Oniriq – Menu Display

Oniriq (oder: onirique), ist Französisch und heißt „Traum“. Unter diesem klingenden Namen bittet in Innsbruck seit Kurzem ein kleines Restaurant zu Tisch. Ein Einzelner solcher Tisch steht heute für mich bereit, denn ich darf mich der Herausforderung stellen, diese Erfahrung in Worte zu fassen. 

Sieben fulminante Akte samt Weinbegleitung bietet das sinnliche Spektakel. In aller angemessenen Ausführlichkeit würde das hier aber wohl jeden redaktionellen Rahmen sprengen. Stattdessen soll ein „holistischer Erfahrungsbericht“ versuchen meine Erlebnisse angemessen widerzuspiegeln. Eine „ganzheitliche“ Art der Beschreibung, die dem geneigten Leser die besondere Möglichkeit bietet, die Erinnerung der Erlebnisse selbst zu (re-)konstruieren.

L’Ambiance

In dem kleinen Durchgang vom Theresienbräu zum Landhausplatz erwartet den Besucher ein schlichtes Restaurant. Eine Handvoll Tische in wohligem Licht. Von überall öffnet sich der Blick in die Küche, bereitwillig zeigt die Kunst ihr kleines Atelier. Die Luft ist erstaunlich klar, nichts verrät der neugierigen Nase was in der Küche geschieht. Das Ohr vernimmt entfernt sanfte Klänge feiner Musik. Das Ambiente ist einladend, die Stimmung fast andächtig: Hier ist die Bühne, das Schauspiel kann beginnen.

L’Amusement

„Amuse Gueule“ beschreibt den Gruß aus der Küche auf Französisch. Wörtlich übersetzt sich der Begriff mit „Belustigung des Gaumens“. Im Oniriq serviert der Chef zum Aperitif dann gleich fünf dieser kleinen Aufmerksamkeiten nacheinander. Liebevolle Interpretationen klassischer Tiroler Traditionsküche – von Omas Sauerrahmkekserl bis zum Tiroler Gröstl mit pochiertem Wachtelei. Damit räumt man den zornigen Hunger derart kunstvoll aus der Manege, dass man eigentlich schon klatschen will, bevor der erste Akt begonnen hat.

L’Art Nouveau

Der Französische Fachausdruck für den Jugendstil bedeutet direkt übersetzt „die neue Kunst“. Was die Traumfabrik des Oniriq hier auf die Teller zaubert verbindet kulinarische Kunstfertigkeit mit dem frischen Esprit der jungen Wilden. Küchenchef Christoph Bickel arrangiert jeden Teller penibel mit der Pinzette. Mit tatkräftiger Unterstützung seiner Mitstreiterin Alina bespielen so sieben saisonale Kompositionen die Sinne. Vielschichtig und aufregend erzählen sie Geschichten, malen Bilder und verführen die Phantasie: Ein morgendlicher Spaziergang im Spargelfeld, ein junges Lamm auf saftiger Alpenwiese, ein erfrischendes Sommergewitter aus geeistem Rhabarber. Dazwischen lässt man bewusst Zeit sich zu sammeln, denn jeder Gang verdient uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Kunstvoll leiten die einzelnen Akte ineinander über, kleine geschmackliche Details verbinden die einzelnen Darbietungen zum Gesamtkunstwerk.

L’Escorte

Erst die Begleitung vollendet das Erlebnis. Zu jedem Gang gesellt sich auf Wunsch ein passgenauer Wein. In jedem Fall empfehlenswert, denn der geschmackliche Tiefgang verschiebt sich elegant ins Uferlose. Wenn du glaubst es geht nicht mehr – falsch geglaubt: Mit breitem Grinsen übertrumpft sich der junge Wilde bei jedem neuen Akt selbst und dirigiert zum orchestralen Menü mit jedem Schluck einen wohl gesetzten Paukenschlag.

Salomon Undhof (frisch, weiß und aus der Wachau – Grüner Veltliner, 2015) gibt dem Thaurer Saibling in Gang Zwei fein säuerlichen Rückenwind, das Dessert aus verblüffendem Hefeeis und mariniertem Rhabarber spiegelt sich anmutig im Bouquet des Herrenberg 300 (fruchtig-frech mit Hefe im Vordergrund – Sauvignon Blanc aus der Südsteiermark, 2013). Geschichten und Hintergründe begleiten Gläser und Teller, zusammen erzählen sie einen Abend lang vom Streben nach Vollendung. Kindliches Staunen begleitet auch die Nebentische, die Gesichter sprechen Bände, dem Mund fehlen die Worte. Man prostet sich zu, das Erlebnis verbindet, irgendwann sind wir alle Freunde. Wir lachen gemeinsam und duzen uns, obwohl wir nicht wissen wie wir heißen. Es ist unfassbar schön.

Le réveil

Das Träumen ist die wohl kunstvollste Spielform der Phantasie, die uns im Schlaf mit wundersamen Eindrücken verführt. Beim Erwachen erscheint das Erlebte oft sonderbar, wundersam und fantastisch. Passende Worte sind kaum zu finden. Rückblickend offenbart sich diese Einsicht auch beim Oniriq: Einen Traum zu beschreiben ist ein Ding der Unmöglichkeit. Man muss die Erfahrung wohl tatsächlich selbst machen. In der Traumwerkstatt des Oniriq kann man das von 18:00 bis 24:00 Uhr täglich (außer Sonn- und Feiertags) und auf Wunsch sogar vegetarisch.

Das aktuelle Menü ändert sich dabei alle 8-10 Wochen und ist zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels schon ein Neues. Einen Gang davon durfte ich im Vorfeld aber schon probieren, welchen verrate ich natürlich nicht. Der aufmerksame Leser wird sich vielleicht erinnern. Ganz so, als hätte man davon schonmal geträumt.

Zeit nehmen sollte man sich für die Erfahrung auf jeden Fall: Drei bis vier Stunden empfiehlt der Küchenchef. Auch Reservierung wird erbeten. Wer das Erlebte hinterher noch bei einem Drink Revue passieren lassen möchte, findet im näheren Umkreis gute Gelegenheiten. 

Mehr Traumhaftes zum Oniriq gibt’s auf FacebookFalstaff, InstagramTripadvisor, via Homepage, per Mail (reservierung@oniriq.at) oder telefonisch unter +43 650 451 06 24.

 

PS: Wer noch mehr sinnliche Abenteuer sucht, dem sei hier auch die Wilderin wärmstens ans Herz gelegt.

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