Marina-Hausberger-Rangerin-Karwendel

Der schönste Blick der Stadt beinhaltet stets eins: den ungetrübten Blick ins Karwendel. Mit einer Fläche von 739 Quadratkilometern ist das Karwendel das das größte Tiroler Schutzgebiet und der größte Naturpark Österreichs. Grund genug für einen Blick hinter die Kulisse der Nordkette. 

Im Gepräch mit Marina Hausberger

Bei meinem Ausflug aufs Hafelekar im Herbst 2021 im Zuge des Naturfilm Festivals habe ich Marina Hausberger kennengelernt. Die sympathische Tirolerin ist seit 2014 Rangerin im Naturpark Karwendel. Den Anfang hat ein Praktikum gemacht, danach wurde ihr eine fixe Stelle als Leiterin unserer Freiwilligenplattform Team Karwendel angeboten. Mit den Jahren hat sie immer mehr Aufgaben im Naturpark übernommen und mittlerweile ist sie für 30 Stunden das ganze Jahr angestellt.  

Marina, wie wird man eigentlich Rangerin? 

Bei uns ist es so, dass wir alle ein naturwissenschaftliches Studium absolviert haben. Also meist Biologie oder Geographie. Zudem sind wir alle zertifizierte BergwanderführerInnen und NaturführerInnen. 

Wie darf man sich deinen Alltag im Sommer vorstellen?

Alltag per se gibt es bei mir eigentlich gar nicht. Jeder Tag ist anders und das mag ich sehr an meiner Arbeit. Es gibt Tage da sitze ich am PC und plane Projekte, beantworte E-Mails, arbeite an der Website oder betreibe digitale Rangerarbeit oder Öffentlichkeitsarbeit. Vor allem die digitale Rangerarbeit wird immer wichtiger, da sich immer mehr Leute Infos und Ideen zur Freizeitgestaltung auf Plattformen, Social Media oder verschiedenen Blogs holen.

An anderen Tagen bin ich im Gebiet unterwegs und betreibe beispielsweise Landschaftspflege mit unseren Freiwilligen auf den Almen und Biotopen. Oder ich tätige klassische Rangerarbeiten wie Aufklärung der BesucherInnen, schauen wo es Probleme gibt und wie ich sie lösen kann, Müll zusammentragen, usw.

Welche Touren durch den Naturpark führst du, bzw. hast du dich auf etwas spezialisiert?

Führungen mache ich mittlerweile nur noch sehr wenige, da ich mit meinen restlichen Aufgaben schon sehr eingedeckt bin. Hin und wieder übernehme ich Schulführungen oder Spezialführungen für verschiedene Gruppen. Spezialisiert habe ich mich eigentlich nicht wirklich, wenn ich meine Kompetenzen irgendwo räumlich einordnen müsste, dann auf unseren 101 Almen im Schutzgebiet.

101 Almen, wow! Das würde man auf den ersten Blick gar nicht vermuten. Was ist denn für dich das Schönste an deinem Job?

Dass jeder Tag anders ist und ich mit meiner Arbeit etwas Sinnvolles und Positives leisten kann. Das Draußen-arbeiten ist natürlich auch ein großer Pluspunkt, wobei man sich nach anstrengenden Tagen manchmal auch ins Büro zum Ausrasten wünscht… 

Mit welchen Fakten kann man Besucher immer wieder überraschen?

Mit ganz einfachen Fakten, wie zum Beispiel, dass der Naturpark eine der größten Steinadlerdichten im gesamten Alpenbogen hat. Oder dass der Regentropfen, wenn er oben am Hafelekar ankommt, 7 bis 14 Jahre braucht bis er unten an der Quelle als erstklassiges Trinkwasser wieder rauskommt.

Was gibt es nur im Naturpark Karwendel und sonst nirgends?

Es gibt im Karwendel sehr besondere Lebensräume, die es vielleicht woanders auch gibt, die dort aber nicht so ausgeprägt sind wie im Naturpark Karwendel! Siehe unsere schönen Ahornböden oder alpinen Wildflüsse, Felsenregionen die an Mondlandschaften erinnern, Moorlandschaften und Ölschiefervorkommen!

Fun Facts zur Tierwelt im Karwendel, welche ungewöhnlichen Tiere, Pflanzen und weniger bekannten Eigenheiten gibt es hier zu beobachten?

Bei jedem Besuch im Naturpark kann man was Neues entdecken. Man muss nur die Augen und Ohren offenhalten! Es gibt im Naturpark beispielsweise fleischfressende Pflanzen wie das Fettkraut, oder besondere Orchideen wie das Kohlröschen, die wahnsinnig gut nach Vanilleschokolade riechen.  

Der Gelbe Frauenschuh kann bis zu 16 Jahre brauchen, bis er die erste Blüte hervorbringt. Ein einziger Bergahorn beheimatet oft etwa 60 andere Pflanzenarten, die ohne ihn nicht leben könnten….

Und eine ganz besondere Heuschrecke soll es im Karwendel ja auch geben…? 

Es gibt im Karwendel sehr viele verschieden Arten von Heuschrecken, die ganz spezielle Lebensräume brauchen, die in den Alpen sehr selten geworden sind.

Im Naturpark haben wir beispielsweise noch intakte alpine Wildflüsse mit ihren sehr besonderen Ökosystemen und Eigenheiten. Gerade auf den Schotterbänken der Wildflüsse gibt es seltene Heuschrecken, die anderswo einfach keinen Lebensraum mehr finden.

Da gibt es zum Beispiel kleine Heuschrecken (Türks-Dornschrecke) die unter Wasser fressen können, oder fliegende Heuschrecken (Gefleckte Schnarrschrecke) die mit ihren kräftig roten Flügeln herumfliegen wie kleine Vögel!

Bei unserer Tour im letzten Herbst habt ihr von einer speziellen Moosart erzählt, welche nur unter ganz besonderen Bedingungen wächst… 

Du meinst wahrscheinlich das Rudolph's Trompetenmoos! Das eine Pflanze, die nur an einem ganz bestimmten Ort, unter ganz bestimmten Bedingungen wachsen kann. Es wächst nur auf dem Bergahorn und dort dann nur auf der Oberseite eines Astes, der mehr oder weniger horizontal wächst und auf etwa zwei Metern Höhe ist. Dieses Moos gibt es, nach aktuellem Wissenstand, in größeren Mengen nur an drei Flecken auf der Erde: am Großen Ahornboden im Naturpark Karwendel, in der Schweiz und in China!

Gibt es eigentlich auch Produkte, die im Naturpark produziert werden? 

Es gibt eine tolle Kooperation mit den beiden Jungs Max und Michi von AlpineSpirits. Die Beiden produzieren aus gesammelten Latschenzapfen Likör und Sirup. Die verarbeiteten Zapfen stammen ausschließlich aus dem Naturpark und werden händisch gesammelt. Von jeder verkauften Flasche fließt wieder ein gewisser Anteil des Gewinns in den Naturschutz zurück. Diese Kooperation ist für uns ein tolles Beispiel wie Zusammenarbeit in der Region funktionieren kann und der Likör wird auch als offizielles Naturpark Produkt vermarktet.

Welche familienfreundliche Wanderung kannst du im Karwendel empfehlen, welche sportliche Tagestour und wohin wenn man 2-3 Tage Zeit hat? Gerne deine persönliche Empfehlung und Bezug.

Als familienfreundliche Wanderungen sind sicher unsere tollen Almen auf der Nordkette zu erwähnen. Da kann man, je nachdem wie weit man gehen will, die Arzler Alm, die Umbrüggler Alm oder die Höttinger Alm erreichen, kann sich kulinarisch verwöhnen lassen und hat immer eine tolle Aussicht nach Innsbruck und in die Tuxer und Stubaier Alpen.

Eine sehr sportliche Tagestour, die ich auch immer wieder mache, wäre die Besteigung des Brandjochs von Innsbruck aus. Extrem lässig ist die Aussicht von dort oben in alle Himmelsrichtungen. Diese Tour lässt sich durch die Benutzung der Innsbrucker Nordkettenbahnen natürlich erheblich abkürzen😊

Wenn man 2-3 Tage Zeit hat, dann würde ich einige Etappen des Karwendel Höhenwegs empfehlen. Vom Hafelekar zur Pfeishütte und dann auf die Bettelwurfhütte, vielleicht sogar noch mit einer Besteigung des Großen Bettelwurfs und dann hinunter ins Halltal. 

Hast du eine Lieblingsjahreszeit, bzw einen Lieblingsort im Karwendel?

Meine Lieblingsjahreszeit ist der Winter. Ich liebe Schnee und kühle Temperaturen und bin am liebsten im Winter mit meinen Tourenski unterwegs.

Mein Lieblingsort im Sommer ist wohl der Issanger im Halltal. An wenigen Orten gibt es artenreichere und schönere Wiesen auf dieser Höhenlage und in solch einer spektakulären Umgebung. Wir kümmern uns seit einigen Jahren um den Issanger, da dort oben nicht mehr geweidet und gemäht wird, würde der Bereich wieder verwalden und so der Artenreichtum sinken. Wir versuchen den Issanger so gut es geht durch regelmäßige Mahd offen zu halten, um so die natürliche Sukzession aufzuhalten.

Danke für das spannende Gespräch! 

Ab ins Karwendel: Ranger Touren ab Innsbruck

Im Juli, August und September gibt es jede Woche die Entdecker Tour, die vom Hafelekar bis zur Pfeishütte und retour führt. Hier erfahren die TeilnehmerInnen allerhand interessantes über das Thema Leben im Gebirge von Flora und Fauna. Geführt werden diese Touren von zahlreichen, kompetenten NaturparkführerInnen die auf selbstständiger Basis für den Naturpark arbeiten.

Aktuelle Termine & Anmeldung: Naturpark Karwendel, Anton Heufelder / anton.heufelder@karwendel.org / Tel: +4366488446225

Tipp: Weitere Wanderideen in Eigenregie gibt es hier zum Nachlesen & Nachmachen auf innsbruck.info.

Ähnliche Artikel