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Für viele Gäste ist der Hofgarten das Erste, was sie von Innsbruck sehen, da sie die Hauptstadt der Alpen am Busparkplatz im Osten des Gartens erreichen. Eine schöne Sache, wie ich glaube, gestaltet sich der kürzeste Weg zur Altstadt so doch sehr besonders. Auf der anderen Seite des Hofgartens, an der Europaratsallee entlang des Rennwegs, findet sich ein Parkplatz der anderen Art: der für Fiaker. Die riesigen Kastanienbäume der Allee sind in allen Jahreszeiten ein Hingucker und das möge man mir glauben, schließlich liegt mein Büro genau gegenüber, ich hab das im Blick. Der Hofgarten ist für mich buchstäblicher Naherholungsraum vor allem in sommerlichen Mittagspausen. Trotzdem verbinde ich den Garten mit ziemlichen Strapazen. Bevor ich diese Erinnerungen aber hervorhole, betrachten wir die Geschichte des Hofgartens.

Ein Blick zurück und ins Heute

Die Geschichte des Hofgartens ist lang und beginnt im 15. Jahrhundert. Man stelle sich vor, der Garten war damals etwa dreimal so groß wie heute. Das Gebiet umfasste den ganzen Saggen bis zur Kettenbrücke. Der Hofgarten war auch weniger Garten als vielmehr Jagdgebiet. Von den Tiroler Landesfürsten waren nur wenige sportlich genug, um in der wilden Natur zu jagen (Kaiser Maximilian I. (um 1500) zum Beispiel). Die meisten anderen waren bequemer und widmeten sich Weidmanns Heil dort, wo sie wussten, dass es auch etwas zu erlegen gäbe: in einem überschaubaren Gebiet, in dem das Wild wie in einem Gehege gehalten wurde – im Hofgarten eben.

Neben den fröhlichen Jagdgesellschaften wurde aber auch kultiviert: Erste Nutz- und Ziergärten wurden schon nach 1410 unter Herzog Friedrich IV. (dem mit der leeren Tasche) angelegt. Die Landesfürsten prägten fortan die Ausgestaltung des Hofgartens, besonders Erzherzog Ferdinand II., der sich sowohl in Innsbruck als auch bei Schloss Ambras mit wunderschönen Renaissancegärten (Mitte des 16. Jahrhunderts) verewigte. Mit Maria Theresia wurde um 1750 aus dem Hofgarten ein barocker solcher und weil man sich in dieser Zeit nicht gerne bewegte, verschwanden auch die Jagdinteressen. Einige barocke Elemente wie Wege- und Achsenstrukturen oder der Musikpavillon blieben erhalten.
Das Interesse an neuen Entdeckungen war groß. So wurden im Löwenhaus, heute ein Restaurant, exotische Tiere gehalten. Die namensgebenden Löwen waren auch tatsächlich dort.

Musikpavillon

Ein farbenfroher, herbstlicher Blick auf den barocken Musikpavillon plus Schachturnier. (Foto: Danijel Jovanovic)

Der Hofgarten erlebte aber nicht nur grüne Zeiten. Während der Tiroler Freiheitskämpfe 1809 lagerten die französischen und bayrischen Truppen ebendort. Man kann sich vorstellen, dass ein Kriegslager in einem gepflegten Barockgarten seine Spuren hinterlässt – solche der Zerstörung nämlich. Ein bisschen dürfte die Bayern das schlechte Gewissen gepackt haben, schließlich bemühten sie sich danach in ihrer Regierungszeit über Tirol um eine Umgestaltung des Hofgartens. Die Englische Anlage direkt am Inn, heute durch den Rennweg vom restlichen Garten getrennt, geht etwa auf diese Anstrengungen zurück.
Später, in der Gründerzeit, entstanden im Stadtteil Saggen die dort typischen Villen. Diese Bautätigkeiten bedeuteten eine Verkleinerung des Hofgartens. Der Kunstpavillon, ursprünglich ein Teehäuschen, entstand Mitte des 19. Jahrhunderts.

Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Untergang des kaiserlich-königlichen Habsburgerreiches ging der Hofgarten in Besitz der Republik Österreich über. Er untersteht der Verwaltung durch die Bundesgärten. Man bemüht sich seither um den Erhalt des Hofgartens als Landschaftsgarten, wobei man sich auf das 19. Jahrhundert bezieht, und der Elemente barocker Gartenarchitektur.
Architektur der herkömmlichen Art verwirklichte Clemens Holzmeister mit dem Bau des Hofgartencafés in den 1920er-Jahren. Unter den Lauben des Hofgartencafés schmeckt ein Kaltgetränk vor allem an heißen Sommertagen. Studenten und Feierlustige werden traditionell dienstags, aber natürlich auch am Wochenende zu ausgelassenen Partys dorthin gelockt.

Garten

Nach ergiebigem Regen suchen sogar Enten Schutz im Trockenen (links), Frühlingsblumen und Hofgartenbäume (rechts).

Die Geschichte lässt den ständigen Wandel dieses Gartens erkennen, doch auch die letzten Jahrzehnte und die Gegenwart liefern laufend Neues: Der Hofgarten musste sich zum Beispiel Erweiterungen des Landestheaters und dem Neubau der SOWI anpassen, sein Gebiet umfasst heute ca. 10 Hektar. Der Baumbestand gilt als besonders vielfältig, es sind heute noch Bäume zu sehen, die in der Barockzeit (!) gepflanzt worden sind. Seit 2000 steht der Hofgarten unter Denkmalschutz.
Weiters: Eine Erneuerung des Palmenhauses war in den 1960er-Jahren notwendig, am Pavillon wurde ein Weiher angelegt, die Stadt Innsbruck errichtete einen Spielplatz. Vielen Hochzeitspaaren dienen die alten Bäume, die blühenden Beete oder der Pavillon als romantische Fotokulisse. Vor dem Pavillon wird mit überdimensionalen Figuren oder an Tischen Schach gespielt. Ein moderner Glaswürfel, der ein Restaurant und eine Trafik beherbergt und am Platz vor dem Landestheater steht, heißt auch Pavillon.

Hofgarten

Sattes Grün: Bäume, Weiher, Parkbänke.

Eine fast schon revolutionäre Änderung kam vor einigen Jahren, mit der wohl die wenigsten Einheimischen (Verfasserin miteingeschlossen) gerechnet hatten: Die bis dorthin mit strengem Betretverbot belegten Rasenflächen wurden plötzlich freigegeben! Seitdem sonnen, picknicken, lesen, lernen, spielen und turnen die Leute dort und freuen sich über diese neuen Möglichkeiten. Naherholungsraum bekommt so eine ganz andere Bedeutung. Leider macht zurückbleibender Müll Probleme: Der Verschluss einer einzigen Getränkedose zerstört eine Mähmaschine und dies sorgt für besorgte Mienen bei Gärtnern wie Gartenhistorikern. Zum Wohle aller daher bitte: Haltet die Wiesen sauber, überall!

Pflanzen- und Raumstudien

Als ich vor Jahren in meiner Grafikerausbildung steckte, hätte ich mir nie träumen lassen, dass ich später Zeichnungen für einen Blogartikel herauskramen würde. (Damals wusste man noch gar nicht, was ein Blog ist.) Doch genau das mache ich jetzt, um meine Hassliebe zum Hofgarten wortwörtlich zu illustrieren!
Zurück in die Schulzeit: An heißen Mai- und Junitagen strömten wir klassenweise in den Hofgarten, um Pflanzen- und Raumstudien in Bleistift auf Papier zu bannen. ?Ähnlich wie in der Fotografie ist dabei vor allem die Wahl des Motivs wichtig. Bei meiner damaligen Motivsuche durften die Rasenflächen des Hofgartens noch nicht betreten werden, ein bequemes Plätzchen konnte daher nur schwerlich ergattert werden. Für mich bedeutete das, stundenlang auf einem Stein in der prallen Sonne sitzend auf eine Pflanze zu starren und diese zeichnerisch festzuhalten. Was habe ich geflucht! – Seitdem verbinde ich den Hofgarten in erster Linie mit Rückenschmerzen und Schweißausbrüchen.

Garten

Hofgarten in Bleistift auf Papier: Pflanzenstudie (links, 2003), Raumstudie Spielplatz (rechts, 2006)

Jahre später entstand die perspektivisch anspruchsvollere Raumstudie des Spielplatzes. Diese künstlerische Übung überstand ich zwar ohne Rückenschmerzen, weil auf einer Parkbank sitzend, doch mit schraffurbedingten Krämpfen in der Hand.
Heute sehe ich das Ganze versöhnlich und bin froh über diese Erinnerungen auf Papier.

Bei allen geschichtlichen Ausschweifungen und Episoden aus der Schulzeit sind die botanischen Feinheiten des Hofgartens wohl etwas zu kurz gekommen. Entschuldigung. Vielleicht kann man mir und meinem noch immer nicht richtig ausgeprägten grünen Daumen das nachsehen?!
Ein Hofgartenbesuch sei jedenfalls unbedingt – ob mit oder ohne Kamera, Bleistift und Papier – empfohlen und das zu jeder Jahreszeit, besonders aber jetzt, wenn’s blüht und grünt. Zu guter Letzt bleibt die Frage, was uns die beeindruckend alten Bäume wohl so erzählen könnten – über jagende Landesfürsten, Soldaten im Kriegslager, feiernde Studenten, frischverliebte Pärchen oder fluchende Grafikschüler …

Informationen und Öffnungszeiten unter www.bmlfuw.gv.at
Qigong im Hofgarten von Mitte Juni bis Mitte August: www.dantianzentrum.com
Darf’s im Vorbeigehen ein bisschen Kunst sein? Kunstpavillon www.kuenstlerschaft.at
Aktuell werden freiwillige Gärtner für Mithilfe in den österreichischen Bundesgärten gesucht: www.schatzhaus-oesterreich.at

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