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Marius Schwager
27. Juni 2017
Originalsprache des Artikels: Deutsch

Die Sonne brennt, Motorsägen jaulen und die Feinstaubbelastung erreicht neue Höchstwerte. Die Menschenmassen und die große Staubwolke über Mutters und Götzens waren einem Event geschuldet: Crankworx Innsbruck, das große Mountainbike-Szeneevent feiert seinen ersten Auftritt auf deutschsprachiger Bühne. Die Sommer-Trendsportart Mountainbiken erobert die Hauptstadt des alpinen Skifahrens und erweckt Innsbruck aus seinem Sommerschlaf.

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Schluss mit Sommerschlaf

Innsbruck galt im alpinen Sommer als ruhiges Fleckchen Erde für Biker. Die wichtigste Nachricht zuerst: Das wird sich in Zukunft ändern. Wo sonst in den Sommermonaten beschaulich ruhige Wanderstimmung und savoir vivre auf Tiroler Art anzutreffen sind, bringt das größte Mountainbike-Festival neuen Wind in die im Sommer bisher quasi leerstehenden Skigebiete.

Das erste wirklich große Mountainbike-Event Crankworx versammelte die ganze Bevölkerung in den beschaulichen Feriendörfern Mutters und Götzens. Fans aus der ganzen Welt reisten extra nach Innsbruck an, um ihre Idole zu sehen und zu feiern. Motorsägen jaulten, die Neuen und alten Fans bejubeln Tricks und Bestzeiten, bestaunen die Technik- und Brandwelt rund um das Thema „Bergab-Fahrrad“ und genießen den neuen Biker-Flair. Die eingefleischten Crankworx Fans gehören ohnehin zu den eher lauten und verrückten Zuschauern, die vielen Mountainbike-Neulinge ließen sich davon anstecken und erkundeten gleich noch bei den Sponsoren und Mountainbike-Produzenten das neueste und angesagteste Material. Eigentlich klingt das alles wie bei einem klassischen Skirennen auf der Streif in Kitzbühel. Mit den klitzekleinen Unterschieden, dass bei 35°C sicherlich niemand im Pelz herumläuft, die Fahrer nach ihren Runs auch mal ein Bier trinken, der Eintritt gratis und jedermann/frau erwünscht ist und sicherlich nirgendwo plötzlich DJ Ötzi die Stimmung anheizen muss.

Das erstaunlich bunte Publikum konnte von Mittwoch bis Samstag im Downhill die schnellsten Fahrer vorbeirauschen sehen, die krassesten Tricks beim Slopestyle beklatschen und die whippigsten Whips (ein Trick-Sprung, bei dem das Fahrrad in der Luft möglichst weit quer zur Flugrichtung gestellt wird) hoch oben am Berg in alpiner Landschaft bestaunen.

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Danny Hart und Mr Brett „Epic Pinkbike“ Tippie

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Feinstaubalarm in Götzens

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Individueller Materialeinsatz beim Downhill führt nicht unbedingt zur Bestzeit.

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Spandex und ein Wimpernschlag

Mein letztes aktiv erlebtes Mountainbike-„Event“ liegt schon gut zwei Jahrzehnte zurück. In den 90er Jahren kamen Downhill-Rennen zum ersten Mal mit den neuartigen Fahrrädern in die Berge und auf die analogen Bildschirme. Es regierten Felgenbremse, neonfarbene Spandexanzüge, die Federungselemente der Fahrer waren auf die eigenen Muskeln beschränkt und festgehalten wurde die neuartige Actionsportart mit analogen Filmkameras, die heute einen Vintagepreis verdient hätten. Gut, dass sich manche Dinge im Laufe der Zeit ändern.

Heute, gut 20 Jahre später, starten die Spielarten Downhill und Slopestyle des Mountainbikesports nochmal voll durch. Große Sprünge, schwierige Tricks und teuflisch schnelle Abfahrtsspezialisten. Das Neon-Spandex ist Tattoos, großflächig platzierten Marken-Logos und Schildmützen gewichen, die Fahrer sind durchtrainierte Vollathleten.

0,25 Sekunden auf knapp drei Minuten Abfahrtszeit trennten beim Downhill-Wettbewerb die Sieger. Zeitabstände, wie man sie sonst nur vom alpinen Skisport gewohnt war. Ein Wimpernschlag dauert nur unwesentlich länger. Der amtierende UCI Downhill-Worldcup Sieger Danny Hart gewinnt vor Mick „Sick Mick“ Hannah. David Trummer und Markus Pekoll als beste Österreicher landen auf Platz 20 und 21. Im Slopestyle gewinnt der Amerikaner Nicholi Rogatkin vor Landsmann Brett Rheeder. Rogatkin zeigte einen „Superman“, „Cash Roll“, diverse „Bar Spins“ und „Tailwhips“. Das muss man nicht verstehen, um es live ziemlich atemberaubend zu finden.

Die Downhill-Strecke Götzens in der Streckenvorschau Top to Bottom

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Crankworx Innsbruck 2017 Zusammenfassung

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Kollegialität unter den Fahrern. Ein neuer Trick wird von allen gefeiert.

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Für Ruhm und Ehre (und die Krankenversicherung)

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So viel Action hat der Patscherkofel im Sommer noch selten gesehen.

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Wer sein E-Bike liebt, der schiebt. Mitleidsbekundungen hunderter Zuschauer gibt es gratis.

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Familienausflug Downhill-Event

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Gängiger Witz auf modernen Risikosport-Events: Wie viele Menschen braucht es mindestens für „krasse Action“? Einen Fahrer, Fotografen, Filmer und einen der das Ganze für die Follower live auf Instagram teilt.

Wintersport? Sommersport!

Ist der geneigte Crankworx-Fan schon von weitem an großflächigen Tattoos, Schildmützen und T-Shirts mit Markenlogos, einem Bier in der Hand und meist englischer Fachsprache zu erkennen, gesellten sich auch viele einheimische Familien, Studenten und generell Sportinteressierte ins Publikum. „Des isch ja schu gewaltig was de da machn. Wilde Hund!“ stellt einer der vielen einheimischen Besucher fest. Er wird sich nun wohl mit dem Gedanken anfreunden, dass rund um den Bikepark Innsbruck und überall wo Mountainbiken möglich ist, vermehrt auch Mountainbiker anzutreffen sein werden.

Für viele ein logischer Schritt: Der Schnee wird aufgrund des menschenverursachten Klimawandels seltener. Grünbraune Wiesen und ein schneefreies Mitteleuropa wird von der großen Mehrheit der Forscher vorhergesagt. Man muss weder Klimaforscher noch Prophet sein, um zu verstehen, dass der Skitourismus wohl bald deutlich seinen Hauptbestandteil, die verschneite Landschaft, verliert. Wer beim Crankworx Innsbruck 2017 dabei war, dem ist spätestens jetzt klar: Der Sommerschlaf ist vorbei, der Sommer wird der neue Winter. Für viele heißt das: Mountainbiken in all seinen Spielarten Downhill, Slopestyle, Pumptrack, Tourenfahren, E-Bike und Trailtouren werden die neuen blauen Pisten, Snowparks und Freeride-Routen. Auch der einheimische Familienvater, ein eingefleischter Skitourengeher, hat das erkannt: Der Sohnemann mit den besonders glänzenden Augen wird wohl bald die Trails im Bikepark shredden.

Alle Ergebnisse, Fakten und Berichte zum Event Crankworx

Schluss mit Sommerschlaf: Die Bikecity erwacht. Trails, Bikepark, Touren und vieles mehr unter www.bikecity-innsbruck.com

Mythen und Begriffserklärungen für Interessierte zum Crankworx Innsbruck

– Slopestyle: Auf einem angelegten Kurs sind mehre Sprünge zu bewältigen und dabei möglichst schwierige Tricks zu vollbringen. Der Fahrer springt über verschiedene Hindernisse, Abzüge gibt es für unsaubere Landungen, am Ende zählt die höchste Punktzahl.

– Downhill: Ziel ist es so schnell wie möglich eine abgesperrte Strecke bergabzufahren.

– Whip-Off: Ein „Whip“ (englisch: peitschen) ist ein seitliches Querstellen des Fahrrads beim einem Sprung in der Luft. Je weiter der Fahrer hier sein Zweirad „tweaken“ (sprich: ziehen) kann, desto atemberaubender ist dies für die Zuschauer. Einer der klassischen Bestandteile des Crankworx, bei dem es nicht um größte Schwierigkeit oder Bestzeit geht, sondern der Spaß im Vordergrund steht.

– Bar Spin, Tailwhip, Frontflip, Suicide-No-Hander, Cash Roll, Truck Driver, 720: Diverse Tricks, die man bei einem Sprung mit dem MTB in der Luft vollführen kann. Viele Rotationen und Kombinationen mit sauberen Landungen bringen mehr Punkte.

– Motorsägen: Motorsägen sind das gängige Mittel der Wahl um auf einem MTB-Event ordentlich Stimmung zu machen. Tipp: Die Kette der Kettensäge an sich wird nicht zum Event gebracht ;).

– Roots: Englisch für Wurzeln, bezeichnet beim Downhill ein grösseres Teilstück mit vielen Wurzeln und Wurzelstufen.

Alle Bilder: MS

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