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Marius Schwager
06. Februar 2017
Originalsprache des Artikels: Deutsch

Ein sonniger Wintertag aus dem Bilderbuch neigt sich dem Ende zu. Die Sonne versinkt hinter den verschneiten Berggipfeln. Die letzten Skifahrer verlassen die Skipisten. Jetzt, wenn man sich als normaler Skifahrer in sein warmes, trautes Heim zurückzieht, die Sonntagabend-Entspannung auf der wohligen Couch einsetzt, beginnt für andere erst der Arbeitstag: Die Menschen vom Pistendienst. Ein Arbeitstag mit dem Pistendienst der Muttereralm Bergbahnen.

Unterwegs mit dem Pistendienst der Muttereralm Bergbahnen

Ich bin mit Patrick verabredet. Er arbeitet für die Muttereralm Bergbahnen im Pistenteam. Sein Arbeitstag beginnt, wenn der Spaß der Gäste ruht. Das heißt Spätschicht. Arbeitsbeginn ist meist um 16.30 Uhr, Schichtende dann, wenn die Arbeit getan ist. Das ist meist gegen 23 oder 24 Uhr, je nach Schneefall oder auftretenden Problemen kann das aber auch wesentlich später sein. Wenn es schneit und die Skifahrer um Punkt 8.30 perfekte Pisten erwarten, geht seine Schicht im Regelfall um 3 Uhr nachts los, und endet gegen 9 Uhr, kann aber auch mal die ganze Nacht sein. Wenn kein Schnee liegt, sind die Arbeitszeiten humaner. Dann heißt es reparieren, Instand halten, und für den Sommerspaß zum Beispiel auf den neuen Bikepark-Strecken die Schaufel in die Hand nehmen. Ich habe ihn und das Team eine Schicht lang bei ihrer Arbeit begleitet.

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Wenn sich die Sonne abends senkt, beginnt für das Pistenteam in Mutters die Arbeit. Foto: MS

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Blaue Stunde hinter uns, buckelige Piste vor uns. Foto: MS

Obwohl derzeit eher wenig Schnee liegt und ich zum Freeriden mir gerne mehr Schnee wünschte, bin ich ganz froh, dass es heute nicht schneit. Treffpunkt 16.30 Uhr, Feierabendbier für die einen, Motivationskaffee für die Spätschicht, Besprechung der Tagesaufgaben, des Maschinenbestands und des Pistenzustands. Bei Lanze 146 muss der Schnee von links schön mittig nach rechts geschoben werden. Skifahrer bremsen gerne an ähnlichen Stellen und tragen dabei immense Mengen Schnee gen Tal. 40 oder mehr Zentimeter massive Kompaktschneedecke gilt es mitunter wieder zurückzuschieben.

Ein 530 PS Männerspielzeug

Patrick führt heute Abend eine Prinoth Leitwolf, Monstrum von Pistenbully, ein 530 PS starkes Männerspielzeug (für die Technikaffinen gibt es hier einige Infos vom Hersteller). Mit der linken Hand regelt er den Schub für die beiden Kettenantriebe, ähnlich wie bei einem Flugzeug. In der rechten Hand hält er einen Joystick mit viel zu vielen Knöpfen und Funktionen, daneben ein Monitor für die vielen Zusatzfunktionen für dieses Gerät.

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Vorne der Tanz der Pistenpräparation, hinten die ruhige Stadt im Sonntag-Abend-Schlaf. Foto: MS

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530 PS pure Kraft. Foto: MS

Patricks Konzentration und Steuerarbeit erinnert mich an Jugendliche und ihr Verhalten beim nächtlichen Computer-Spielen. Ständige kleine, feine, präzise Bewegungen. 530 PS wollen erstmal fast zentimetergenau gezirkelt werden. Vorne gilt es die Schaufel dem Untergrund anzupassen. Schnee aufkratzen, verteilen, verschieben, mehr nach links, mehr nach rechts, oben, unten, die Schaufel etwas schief stellen, auf der linken Seite ein Zaun, rechts soll nicht so viel von der bereits gelegten Spur überdeckt werden zum Spritsparen. Ich schaue ihm gespannt bei seiner Arbeit zu. Er ist die ganze Zeit hochkonzentriert. Erst nach fünf Stunden aufmerksam auf die Pisten schauen und filigranen Handbewegungen hat er Zeit sich seine erste Pausenzigarette anzuzünden.

Parallelverschiebung der Fräse, hydraulische Raupenspannung, verstellbarer Fräsanpressdruck, Cruise control, On-Board Diagnostik. Ich komme selbst bei langem Zuschauen nicht mehr mit. Am Heck des Pistengeräts ist die Fräse und der „Finisher“ – der Teil, der die schöne Pisten-Rillenoptik erst herstellt – zu bedienen. Ein Unterschied zu einem Computerspiel wird mir direkt klar: Im Problemfall ist nicht eines von unendlichen digitalen Leben kaputt, sondern eine 500.000 Euro Maschine oder im schlimmsten Fall wird gar ein Mensch verletzt. Pistentourengeher sind bei dieser hochkonzentrierten Arbeit ein echtes Problem. Alles im Lichtkegel erscheint aus dem Pistenbully fast taghell, daneben herrscht schwarze Dunkelheit. Meine Fotokamera hat ohne Blitzausleuchtung keine Chance hier etwas zu erkennen.

Neue Problematik: Nächtliche Pistentourengeher

Außerhalb des hellen Scheinwerferlichts herrscht für den Pistenfahrer Dunkelheit. Foto: MS

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Foto: MS

Sportfreunde, nicht dass wir uns falsch verstehen: Sport treiben ist für fast alle Menschen positiv und Skitourengehen findet zudem noch in der freien und schönen Natur statt. Aber nachts zwischen konzentriert arbeitenden Pistenbullyfahrern herumtänzeln, und dann spätestens bei der Abfahrt die Leistungen, dieser wunderbar ausgebreitete Rillenteppich zu zerfahren, das ist einfach nicht fair. Faire Sportler spielen fair. Patrick und sein Team würde das sehr freuen, wenn er nicht ständig Angst haben müsste, einen Skitourengeher mit seiner herumschnellenden Seilwinde zu erschlagen oder zu überfahren.

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Blick von der Muttereralm nach Innsbruck. Foto: MS

Tipp Pistenskitouren: Rund um Innsbruck gibt es für den großes Trend Pistenskitourengehen ein mit allen Anspruchsgruppen ausgearbeitetes Konzept, wann man wo sorgenfrei und auch abends Skitourengehen kann.  Miteinander statt gegeneinander lautet das Motto.

Tipp: Pistenbullyfahren kann jeder. Nur wie?

a) Man ist sehr (im Sinne von außerordentlich) nett zu einem der Arbeiter und überzeugt ihn, dass man mitfahren darf (was prinzipiell überall geht).
b) Man reserviert sich einen Sitz als Pistenraupen Co-Pilot in der Axamer Lizum (Kostenpunkt: 25.- bzw. 40.- Euro)

Mehr Informationen zu den westlichen Feriendörfern oder direkt zu den Muttereralm Bergbahnen.

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