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Sich in den „Nichts-Raum“ zurückziehen

Rauchen ist out! „Pfeife schmauchen ist zwar nicht in, aber es ist die bekömmlichere Art des Rauchens. Es passt zum Zeitgeist der Entschleunigung, wirkt beruhigend und meditativ“, erzählt Ludwig Lorenz, Pfeifenbauer dritter Generation in Götzens bei Innsbruck. Sein ältester Kunde wurde 103 Jahre alt und hat als Hirtenbub mit 8 (!) Jahren zu genießen begonnen.

Auf der Suche nach den Letzten ihrer Art bin ich also diesmal auf einen Künstler des Pfeifenbaus mit Musik gestoßen.

Alltag lass mich in Ruhe!

Ludwig ist ein sympathischer Kerl mit Dreitagebart und zusammengebundenen langen Haaren – ständig ein Lächeln im Gesicht. In seinem Garten setzen wir uns, stopfen uns mit feinstem Whisky-Tabak eine echte Lorenz-Pfeife und frönen der Gemütlichkeit: Stopfen, Loch machen, anzünden und immer wieder langsam ziehen, damit sie nicht ausgeht, aber auch nicht zu heiß wird. Ich bin ein wenig aus der Übung.

Zwischen 16 und 20 Jahren habe ich selbst Pfeife geraucht; seit dem Besuch bei Ludwig habe ich wieder angefangen. Wie dumm, dass ich aufgehört habe! Gerne ließ ich mich wieder verführen, denn die Welt da draußen mag schnell rennen: Mein E-Mail-Postfach ist voll, meine Wohnung ein Chaos, die Meerschweinchen haben Hunger und der Nachbar ist lästig. Beim Pfeife rauchen ist mir das egal. Den lieben Gott lasse ich einen guten Mann sein. Was ist Alltag?

Pfeifen Lorenz

Ludwig Lorenz bei der Arbeit, stets mit einem Lächeln im Gesicht. Er zieht sich bei der Arbeit und beim Rauchen ins Tun zurück.

Eine echte Lorenz

Ludwigs Vater und Urgroßvater hatten von 1880 bis 2004 ein Pfeifengeschäft in Innsbruck und bauten Pfeifen. Heute betreibt Ludwig einen Online-Handel und hat einen kleinen Schauraum in Götzens. Er ist der letzte Pfeifenbauer in Tirol. „Durch den Online-Vertrieb kann ich den guten Preis an meine Kunden weiter geben, weil Zwischenhändler nicht mitverdienen“, freut sich Ludwig. Sein erlernter Beruf ist übrigens Bildhauer; er weiß also, wie man Holz bearbeitet und hat wahrscheinlich deshalb den Doppelfilter erfunden: Damit wird der Geschmack noch milder. „Was meine Pfeifen definiert, das weiß ich nicht so genau“, meint Ludwig bescheiden. „Das musst du meine Kunden fragen: Die sagen immer, sie seien elegant bis klassisch.“

Das Markenzeichen einer echten Lorenz ist seit jeher ein silberner Punkt auf dem Mundstück. So viel zum Erkennungsmerkmal. In seinen Kunstwerken steckt aber so etwas wie Musik drinnen, denn Ludwig ist leidenschaftlicher Gitarrenspieler: vernarrt in Blues und Folk. So geschwungen und wohltuend wie die Musikrichtung sein kann, sind auch die reizvollen Linien seiner Schöpfungen. So viel zur Form und zum Gefühl, das ich beim Anblick hatte.

Pfeifen Lorenz

Der berühmte Doppelfilter, für die für Lorenz-Pfeifen sehr bekannt sind. Am Mundstück befindet sich das Markenzeichen: ein silberner Punkt.

Pfeifen Lorenz

Besondere Einzelstücke und Pfeifen, die mir gut gefallen haben. Ludwig hat aber noch viel mehr!

Seine eigene Pfeife bauen

Ludwig bietet Workshops an, in denen man sich seine eigene Pfeife bauen kann. „Dabei geht es aber eher darum, sein Design zu verwirklichen“, erklärt Ludwig. „Schleifen, polieren, beizen und ein Blick in die Welt des Pfeifenbaus sind aber drinnen.“ Für eine Standardpfeife braucht er ca. 2 bis 3 Stunden, länger sollte es nicht dauern. Besondere Formen beanspruchen bis zu 15 und mehr Arbeitsstunden. Ihr Preis ist dementsprechend hoch und erreicht schon mal 1.000 Euro.

Lorenz-Pfeifen werden aus Bruyere Holz – der Wurzelknolle der wild wachsenden Baumheide – hergestellt. „Das ist auf gut Tirolerisch ein Busch, der im Mittelmeerraum gedeiht, wo sonst kein Baum mehr wächst“, schmunzelt Ludwig. Man kann auch Olivenholz verwenden, aber Bruyere eignet sich besonders gut. „Es ist schön, kompakt und brennt nicht so leicht durch.“ Entscheidend beim Holz ist die Maserung – das ist die wellige Musterung, auch Textur oder Holzbild genannt. Je schöner und gleichmäßiger die Maserung, desto teurer sind Holz und Pfeife.

Pfeifen Lorenz

Ludwigs Werkstatt: Hier entsteht wertvolle Handarbeit.

Pfeifen Lorenz

In der Werkstatt lagert das wertvolle Bruyere Holz, das Material, aus dem Lorenz-Pfeifen entstehen.

Der Pfeifenraucher und Berühmte

Ludwigs Kunden sind Männer zwischen 20 und 50 Jahren, alle mit Hang zur Gemütlichkeit. Ihre Frauen freuen sich über den erlesenen Duft des Tabaks: Vanille, Whisky, Wein, Cognac – er riecht angenehm süßlich. Berühmte Kunden sind Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer, Tirols ehemaliger Landeshauptmann Eduard Wallnöfer, Tschechiens Außenminister und EU-Ratspräsident Karel Schwarzenberg oder der verstorben ägyptische Staatsmann Muhammad Anwar as-Sadat.

Alle sind oder waren sie irgendwie wichtig und alle brauchten sie kleine Ausflüge in den „Nichts-Raum“, das ist jener Ort, den wir Männer betreten, wenn wir fischen, Feuer machen oder Pfeife rauchen. Dorthin flüchten wir aus dem Alltag, dort entspannen wir uns und es geht uns gut.

Sein ältester Kunde ist mit 103 Jahren verstorben und hat bis 101 Jahre geraucht. Begonnen hat er hat mit 8 Jahren. Seine Oma hat ihm als Hirtenbub eine Pfeife geschenkt, weil sie Angst hatte, dass ihm beim Hüten der Schafe langweilig werden könnte.

  • Ich schließe daraus: Wenn jemand 93 Jahre lang raucht und trotzdem so alt wird, kann das nicht ungesund sein. Vermutlich ist es die positive WIrkung des Nichts-Raumes.
  • Daher rate ich: Männer! Lasst von den Zigaretten ab und gönnt euch mal eine Pfeife. Der „Nichts-Raum“ ist damit besonders schön.
Pfeifen Lorenz

Ich und Ludwig bei einer erlesenen Pfeife im Garten und im „Nichts-Raum“.

 

 

Hier noch eine seiner schönsten Pfeifen als Video mit Musik von Ludwig Lorenz:

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Gewidmet Maximilian Kelderer

Kontakt:
Mobil: +43 (0) 699 / 15 99 88 94
Telefon: +43 (0) 52 34 / 32 0 75
Mail: info@pfeifen-lorenz.com
www.pfeifen-lorenz.com

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