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13. April 2014
Originalsprache des Artikels: Deutsch

Wer hat den Längsten? Wer ist der Palmesel?

Monika Hueber ist Bäuerin des Jahres 2013. Mit der Tradition des Palmbuschenbindens kennt sie sich aus, ein Brauch der Christen zu Ostern: Die gebundenen Palmbuschen werden am Palmsonntag geweiht und sollen den Bewohnern des Hauses Segen bringen und Unheil abwehren. In der Gemeinde Oberperfuss oberhalb von Innsbruck lebt Minika mit ihrem Mann auf einem Bauernhof samt Katzen, Papagei, Hühnern, Kaninchen, Schweinen und Kühen. „Ich bin gerne Bäuerin und kann mir nichts anderes vorstellen“, ist sie andächtig.

Die Bäuerinnen des Jahres werden in verschiedenen Kategorien vom Lebensministerium gewählt. Monika hat in der Kategorie Bildung und Konsumenteninformation gewonnen: „Kinder lernen bei mir in der sogenannten Schule am Bauernhof über den Weg der Milch, die Kartoffelernte oder Fleischverarbeitung. Sie bekommen wieder ein Gefühl fürs Essen und einen Bezug zu Tieren“, weiß Monika zu berichten.

Ich bin mit ihr draußen auf der Wiese vor ihrem Hof. „Binden tu ich immer im Freien, weil das eine Schweinerei gibt“, erklärt Monika. Die Palmbuschen in Oberperfuss bestehen aus 5 bis 7 immer grünen Zweigen: Ölzweig, Palmkatzen, Buchs, Efeu, Stechpalme, Eibe und Kranebitt – so heißt hier der Wacholder. Verziert werden sie mit Hexenleitern, das sind Bänder aus Crepppapier und Brezen aus Hefeteig. Monika bäckt mir nach dem Binden in ihrer Stube auch welche.

Palmbuschenbinden

Palmbuschen sind ein katholischer Brauch zu Ostern, der an den Einzug von Jesus nach Jerusalem erinnert. Das Binden geschieht im Kreise der Familie.

 

Palmbuschen sind mal kurz, lang, dünn oder buschig – je nach Region und Dorf wird anders gebunden. „Den Buben geht es natürlich darum, wer den längsten Buschen hat“, schmunzelt sie. „Bis zu 6 Meter sind sie lang; wer ihn fallen lässt, ist für diesen Tag der Palmesel.“ Mädchen bekommen nur einen kleinen Strauß. Über die Eigenheiten der Palmbuschen ihrer Gemeinde kann sie mir nichts Genaues sagen. Aber wie die der Nachbarsdörfer aussehen, weiß sie interessanterweise schon.

„Bei Gewittern muss man ein paar Zweige der Palmbuschen abreißen und verbrennen“, mahnt Monika. „Gewitterschaden gab es bei mir noch nie“. Ihre Tochter, die mittlerweile nach Hause gekommen ist, schmunzelt darüber. Die geweihten Buschen bringen außerdem auch ohne Gewitter Schutz für Haus und Hof. Nach der Weihe in der Kirche am Palmsonntag stehen sie bis Christi Himmelfahrt vor dem Haus oder am Balkon – das ist der sechste und letzte Sonntag der Fastenzeit. Die Brezen werden samt Buschen mitgeweiht und dann auch gegessen.

Palmbuschen sind ein katholischer Brauch zu Ostern, der an den Einzug von Jesus nach Jerusalem erinnert. Seine Anhänger nahmen Palmzweige, zogen hinaus, um ihn zu empfangen und riefen: „Hosanna. Gesegnet sei der, der da kommt im Namen des Herrn, der König Israels!“

Für Monika ist der Brauch sehr wichtig: „Ich binde sehr gerne; er hat für mich den gleichen Wert wie der Adventkranz in der Vorweihnachtszeit.“ Ob sie das Binden eigens gelernt hat? „Nein, das habe ich einfach so mitbekommen.“ Wie so vieles in Tirol, wird das Wissen mündlich überliefert.

Die bescheidene Frau verheimlicht mir zwei Sachen: Erstens stammt sie aus Vorarlberg nahe der Schweiz. Jetzt, wo ich das weiß, höre ich so manchen versteckten Hinweis in ihrem Dialekt, der trotzdem sehr tirolerisch klingt. Nach Tirol gekommen ist sie vor 37 Jahren. Schuld hatte ihr Mann. Schön ist sie, die Liebe. Interessanterweise stammt Monika nicht aus einer Bauernfamilie, was ich ihr jedoch unterstellt hätte. „Mein Mann hat mir alles gelernt, was ich wissen musste.“ Und jetzt noch zu zweitens; den Auszeichnungen: Mehrfach prämiert wurde ihr Speck, die Urkunden hängen in Küche und Gang: Bauchspeck, Schinkenspeck, Karreespeck. Ihre Schweine haben es wohl gut.

Der Hof bedeutet ihr viel und auch die Schule am Bauernhof: „Kinder lernen hier Vieles, das ihrer Seele gut tut. Sie dürfen Tiere halten und streicheln; das beruhigt und sie lernen dadurch Verantwortung.“ Bäuerin sein heißt für sie noch viel mehr: „Verantwortung für die Umwelt, sich selbst die Arbeitszeit einzuteilen, ihre eigene Chefin sein, aus eigenen Produkten etwas Gutes kochen und Heimat vermitteln.“ Schön, dass es solche Menschen noch gibt.

Palmbuschenbinden

In ihrer Stube werden die Palmbuschen mit Brezen verziert, die man nach der Weihe am Palmsonntag auch isst.

Beim Palmbuschenbinden habe ich angefangen und bin nun beim Essen und Bauer sein gelandet. Komisch, aber klar: Das alles gehört zusammen; Brauchtum, Liebe zu Tieren und der Natur aber auch Produkte aus der Region.

Wer etwas über eine typische Tiroler Landwirtschaft lernen will, oder Lust auf Monikas Naturprodukte hat, findet sie in Oberperfuss,

Monika Hueber
Huebe 17
6173 Oberperfuss
Mail: jum.hueber@aon.at

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