Alle Jahre wieder wird zwischen dem 6. Januar (Dreikönigstag) und dem Aschermittwoch mit großer Begeisterung die Tiroler Fasnacht von Jung und Alt zelebriert. Zum Teil zählt diese jahrhundertealte Tradition sogar zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe, darunter etwa die Axamer Wampeler, die Telfer Schleicher, die Patscher Schellenschlagerinnen und die Rumer Muller. Eine fünfte Jahreszeit ist dadurch in der Region Innsbruck entstanden, zu deren Vorbereitungen ich euch dieses Mal mitnehme.

In den MARTHA-Dörfern (Mühlau, Arzl, Rum, Thaur und Absam) fand das urtirolerische Brauchtum laut den Geschichtsbüchern seinen Ursprung und wird auch heute noch mit viel Liebe zum Detail, Ausdauer und großer Freude gepflegt. Das sieht man jährlich beim großen Umzug, der abwechselnd in den einzelnen Gemeinden am Sonntag vor dem Faschingssonntag stattfindet. Dieses Jahr wird am 12.02.2023 in Rum „gemullt“. 

Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Dennoch konnte ich der gesamten Brauchtumsgruppe dabei über die Schulter schauen und bei Obmann Christian Lechner erfahren, was hinter den Kostümen, den Larven, den einzelnen Figuren und Bewegungen steckt.

TYPISCH INNSBRUCK EP07: Tiroler Fasnacht – Zu Gast bei den Rumer Mullern

Fasnachtsfiguren-Lexikon

Der „Kranebitter“
eröffnet alle vier Jahre den Umzug und macht sozusagen „Platz“ für die Muller, damit sie sich ausbreiten können. Bis auf die Holzmaske ist der Kranebitter komplett eingehüllt in Wacholderstauden (Kranewittstauden), die 40 bis 50 Kilo auf die Waage bringen. Dazu führt er einen langen Wacholderast als Besen mit sich.
Die „Hex“
gilt ebenso als Platzmacher und Ankünder. Mit ihrem Besen kehrt sie den Zuschauer*innen die Schuhe sauber, und für die Kinder hat sie meistens ein Zuckerl dabei. Die Hexen sind zudem bekannt für ihren „ausgezeichneten Schnaps“.
Der „Klötzler“
Sein Gewand ist mit unzähligen Holzleistchen bestückt, die durch die schnellen Bewegungen aufeinanderschlagen. Oft werden dafür zwei verschiedene Holzarten verwendet – dunkle Nuss und Buche. Der Kopfschmuck des Klötzlers besteht aus Fuchsfell und Truthahnfedern und ist eher klein gehalten. Meist ist er in guter körperlicher Verfassung, um mit der im Schnitt zehn Kilo schweren Holzmontur ordentlich Lärm machen zu können.
Der „Halbweiße“
verkörpert den Frühling und ist mit seinen Sprüngen über die Weidenrute wohl die geschmeidigste Figur unter den Mullern. Beim Abmullen verwendet er die Rute zum Einfangen der Zuschauer*innen. Der Kopfschmuck seiner freundlichen Larve ist zierlich bestickt und besteht aus weißen „Glasbartln“, zwei großen goldenen Quasten und buntem Schmuck. Die rund gehäkelten, farbigen Flecken auf der Hose sind ein typisches Merkmal des Halbweißen in Rum. Zudem trägt er ein weißes Hemd mit Hosenträgern. Auf der linken Schulterseite ist ein Seidentuch befestigt.
Der „Melcher“
ist trotz der kalten Jahreszeit mit einer kurzen Lederhose unterwegs, denn er stellt den Sommer dar. Unter seinem bestickten Hosenträger trägt er ein hinaufgekrempeltes, weißes Hemd und eine Seidenkrawatte. Um seine Lenden trägt er einen mit Federkiel verzierten Ranzen, meist auch mit Talerkette. An den Waden trägt er grün-weiße „Stützel‘n“. Die Larve des Melchers ist freundlich und jung. Sie wird mit Rosshaar eingefasst, was wiederum den festen Sitz der Larve ermöglicht. Der Kopfschmuck ist derselbe wie beim Halbweißen. Das auffälligste Merkmal des Melchers ist der Schuhplattler, mit dem er sich tanzend fortbewegt.
Der „Spiegeltuxer“
stellt den Hochsommer dar und plattelt wie der Melcher durch die Menge. Er trägt unter seiner Jacke ein schwarzes Schützenleibchen, das mit dem goldenen Adler bestickt und mit mehreren Silbertalerketten verziert ist. Zudem trägt er auf der linken Schulter ein Seidentuch. Am auffälligsten ist sein Kopfschmuck. Dieser besteht aus einem mittig angebrachten Spiegel, umrahmt von buntem Schmuck und Bändern, weißen Hahnenfedern und Spielhahnstößen. Auf der Rückseite des Hutes sind farbige Bänder aufgenäht, auf denen wertvoller Schmuck befestigt ist.
Der „Zaggeler“
Mit seinem blauen Anzug und den aufgenähten bunten „Tschaggelen“ stellt er den Herbst dar und erinnert an die Farbenpracht eines Blätterwaldes. Abgestimmt auf die Jahreszeit, ist der Ausdruck seiner Larve schon etwas strenger als beim Halbweißen, Melcher oder Spiegeltuxer. Der Kopfschmuck besteht aus Hahnenfedern und Hasenfell oder Fuchsfell. Wie bei jedem Rumer Muller ist auch der Spiegel des Zaggelers mit Blumen und Glaskugeln verschönert. Markant sind auch seine schnellen und dynamischen Bewegungen.
Der „Zottler“
verkörpert den Winter. Die harte, strenge Jahreszeit macht sich vor allem am grimmigen Ausdruck seiner Larve erkenntlich. Gepaart mit seinen schnellen Bewegungen, zeigt der Zottler sein wildes Dasein. Er trägt ein Fransenkostüm aus gefärbten Rupfensäcken und einen prunkvollen Kopfschmuck, der neben dem Fuchsfell aus Pfauenfedern besteht. Seine markanteste Bewegung ist der sogenannte „Frosch“, wobei er in die Luft springt und mit abgewinkelten Beinen am Rücken landet.
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Frühling besiegt Winter
Wenn der Halbweiße den „Frosch“ besteigt, siegt der Frühling über den Winter.
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Ich hoffe, ihr habt einen guten Einblick in diese einzigartige Tiroler Tradition bekommen und seid im besten Fall am Sonntag, 12.02.2023, beim großen Mullerlaufen in Rum dabei. 
Vielleicht sehen wir uns dort – ich würde mich freuen.

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Eure Sabrina

Partner-in-Crime: Stubnhocker

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