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Kristina Erhard
12. Juni 2015
Originalsprache des Artikels: Deutsch

Spieglein, Spiegelein an der Wand, wie viele Kristalle gibt es in unserem Land?

Wer hätte das gedacht: Tirol – genauer gesagt der kleine Ort Wattens – ist nicht nur für atemberaubende Natur in Form von Schnee auf Bergen bekannt, sondern auch für glitzernde Steinchen. Kristalle eigentlich, pardon. Und denen bietet der Kopf eines Riesen mit funkelnden Augen und einem breiten Wasserfall, der sich aus seinem Mund ergießt, ein faszinierendes Zuhause. Zuviel der verbalen Abstraktion? Die Kristallwelten der Firma Swarovski im Inneren des grasbewachsenen „Riesen“ in Wattens haben sich neu erfunden. Gut für uns, denn soviel Glitzer findet man sonst nur in einem Britney Spears Musikvideo.

Anfangszauber.

Herman Hesse meinte einst so schön „Jedem Anfang liegt ein (glitzernder) Zauber inne“. So oder so ähnlich sah das 1995 wohl auch der österreichische Multimediakünstler André Heller, der der Firma Swarovski zu ihrem hundertjährigen Bestehen ein Denkmal in Form der Swarovski Kristallwelten setzte. Der botanische Kopf des Riesen diente ihm dabei als formvollendete Ummantelung seiner „Welt der Wunder“, Wunderkammern, die von internationalen Designern, Aktionskünstlern und Architekten zu ihren eigenen Interpretationen von Kristallen eingerichtet wurden. Die künstlerischen Freiheit reicht dabei von Spiegelkabinetten aus Riesenkristallen, überdimensionalen Figuren aus eben diesen bis zu Fantasiewelten aus Millionen von funkelnden und verschiedenfarbigen Mini-Steinchen.

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In funkelnden Kristallen um die Welt. Wer kennt sie nicht, die Glitzersteinchen von Swarovski? Foto: Swarovski Kristallwelten


The show must go on.

Swarovski wäre aber kein global agierendes Unternehmen, wenn es sich nicht ständig neu erfinden würde: Gemäß dem Credo „Alles fließt“ flossen im letzten Jahr zig Millionen Euro in den Umbau und die Neugestaltung der Kristallwelten. Für die neuen Wunderkammern im Inneren des Riesen holte man unter anderem den niederländischen Designer Tord Boontje an Bord, der genauso wie die südkoreanische Bildhauerin Lee Bul bereits einiges für Swarovski entwarf. Darunter ist auch der Kristallbaum „Silent light“ zu finden, den Boontje mit dem mittlerweile verstorbenen britischen enfant fragile Alexander McQueen entwarf. Dieser Kristallbaum ist nun drauf und dran, dem Goldenen Dachl den Rang als meistfotografiertes Objekt Tirols abzulaufen. Aber auch sonst haben die neuen Kammern einiges zu bieten: funkelnde Farbexperimente, abstrakte Spielereien, changierende Spiegellandschaften voller träumerischer Illusionen und andernorts wiederum Kristalle, die wie fremdartige exotische Vögel, Reptilien oder Blüten in einem Wald erscheinen.

Kristallwald, Eden und ein bißchen funkelnde Fantasie. Die neuen Wunderkammern laden zum Träumen ein. Foto: Swarovski Kristallwelten

Kristallwald, Eden und ein bisschen funkelnde Fantasie. Die neuen Wunderkammern laden zum Träumen ein. Foto: Swarovski Kristallwelten

Den Wald sieht man vor lauter Bäumen nicht? Mitnichten. Besonders gefällt mir die Wunderkammer „Eden“. Das britische Avantgarde-Duo Fredrikson Stallard rührt mit ihrer Wunderkammer die Urinstinkte der Menschen: eine archaische, dunkel-glitzernde Waldlandschaft, inmitten die rauschende Projektion eines immerwährenden Wasserfalls und immer wieder kristallene Figuren. Unwirklich und dabei so abstrakt, dass der Betrachter allein entscheiden muss, was man in ihnen sieht. Das macht die eigentliche Faszination der Kristallwelten aus: der Besucher findet sich immer wieder in seinen eigenen Träumen und Vorstellungen wieder. Die Brücken-bauende Gemeinsamkeit im Kopf: alles muss glitzern und funkeln.

Cloud Number 9.

Herzstück des auf die doppelte Größe angewachsenen Gartens ist eine übergroße Kristallwolke von Andy Cao und Xavier Perrot, die aus 800.000 handgesetzten Kristallen konstruiert wurde und fragil-glitzernd über einem dunklen Spiegelwasser schwebt. Das faszinierende an dieser 1400 Quadratmeter großen Installation ist: die Wolke im Gegenspiel zum Obsidian-schwarzen Wasser symbolisieren Tag und Nacht, vielleicht auch ein bisschen das Diesseits und Jenseits. Auch hier wird dem Betrachter überlassen, zu sehen, was er sehen will, der Fantasie keine Grenzen zu setzen.

Über den Wolken und inmitten des fantastischen neuen Parks rund um den Riesen. Foto: Swarovski Kristallwelten

Über den Wolken und inmitten des fantastischen neuen Parks rund um den Riesen. Foto: Swarovski Kristallwelten


Glitzer-schwindliges Fazit.

Das Spannende und wirklich Einzigartige an den „neuen“ Swarovski Kristallwelten ist die schiere Grenzenlosigkeit an Abstraktion eines – nun ja – Kristalls. Die Kristallwelten mit ihrem Riesen, den Wunderkammern und der Kunst im Garten schaffen eine Welt, die für jeden Besucher anders ist. Weniger plastisch: die Künstler, die zusammen die Kristallwelten neu erfinden, stellen im MOMA aus, im Victoria&Albert Museum in London oder im Mori Art Museum in Tokio. Die Chance, die Werke der Haute-Volée internationaler Kunstschaffender an einem kleinen Ort inmitten der Berge zu sehen, sollte man sich nicht entgehen lassen.

Swarovski Kristallwelten

Öffnungszeiten:

Täglich 9:00 – 18:30 Uhr
letzter Einlass 17:30 Uhr

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