzte Bau eine kleine Sensation. Denn Oppolzer errichtete seine Sternwarte nach neuesten technischen Erkenntnissen. Sie umfasste ein Haupthaus mit zwei Stockwerken und eine frei stehende Kuppel. Dünne Wände aus Glas und Blech ermöglichten einen raschen Temperaturausgleich zwischen außen und innen. Was wichtig war, um gute Messergebnisse zu erhalten. Die Geräte standen auf Betonsockeln, welche die anderen Gebäudeteile nicht berührten. Damit verhinderte man, dass Erschütterungen sich auf die hoch sensiblen Geräte übertrugen.

In einer Zeitkapsel

Da die Sternwarte nur wenige Schritte von seiner Villa entfernt war, baute Oppolzer weder Wärmestube noch Sanitäranlagen ein – diese sollten erst später dazukommen. Lange konnte er seine Sternwarte allerdings nicht nutzen. Der Wissenschaftler starb 1907 in Folge einer Blutvergiftung. Er wurde nur 38 Jahre alt.

Drei Jahre später ging die Sternwarte in den Besitz der Universität Innsbruck über und hieß von nun an „Universitätssternwarte Innsbruck“. Während Zubauten das Außenbild änderten, blieb das Innere fast unangetastet.

Fast noch wie damals, als Egon von Oppolzer von hier aus den Sternenhimmel beobachtete. Einrichtung und Instrumente stammen aus jener Zeit. Und wenn man die Sternwarte betritt, kommt einem der Gedanke, der Wissenschaftler könnte um die Ecke biegen, sich auf seinen Holzstuhl setzen und durch das Teleskop schauen.

Faszinierende Instrumente

Beim Besuch fällt der Blick natürlich sofort auf den Star unter den astronomischen Instrumenten und Geräten in der Sternwarte. Er steht etwas erhöht direkt unter der Kuppel: das Teleskop mit einem Spiegeldurchmesser von 40 Zentimetern. Eines der ersten von der Firma Zeiss hergestellten Teleskope, das lichtempfindlichste und das erste große Spiegelteleskop in der Habsburger Monarchie, wie der Audioguide verrät.

In Schaukästen finden sich zwei ursprünglich transportable Geräte, bei denen die Winkel in horizontaler und vertikaler Achse angegeben sind. „Damit ließen sich die Orte und Planeten am ganzen Himmel ablesen und nicht nur in ihrer südlichsten Position“, erklärt Friedrich Vötter.

Wer in den Genuss seiner Führung kommt, braucht keinen Audioguide mehr. Die Informationen sprudeln. Sein Enthusiasmus für dieses Kleinod ist unüberhör- und unübersehbar.

Natürlich gibts zahlreiche Anekdoten rund um die Sternwarte und deren Besucher. Denn die kommen aus dem Staunen nicht mehr raus, wenn sie den Weg erst einmal hierher gefunden haben. Auch viele Einheimische wüssten nicht, welch' Schatz sich in der Sternwartestraße in Hötting verberge. Eine Zeitkapsel, sagt Vötter.

Im Zenit

Man taucht ein in die Astronomie, wie sie Anfang des 20. Jahrhunderts praktiziert wurde. Wissenschaftsgeschichte zum Angreifen, mit allen Sinnen wahrnehmen. So hat Oppolzer selbst Geräte entwickelt oder verfeinert. Zu sehen ist etwa das von ihm konstruierte zwei Meter lange Zenitteleskop. Es wurde waagrecht montiert und diente – wie das danebenstehende Meridianteleskop – zur Bestimmung von Zeit und Sternpositionen. Erfasst wurden Sterne im Bereich des Zenits, also senkrecht über dem Teleskop. Dieses Gerät war bis in die 1960er Jahre in Gebrauch, dann kamen modernere Methoden zum Einsatz.

Himmelskörper im Visier

Ein ganz spezielles Instrument ist auch der im Eck stehende Blinkkomparator. Er diente dazu, die bei den Himmelsbeobachtungen aufgenommenen Fotoplatten auszuwerten. Bei zwei in verschiedenen Nächten aufgenommenen Fotoplatten derselben Himmelsgegend zeigt er unserem Auge diejenigen Objekte, die sich in der Zwischenzeit am Himmel weiterbewegt haben.

Mithilfe solcher Geräte ließen sich kleine Planeten ausfindig machen, aber auch Sterne, die eine veränderliche Helligkeit haben. Sie „blinkten“ auf den Fotoplatten auf, wenn man sie durch den Komparator betrachtete. Heute ersetzt Computertechnik die Auswertung von Aufnahmen aus dem Weltall.

Must see!

Erst kürzlich verzückten detaillierte Aufnahmen des Weltalls und des Planeten Jupiters nicht nur die Fachwelt. Erstellt wurden sie vom „James Webb“-Teleskop der NASA. An einem der Forschungsprojekte beteiligt übrigens die Innsbrucker Astrophysikerin Nadeen B. Sabha.

Faszinierend auch der Blick in die Wissenschaftsgeschichte, die uns die Sternwarte in Hötting heute noch gewährt. Für mich eines jener Kleinode, die zu den „Must see!“ in Innsbruck gehören. Und selbstverständlich steht die Oppolzer-Sternwarte auch in meinem Buch „111 Orte in Innsbruck, die man gesehen haben muss“, erschienen im Emons Verlag.

Die Historische Sternwarte befindet sich im Nordosten des Botanischen Gartens. Der Zugang ist über die Sternwartestraße 13 und den Botanischen Garten, Botanikerstraße 10, möglich.

Direkt am Eingang zum Botanischen Garten befindet sich die Bushaltestelle „Botanikerstraße“.

Historische Sternwarte

Sternwartestraße 13, 6020 Innsbruck

Kontaktpersonen: Friedrich Vötter, Tel. +43 512 507-52055, oder Amela Music (Institut für Astro- und Teilchenphysik), Tel. +43 512 507-52101

Öffnungszeiten: Donnerstag 15:30–17:30 Uhr, aktuelle Infos unter www.uibk.ac.at

Informationen zu den Öffnungszeiten des Botanischen Gartens findest du hier. Und wer gerne wissen möchte, was man sonst in Innsbruck nicht verpassen sollte, schaut auf die Website des Innsbruck Tourismus.

Fotos, wenn nicht anders angegeben: © Susanne Gurschler

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