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Vor einigen Jahrzehnten war es eher ein exklusiver ‚Club’, der sich mit kurzen Brettern in steile Rinnen ‚haut’, um auf Firnschnee in bisweilen mannshohen ‚Schneerinnen‘ talwärts zu ‚surfen’. Immer mehr Ski-Afficionados verlängern ihre persönliche Skisaison bis weit ins Frühjahr hinein. Es ist die Zeit des entspannenden Firngleitens.

Kein Weichschneehang kann zu steil, keine Rinne zu schmal sein. Kühn stürzen sie sich mit ihren breiten aber kurzen ‚Figl‘ zu Tal.  In Innsbruck werden sie bewundernd 'Kar-Fockn' genannt, wenn sie in den steilen Rinnen der Nordkette in Figl-Kanälen zu Tal brettern. Zu dieser elitären Gruppe zählen übrigens auch meine Kollegen Lea Hajner und Carlos Melgar, die ihre Figl-Erlebnisse hier und hier schildern. 

Ein Video von Vincent auf Youtube gibt das Lebensgefühl dieser Wilden Hunde gut wieder.

Die Idee des Emo Heinrich

Kurz nach dem Krieg ist’s einem Innsbrucker zu bunt geworden, nach Bergtouren auf Schuhsohlen über die noch existierenden Schneefelder abrutschen. Der 1922 als Johann Heinrich Geborene wurde schon zu seiner Schulzeit aufgrund seiner langen Beine und seines stacksigen Ganges in Anlehnung an den australischen Straußenvogel Emu gerufen. Daraus sollte später Emo werden, ein Name, der selbst in den USA zu einem Markenzeichen wurde.

Firngleiter. eigentlich  für Bergsteiger konzipiert

Dieser Emo war Ingenieur und werkte nach dem Krieg als Leiter des TIWAG-Pumpwerkes Achenkirch. Stets die Berge im Blick zog es den begeisterten Skifahrer und Kletterer hinauf in die Kare und Wände. Bis weit in den Spätfrühling hinein wollte er nach seinen Gipfelbesteigungen in steilen, sonnengeschützten Rinnen mit etwas anderem als seinen Schuhen über die Schneefelder abrutschen. Und so ‚schnitzte‘ Emo Heinrich 1946 seine ersten ‚Sommer-Kurzski‘ und ließ sie zum Patent vormerken. Zuerst war’s ein vorne abgehobeltes Brett, dann kamen drei Rillen in die Unterseite. Und schließlich, nach vielen Versuchen schraubte und leimte er nicht nur eine schaufelartige Spitze an die Bretter. Auf den Seiten der Bretter brachte er zwei nach unten vorstehende ‚Spureisen‘, quasi Stahlkanten an, die den Sommer-Kurzskis seitlichen Halt gaben. Fertig waren die ersten Firngleiter. 

In der folgenden Aufzeichnung einer ORF-Tirol-Sendung erzählt  Emo Heinrich, wie er die Figl erfunden hat.

Figl im Karakorum. Im Mai 1960 ein erstes Figlrennen

Um abzuklären, ob seine Erfindung auch seinen Bergkameraden taugte, lud er sie auf die Nordkette in Innsbruck zum Probefahren ein. Nach dem großen Erfolg dieser Testserie meldete er seine Erfindung als Patent an.

Lustig ist, dass das genaue ‚Geburtsdatum der Figl‘ auf die Minute bekannt ist: Am 3. September 1946 um Schlag 11:59 Uhr wurde seine Erfindung unter der Patentnummer 1567195 vorgemerkt.

Eine Innsbrucker Firma witterte ein Geschäft und 'schnitzte' die ersten Exemplare aus Eschenholz, Bindung und Metallkanten wurden extra produziert. Eine Schweizer Firma kaufte alle fertiggestellten Figl. Doch dann die Ernüchterung: Das Eschenholz hatte sich verzogen, die Schweizer schickten die ganze Ladung zurück. Emo Heinrich hatte nicht die Finanzmittel, um die Figl endgültig patentieren zu lassen. Und dennoch begannen die Figl ihren Siegeszug im Alpenraum. Sie waren 1954 bei einer Karakorum-Expedition dabei, am 22. Mai 1960 gab’s das erste Figlrennen. 

Das zweite Leben des Emo Heinrich

1955 begann dann Emo Heinrichs quasi zweites Leben. Der Musiker, Bergsteiger, Skifahrer und Maler reiste nach Kalifornien, um dort sein Glück als Skilehrer zu machen. Bei einem zwischenzeitlichen Heimatbesuch holte er die Berg- Skiführer- und Skilehrerausbildung nach. 

Bei einer Andenexpedition 1958 bestieg er dann kurzerhand vier Sechstausender. Das südamerikanische Land hatte es ihm überhaupt angetan. Er wurde Skilehrer in Bariloche. Wieder in Kalifornien zurück heiratete er seine Frau Annedore, die er beim Skilehrerkurs in Österreich kennengelernt hatte.

Im dritten Abschnitt seines Lebens widmete er sich ganz einer weiteren Berufung, jener der Malerei. Nach einem Studium bei Bob Frick und am Manchester Art Center & Frank Webb unternahm er Malreisen, die ihn in die ganze Welt führten. Ausstellungen, Ehrungen und Preise zeugen von seinen Talenten. 

Einen letzten Traum verwirklichte er sich noch. Er baute nach seinen Weltreisen ein Haus in Oberlech, in dem er sich auch ein großzügiges Atelier und eine Galerie einrichtete. 

Emo Heinrich, der Erfinder der Firngleiter, starb am 3. März 2009 in Igls.

Links:

Ich danke Günter Amor für seinen Hinweis auf einen Aufsatz, den Emo Heinrich mit seiner Hilfe geschrieben hat. Er ist im Tiroler Landesmuseum-Ferdinandeum unter der Zahl FB 12/291/11 einzusehen. 

Welchen Stellenwert Heinrichs Wirken in den USA hatte, zeigt ein Nachruf in der New Austrian Information: https://www.austrianinformation.org/winter-2009/emo-henrich-1922-2009.html

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