Maximilians erklärte Lebensmaxime hatte einen Namen: Genuss. Ob Wildbret, Fisch oder Krebs, er betrieb Jagd und Fischerei mit fanatischem Eifer. Das klare Ziel: allzeit frisches Wild und fangfrische Fische auf seinem kaiserlichen Tisch vorzufinden. Der Imperator machte sich aber damals schon Gedanken um die Nachhaltigkeit seiner Fischgewässer, deren Erhaltung ihm über alles ging. Maximilian verfügte, man möge doch eine Gesamtaufstellung der Seen, Flüsse und Bäche anlegen. Das Ergebnis: sein „Tiroler Fischereibuch“. Es listet 71 Seen und 40 Bäche auf und nennt auch sieben Gewässer, die sich für ‚Frauenzimmer‘ und Bankette eigneten. 500 Jahre nach dem Erscheinen ist das Tiroler Fischereibuch ein Führer zu den schönsten Gewässern unseres Landes.
Fischen mit Handschuhen aus Seehundsfell
Man darf sich den Kaiser durchaus als versierten Fischer vorstellen. Mehr noch: er war mit Sicherheit der nobelste Fischersmann, der je seinen Fuß auf Tiroler Boden gesetzt hatte. Da ihm schnöde Kleidung ein wahres Gräuel war, trug er selbst als Petrijünger Extravagantes. Dazu gehörten Handschuhe aus Seehundfell, „gefüttert mit weißem Scharlach bis an die Ellenbogen“, wie die Historikerin Sabine Weiss in ihrer ausgezeichneten Monografie über den Herrscher schreibt.
Eine Momentaufnahme quasi, wie der Kaiser höchstselbst fischte zeigt ein Holzschnitt aus seiner Autobiografie „Weißkunig“.
Maximilian und die Lampreten
Mich hatte eine Frage immer umgetrieben: Wo in Tirol waren denn nun die Fischgewässer des Maximilian? Gab’s da Lieblingsseen oder -bäche? Und was fing man dort vornehmlich? Ich wandte mich an meinen Freund, den bekannten Architekten DI Michael Prachensky der auch Präsident des „Sportfischereivereins Kaiser Maximilian“ in Seefeld ist. Ich wusste nur, dass der Verein eines der berühmtesten Fischgewässer des Habsburgers verwaltet, den Wildsee bei Seefeld.
„Hier ließ Maximilian Lampreten züchten“, sagt Michael, der mich im hölzernen Fischerhäusl gleich mit einem exzellenten Weißwein begrüßt. Von hier aus ist der Blick auf den Wildsee einzigartig. So, wie die Lampreten heute Bachneunaugen heißen wurde aus dem einstigen „Lampretensee auf dem Seefeld“ der Wildsee unserer Tage. Deshalb träumt der Fischerpräsident auf Lebenszeit auch davon, „eines Tages in diesem Natursee wieder Lampreten einzusetzen“. Die vor einigen Jahren eingesetzten Edelkrebse entwickelt sich ja auch zur Zufriedenheit des Präsidenten. „Also sollte das bei den Lampreten auch hinhauen.“
Kaiser Maximilians „Tiroler Fischereibuch“
Ich will von Michael wissen, weshalb sich Maximilian mit größtem Eifer der Fischzucht widmete. „Fische waren eine beliebte Fastenspeise. Der Hof benötigte große Mengen davon“, sagt er. „Zudem war er ein Renaissance-Fürst, dem Lebensstil über alles ging.“ Man erahnt, weshalb der Fischerpräsident den Habsburger so sehr schätzt…
Dass man heute noch weiß, wo der Kaiser und seine Helfer welche Fische aus dem Wasser gezogen haben, ist eine für Tirol überaus glückliche Fügung. Maximilian erteilte nämlich seinem „Fischmeister“ Martin Fritz im Jahr 1500 den Auftrag, alle Fischwässer zu besuchen und ‚aufzunehmen‘. Die Ergebnisse wurden dann in einem Buch über Seen, Fischwässer und Bäche zusammen gefasst. Über den ‚Lampreten- oder Wildsee‘ heißt es darin: „Der obgenannte See hat sich die Römisch-Königliche Majestät allein für die Besetzung und Halterung von Lampreten vorbehalten, damit ein Landesfürst ein besonderes Vergnügen an den Lampreten haben möge“.
Der Kaiser erfindet den Fisch-Bottich
Die Nähe des Wildsees zur Landeshauptstadt Innsbruck war also sehr wichtig: „Maximilian erfand eigentlich den Fisch-Bottich, in dem Fische lebend transportiert werden konnten. Vom Wildsee nach Innsbruck war es nicht einmal eine Tagesreise, also kamen die Fische frisch auf den Tisch“ weiß Michael Prachensky ganz im Stil eines neuzeitlichen, kaiserlichen Fischmeisters. Eine Rolle, die meinem Freund scheinbar auf den Leib geschneidert ist.
Aber der Wildsee war beileibe nicht das einzige Fischwasser auf dem Seefelder Plateau, das von Maximilians ‚Fischmeister‘ Martin Fritz zu beaufsichtigen war. Der Meister logierte übrigens im heute noch bestehenden „Fischerhäusl“ an der Rückseite des Bischofssitzes in Innsbruck. Ein letzter verbliebener Hinweis auf einen weiteren, sehr großen See im ‚See-Feld‘ ist die „Seekirche“. Sie stand einst auf einer Insel eines sogenannten ‚Auslasssees‘. Also eines Gewässers, bei dem quasi ein „Stöpsel“ gezogen werden konnte und die Fische mehr oder minder trockenen Fußes und händisch einzusammeln waren. Das geschah alle drei Jahre.
Die „Maximilian-Forelle“ – eine Weltsensation
Fest steht: Wo auch immer ein Fisch schwimmen konnte, Kaiser Maximilian machte daraus ein Zuchtgewässer. Ins grelle Licht der Öffentlichkeit geriet sein Faible für Fischgewässer, als vor rund 20 Jahren im Gossenköllensee in Kühtai auf 2.417 Metern Seehöhe Forellen entdeckt worden sind, die unter extremsten Bedingungen überlebt hatten. Maximilian ließ sie um das Jahr 1500 einsetzen. Das Tolle an diesem Fund: die genetisch quasi originalen Ur-Forellen werden heute in der Tiroler Fischzuchtanstalt und Thaur wieder nachgezüchtet.
Jux und Tollerei nach Jagd und Fischfang
Drei Seen hatten es Maximilian angetan: der Achen- , Plan- und Heiterwangersee. Denn alle drei eigneten sich vorzüglich, einen Jagdausflug mit Fischfang und einem lukullischen Bankett abzuschließen. „Nach solchem Jagen und Fischen mag der Landesfürst mit seinem Frauenzimmer, Botschaften und Hofgesind bei diesem See die guten Goldforellen absieden lassen und so ein ‚panget‘ mit dem gefangenen Wildbret, das daselbst am Ufer zu erlegen ist, auch dazu Freud und Lust mit Tanzen haben.“ Mit anderen Worten: Jux und Tollerei waren angesagt. Den Heiterwanger See im Ausserfern betrachtete er überhaupt als einen „besonders lustigen und nützlichen See“. Denn von hier aus konnten ihm Forellen in drei Tagen nach Augsburg oder in zwei Tagen nach Innsbruck lebendig gebracht werden.
Maximilian war es offenbar auch leid, seinen Hobbys weit entfernt von Innsbruck nachgehen zu müssen. Und so ließ er auf heutigem Innsbrucker Stadtgebiet im ‚Saggen‘ den „Neusee“ anlegen. Auch der einstige See in Ambras diente der kaiserlichen Entspannung. Ein anderer See befand sich auf der Langen Wiese. Maximilian verband meist eine Beizjagd mit dem Fangen von Fischen. Weshalb die Falkenjagd? „Weil die Antvogel (Enten) gern auf solchen See fallen“. Doppelnutzen quasi.
Das Fischbuch Maximilians enthält auch Bäche, die als fischreich galten. Wie etwa der Obernberger- und der Valserbach im Wipptal. Und wenn der Kaiser auf der Durchreise zu seinen Besitzungen in Oberitalien unterwegs war, suchte er wahrscheinlich einen See auf, der durch seine Lieblichkeit überzeugt: den Schlossteich in Ladis, unterhalb der Burg Laudegg.
Ich kann es drehen und wenden wie ich will. Aber was mich mit dem Kaiser verbindet ist die Liebe zu gutem Essen. Der Unterschied? Majestät sorgte nicht selten höchstselbst für frische Fische. Idealerweise nach der Jagd und vor einem Bankett, das er für seine Entourage gab. Und auf solchen Banketten wurden einzigartige Speisen gereicht. Lachs oder Renke in einer süßsaueren Sauce gefällig? Oder doch ‚dreierlei Essen vom Fisch‘?
Genau hier beginnt mein Faible. Daher möchte ich euch ein altes Fischrezept nicht vorenthalten. Ihr findet es HIER als eines der vielen Rezepte der Habsburger.
Links zum Thema:
Sabine Weiss beschreibt in ihrer Monografie auch das Faible Maximilians für Fische:
Sabine Weiss: Maximilian I. Habsburgs faszinierender Kaiser;
400 Seiten, 294 farb. und 14 sw. Abb.; 24 x 27 cm, gebunden; Tyrolia-Verlag, Innsbruck-Wien 2018
ISBN 978-3-7022-3709-7
€ 39,95
Gabriele Prschl-Bichler, Gerd Wolfgang Sievers: Kaiserliche Küche. Die Rezepte der Habsburger,
260 Seiten, Leopold Stocker Verlag Graz; 2010;
Auflage angeblich vergriffen.
Informationen zu Veranstaltungen und Orten auf den Spuren Kaiser Maximilians in Innsbruck
Alle Bilder und Repros mit Ausnahme Fischerhäusl: © Werner Kräutler
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Alm-Freiwilliger in der 'Schule der Alm', Kultur-Pilger, tirol-Afficionado, Innsbruck-Fan.
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