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Es ist mit Sicherheit der berühmteste Balkon Innsbrucks nach dem Goldenen Dachl: Der Dschungelbalkon in der Amraserstraße. Urban Gardening vom Allerfeinsten. Viele von uns haben sich schon gefragt, wer denn hinter diesem grünen Urwald steckt. Und was in luftiger Höhe angebaut wird. Nach jahrelanger Bewunderung des Kunstwerkes von der Straße aus hatte ich genug. Ich wollte wissen, wer hinter diesem Dschungel auf Balkonien steckt. Und erlebte eine faustdicke Überraschung.

Aber der Reihe nach. Ich hatte beruflich sehr oft in der Amraser Straße zu tun. Und genoss es, in einem Gartenrestaurant am Leipziger Platz, eigentlich im Rapoldipark zu speisen. Kein Wunder also, dass ich eines Tages diesen außergewöhnlichen Balkon entdeckte. Der ragt ja wie eine grüne Schublade aus einer grauen Hausmauer heraus, umkränzt von allerlei Blumen, Wein und anderem Grünzeug. Ich machte vor Jahren schon ein Foto und postete es auf die Innsbrucker Facebook-Seite. Das Bild erntete reichlich Zuspruch seitens der Facebook-Freunde Innsbrucks. Mehr nicht.

Das Geheimnis, wer die grüne Oase hoch über der Amraserstraße betreibt ist gelöst.

Das Geheimnis, wer die grüne Oase hoch über der Amraserstraße betreibt, ist gelöst. Foto: privat

Auf knapp 5 m2 blüht und gedeiht es, dass es eine Freude ist.

Auf knapp 5 m2 blüht und gedeiht es, dass es eine Freude ist. Foto: privat

Und trotzdem möchte man irgendwann einmal wissen, wer seine Individualität in einer so schönen und vor allem ungewöhnlichen Form nach außen kund tut. Nach langwierigen Nachforschungen ist es mir jetzt gelungen, den Dschungel-Gärtner – in Neusprech den Betreiber dieses ‚Urban Gardening‘ – ausfindig zu machen. Und das war eine riesengroße, eine gleichsam freudig-sentimentale Überraschung. Der Dschungelboss heißt Dr. Franz Koch und ist einer meiner besten Freunde aus Studienzeiten. Ich hatte meinen langjährigen WG-Wohnungskollegen seit 38 Jahren nicht mehr gesehen, wir hatten uns völlig aus den Augen verloren. Mir war aber jetzt schlagartig klar, dass es eigentlich nur Franz sein konnte, der hinter diesem wahrhaftigen Kunstwerk des Urban Gardening steckte.

Dr. Franz Koch: Zell-Biologe, städtischer Balkon-Farmer und Modelleisenbahn-Betreiber mit seinem Chamäleon.

Dr. Franz Koch: Zell-Biologe, städtischer Balkon-Farmer und Modelleisenbahn-Betreiber mit seinem Chamäleon.

Urban Gardening vom Feinsten und mit Riesen-Ernteerträgen

Urban Gardening vom Feinsten und mit Riesen-Ernteerträgen

Franz hatte immer schon weit mehr als den berühmten ,grünen Daumen‘. Er hat gleich zwei grüne Hände. Kein Wunder auch, denn er studierte Biologie (eigentlich Zoophysiologie) und umgab sich schon in seiner WG-Studentenbude mit einem formidablen Urwald. Er teilte seine Bude mit allerlei tierischen Bewohnern wie Schildkröten, Gekkos, Eidechsen, Lurchen und Molchen. Tropische Zimmertemperaturen samt dazugehöriger Luftfeuchtigkeit war immer schon seine Sache. Aber zu meiner absoluten Verblüffung hat er sich in der Zwischenzeit ein weiteres hobbymäßiges Standbein zugelegt. Und das überrascht nicht weniger. Seit etwa 20 Jahren huldigt er einem Faible, das quasi die ganze Wohnung erfüllt. Es gibt kein Zimmer mit Ausnahme von Klo und Küche, das nicht von seiner Mini-Modelleisenbahn durchquert wird. Selbst vor dem Schlafzimmer machen seine insgesamt 250 Miniatur-Lokomotiven nicht halt. Wenngleich sie dort lediglich umkehren.

Dr. Franz Koch ist nicht nur ein exzellenter Gärtner. Seine Modelleisenbahnanlage kann ich nur als 'sensationell' bezeichnen.

Dr. Franz Koch ist nicht nur ein exzellenter Gärtner. Seine Modelleisenbahnanlage umfasst die ganze Wohnung. Zusammen mit dem Balkon eigentlich ein Gesamtkunstwerk.

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Obwohl er es nicht so offen zugeben will: Der pensionierte ehemalige Forscher und Top-Zell-Biologe an der Innsbrucker Klinik ist mit Fug und Recht stolz auf seinen etwa 5 m2 großen Balkon in Dschungelausführung. Und vor allem auf die Ernteerträge, die er Jahr für Jahr lukriert. Man muss sich das einmal vorstellen: Auf einer Fläche, auf der man sich kaum umdrehen kann, züchtet er Tomaten, und zwar gleich 11 verschiedene Sorten. Dazu gesellen sich Zucchini und Auberginen, Gewürzkräuter, ein Marillen– und ein Kirschbaum. Und das alles wird sozusagen umrahmt von einem Weinstock, dessen Stamm schon mehr als 5 cm dick ist. Von den Kiwis gar nicht zu reden, die ebenfalls in luftiger Höhe über der Amraserstraße reifen.

Guinness-Book-verdächtig

Wenn ich nicht seine handschriftlichen Ernteaufzeichnungen gesehen hätte, ich würde es nicht glauben. Denn Franz Koch erntet Mengen, die mir Guinness-Book-rekordverdächtig erscheinen. Denn auf den knappen 5 m2 Balkonfläche reiften 2015:

  • 25,82 kg Tomaten (insgesamt 11 verschiedenen Sorten);
  • 19,98 kg Melanzani;
  • 16,80 kg Weintrauben, die er zu Wein veredelt. 

Damit dürfte er Innsbrucks einziger Balkonwinzer sein. Aber mit dem Verzehr von Trauben gibt sich Franz nicht ab. Er keltert aus ihnen – in einem gar nicht so unkomplizierten Vorgang – seine eigene, Innsbrucker Rabiatperle.

Wie ist eine derartige Riesenernte von mehr als 70 kg auf so kleinem Raum denn möglich, fragen sich alle, die Urban Gardening als Hobby betreiben. Ich hab mich ja auch gewundert und Franz beschwatzt, damit er sein züchterisches Geheimnis preisgibt. Es sind sogar zwei Geheimnisse, die er nun erstmals und exklusiv für den Innsbruck-Blog ausplaudert.

Jahr für Jahr fährt Frant Koch Riesenernten auf seinem Balkon ein. Tomaten bis zum Abwinken...

Jahr für Jahr fährt Frant Koch Riesenernten auf seinem Balkon ein. Tomaten bis zum Abwinken…

Und so funktioniert Urban Gardening in Balkonien

Des Geheimnisses erster Teil ist das Substrat, auf dem die Pflanzen wachsen und gedeihen:

  • In den Pflanzkasten gibt er zuerst eine Schicht ganz normaler Blumenerde. Aber die nächste Schicht hat es schon in sich: die besteht nämlich aus ungewaschener Schafwolle (Koch: „so verdreckt, also so versch…ssen wie möglich“) auf die nocheinmal eine Schicht Komposterde gelegt wird, in die Koch etwas Pferdemist einarbeitet. Aber Vorsicht! Das Tüpfelchen auf dem i der Vorbereitung ist der Hinweis, dass der Mist von Pferden stammen sollte, die kein Kraftfutter erhalten. Klingt eigenartig, aber man muss es dem Mann schon glauben.
Die grünen Zebratomaten seine eine von 11 Tomatensorten, die Franz Koch auf seinem Balkon züchtet.

Die grünen Zebratomaten eine von 11 Tomatensorten, die Franz Koch auf seinem Balkon züchtet.

Das zweite Geheimnis seines Zuchterfolges ist das Bewässerungssystem. Ich hab schon viel gesehen, aber ein genialeres System ist mir bisher in meinem Leben noch nicht untergekommen.

  • Seine Pflanzen werden automatisch bewässert, wenn den Wurzeln Trockenheit droht. Und das alles ohne zu gießen oder Wasser zu pumpen. Allein der Druck der Wasserleitung wird auf 1 Bar reduziert und sorgt für eine optimale Bewässerung. Nicht zuviel und nicht zuwenig.

Um es kurz zu machen: Franz verwendet ein System namens Blumat. Es liegt mir fern, hier und in diesem Blog Werbung für irgendwelche Produkte zu machen. Aber ich finde diesen Hinweis deshalb wichtig, damit das Urban Gardening und damit auch potentielle urbane Gärtner in Innsbruck zu wahren Höhenflügen ansetzen können.

Der Blick vom Dschungelbalkon auf die Amraserstraße.

Der Blick vom Dschungelbalkon auf die Amraserstraße.

Franz züchtet nicht nur eigene Trauben, er produziert auch seinen eigenen Wein daraus. Quasi eine Innsbrucker Rabiatperle.

Franz züchtet nicht nur eigene Trauben, er produziert auch seinen eigenen Wein daraus. Quasi eine Innsbrucker Rabiatperle.

Ob er düngt, will ich abschließend noch wissen. Eigentlich gar nicht, sagt er. Und wenn Probleme mit irgenwelchen Schädlingen auftreten verlässt er sich auf alte Hausmittel. Eines davon hat der passionierte Raucher stets auf Lager: Tabak. Denn mit Tabaksud lassen sich etliche Pflanzenschädlinge beseitigen.

Ja, und schließlich ist es auch der Termin der Aussaat auf dem Balkon, der wichtig ist. Franz Koch startet sein Gartenjahr (oder sollte ich sagen sein Ackerjahr?) jeweils akkurat am 1. Mai. Wahrhaftig ein „Tag der Arbeit„.

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