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Die dritte Saison leitet der Schauspieler und Regisseur Gregor Blóeb heuer die Tiroler Volksschauspiele in Telfs – er setzt auf Dreifaltigkeit und schillernde Show.

Drei Säulen der Volksschauspiele

Nach der Eröffnung im Rahmen des Telfer Dorffests übernahmen Tiroler Volksbühnen den Rathaussaal. Unter der Leitung von Thomas Gassner vom Theaterverband Tirol erzählten acht Dorfbühnen Eine kurze Geschichte der Tiroler Menschheit in acht Bildern und einem Gral.

Ein Publikumsrenner war natürlich die Wiederaufnahme des Zerbrochnen Krugs von Heinrich von Kleist in der Regie von Anna Bergmann. Auf der mobilen LKW-Bühne am Eduard-Wallnöfer-Platz sorgten unter anderem Tobias Moretti als Dorfrichter Adam, Corinna Harfouch als Gerichtsrätin sowie die zwei jungen heimischen Talente Annalena Hochgruber (Eve) und Lenz Moretti (Ruprecht) für atemloses Staunen in ausverkauften Reihen. Begeistert war auch das Publikum in Salzburg, wo die Produktion bei den Salzburger Festspielen ein Zwischenspiel absolvierte.

Volksschauspiele: Romeo & Julia

Eine solche Produktion zu toppen, ist schwer möglich – doch die Erwartungen des Telfer Publikums sind hoch. Und die erfüllte Gregor Blóeb, keineswegs tiefstapelnd, mit „The Greatest Show On Earth“, mit Romeo und Julia von William Shakespeare, die dieser als „The Most Excellent and Lamentable Tragedy of Romeo and Julia“ bezeichnete.

Eine Tragödie, so oft erzählt auf Bühnen, in Musicals, Opern, klassischen Musikstücken, in Kino- und Fernsehproduktionen, dass es schwer ist, die vielleicht berühmteste Liebesgeschichte der Weltliteratur nochmals neu zu erzählen. Knapp zusammengefasst geht es um zwei junge Menschen, die zwei verfeindeten Familien angehören: Julia den Capulets und Romeo den Montagues. Sie verlieben sich unsterblich ineinander, doch tragische Verwicklungen treiben die beiden in den Selbstmord.

The Greatest Show on Earth

Für die Telfer Variante des viel gespielten Stücks hat Blóeb ordentlich am Stoff herumgemodelt, an Szenen und Dialogen gefeilt, das Ganze nach „Telfs bei Verona“ und in einen Zirkus transferiert. So hieß es also „Manege frei!” in der Telfer Kuppelarena, in der eine stählerne Tribüne errichtet wurde.  Schon davor hatten sich allerlei schräge Gestalten unters Publikum gemischt, in schrillen Klamotten und herzhaft geschminkt gabs farbenfreudige Selfies. Impressario Blóeb, in rotem Turnanzug und blauem Arbeitsmantel, fand launige Eröffnungsworte für die große Show.

Mitreißende Playlist

Die zentralen Themen, Love and Hate, in großen Lettern auf der von der US-amerikanischen Flagge inspirierten Bühne, auf der Empore das Ensemble rund um Frajo Köhle, das die Show musikalisch begleiten würde. Gleich vorweg: Die Playlist schmiegte sich hervorragend an das Geschehen – von fetzig bis romantisch war alles dabei.

Obwohl es die letzten Wochen kräftig geregnet hatte, und die Atmosphäre in der Kuppelarena sich alles andere als sommerlich zeigte (warme Kleidung und Sitzunterlage waren angesagt), wurde einem bald warm ums Herz.

Poetisch und rockig

Nach einem recht klamaukigen Auftakt pendelte sich Romeo & Julia, meist gut austariert, zwischen Action und Poesie ein. Von asiatisch inspiriertem Schaukampf über halsbrecherischen akrobatischen Nummern bis poetisch ruhigen Szenen war alles dabei. Das machte „The Greatest Show On Earth“ zu einem kurzweiligen Bühnenerlebnis, das neben Spektakel auch leise Töne zuließ.

Der derb-anzügliche Mercutio (Lisa Hörtnagl) etwa wird konterkariert durch einen immer nachdenklicheren Romeo (Diyar Agit). Die frech-widerspenstige Julia (Desirée Jakobitsch) kämpft mit einer vom Machtrausch besessenen Mutter (Zarah Kofler) und streitet sich mit einer dem Alkohol nicht abgeneigten Amme (Marlene Markt). Hilfe bekommen die beiden Liebenden vom Pater Lorenzo (Liliom Lewald), der mit allerlei bewusstseinserweiternden Substanzen experimentiert. Graf Paris (Daniel Klausner) stelzt durch die Manege wie Tybald (Gustav Blóeb) poltert und Benvolio (Aaron Röll) stolpert.

Artistik und Kostüm

Tanz und Artistik sind wunderbar von Gustavo Oliveira und Sonja Schwaiger choreografiert. Besonders stechen die prächtigen Kostüme ins Auge. Ein Hauch von Commedia dell’ Arte, von Varieté und japanischen Mangas stürmt, wandelt, schleicht und wütet da durch die Manege. Erinnern Mercutio und Pater Lorenzo einen immer wieder an Legolas und Gandalf aus der Verfilmung von Herr der Ringe – oder an entsprechende Figuren in Harry Potter. Denkt man bei Romeo und Tybald des Öfteren an japanische Animes. Spektakulär und in bester Zirkusmanier.

Finale

Gregor Blóeb und sein Team bieten also Einiges auf, um Romeo & Julia tatsächlich zur „Greatest Show On Earth“ zu machen. Das Ensemble besticht, wobei die Jungstars – allen voran Romeo und Julia – in ihrer Bühnenpräsenz den bekannten Gesichtern in nichts nachstehen. Dass die meisten direkten oder indirekten Tirolbezug haben, auch das hat Tradition bei den Tiroler Volksschauspielen.

So kann verkündet werden: Stürmischer Beifall, ausverkaufte Vorstellungen! Prächtig war’s! Einer Wiederaufnahme im Jahr 2026 steht nichts im Wege. Kleiner Tipp: rechtzeitig Karten besorgen!

Tiroler Volksschauspiele
Untermarktstraße 5+7

A-6410 Telfs

Tel.: +43 676 83038 753

office@volksschauspiele.at​

www.volksschauspiele.at

Infos zu Kulturveranstaltungen in der Region Innsbruck finden sich unter innsbruck.info

Fotos, wenn nicht anders angegeben: © Susanne Gurschler

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