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Innsbruck ist für ein reichhaltiges Brauchtum zur Weihnachtszeit bekannt. Oder sollten wir besser sagen Innsbruck war dafür bekannt? Wie dem auch sei, einige Bräuche sind verschwunden, andere uralt. Wer weiß, wann in Innsbruck der erste Christbaum aufgestellt worden ist?  Dennoch: viele Bräuche sind relativ jung, bisweilen sogar taufrisch. 

Nikolaus samt Entourage

Gleich zu Beginn der Adventszeit werden die Kinder werden auf eine harte Probe gestellt. Eigentlich sollte ich sagen, sie wurden auf eine harte Probe gestellt. Denn am Vorabend und am Abend des 6. Dezember erschien der Heilige St. Nikolaus mit Engeln und – man glaubt es haute gar nicht mehr – mit dem Teufel, der da ständig mit einer großen Kette herumfuchtelte. Böse Buben mussten fürchten, vom ‚Tuifel’ in einen Sack gesteckt und gleich mitgenommen zu werden. Der Brauch hat sich allerdings in den letzten Jahrzehnten grundlegend gewandelt: Der mildtätige St. Nikolaus kommt allein ins Haus (oder mit seinem ‚Knecht Ruprecht‘) denn Kinder sollen nicht mehr vom Anblick eines  Krampus’ verschreckt werden.

Neues Brauchtum: das Krampuslaufen

Arbeitslose Krampusse? Das kann in Tirol nicht sein. Nachdem Krampusse den Heiligen Nikolaus Anfang der 70er Jahre nicht mehr begleiten durften machten sich diese quasi selbständig. Und so hat sich in den letzten 50 Jahren ein neues Brauchtum entwickelt: das Krampuslaufen. Ebenfalls neu ist in den letzten Jahren die Tatsache, dass die ursprünglichen aus Holz geschnitzten Larven wieder sehr in Mode kommen. Lediglich in Tokio wird noch der alte Tiroler Brauch gepflegt, wie ich es in einem meiner letzten Blogs beschrieben habe. 

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Tiroler Krippen

Tirol ist ein Land der Weihnachtskrippen. Und so ist der Advent auch die Zeit, die Hauskrippe her zu richten. Was kaum bekannt ist: Dieses Brauchtum entstand eigentlich in Frauenklöstern.

Dr. Petra Streng, Volkskundlerin meines Vertrauens und Leiterin des Augustinermuseums in Rattenberg erklärte mir den Ausgangspunkt. „Nonnen hatten am Heiligen Abend das Jesuskind in den Schlaf gewiegt“, erzählt sie. Die Jesusfigur wurde „Fatschenkind“ genannt, eine Puppe, die eng in Windeln eingewickelt war. Später ging dieser Brauch vor allem in Städten in einen sogenannten „Bettelbrauch“ über: Arme Frauen gingen von Haus zu Haus, sangen Lieder und baten um milde Gaben. Sie konnten sicher damit rechnen, für ihr Singen etwas zu erhalten.

Später wurde die Geburt Jesu dann in den Kirchen in Form von Krippen ‚nachgestellt‘. Wie zum Beispiel als ‚Bretterkrippen‘, wenn die Figuren aus bemalten Brettern hergestellt worden waren. Und von den Kirchen fand der Brauch dann den Weg in die Bürgerstuben.

Krippen sind in Tirol nicht nur sehr beliebt, sie sind auch bisweilen meisterhaft ausgeführt. Grundsätzlich gibt es zwei Arten dieser Krippen: In orientalischer oder Tiroler Ausführung. Nordtirol ist auch bekannt für seine meisterhaften Holzschnitzer, deren künstlerisch gestaltete Krippenfiguren weit über die Grenzen hinaus bekannt sind. Meine Kollegin Susanne Gurschler hat übrigens einen populären Beitrag zur Krippenbaukunst verfasst.

‚Krippeleschaugn‘

Die Weihnachtskrippen sind in Tirol auch Anlass für einen langsam aussterbenden Brauch: das Krippeleschaugn. Meist ab dem Stefanitag besucht man Nachbarn und Freunde, um deren Krippen zu bewundern. Dabei werden meist Kekse, aber auch allerhand Schnäpse und Liköre gereicht. Und das ist ein überaus angenehmer Nebeneffekt dieses sehr sozialen Brauchtums. Der Brauch ist aber leider am Aussterben. Ausnahmen gibt es in Igls, Oberperfuss und Arzl. In beiden Orten werden die Häuser, in denen das Krippeleschaugn erwünscht ist, genannt.

Das „Fatschenkindl“, ein Jesuskind in schmale Stoffbahnen eingewickelt, war der Vorläufer der heutigen Krippen. @Augustinermuseum Rattenberg

Christkindleinzug in Innsbruck

Es war die legendäre Bürgermeisterin Hilde Zach, die den 1934 erstmals veranstalteten und in den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts ausgesetzten Christkindleinzug wieder belebt hat. Heute ist dieser Einzug des Christkindls mit seinen Heerscharen von Engeln einige Tage vor Weihnachten einer der unbestrittenen Höhepunkt der Adventszeit in der Hauptstadt der Alpen.

Christkindleinzug

Engelscharen künden den Einzug des Christkindls auf der Maria Theresienstraße.

Turmblasen vom Goldenen Dachl

Entstanden ist dieser Brauch wiederum in Kirchen. Im Anschluss an die Christmette war es üblich, dass eine Gläsergruppe vom jeweiligen Kirchturm aus weihnachtliche Weisen zum Besten gab. In der Regel waren dies Quartette oder Quintette, die sich meist aus Angehörigen der Innsbrucker Musikkapellen zusammensetzten. Bekannt und beliebt ist heute vor allem das Turmblasen vom Goldenen Dachl.

Turmblasen ist altes Brauchtum

Turmblasen vom Goldenen Dachl.

Herbergssuche und Anklöpfln: garantiert rentabel

Diese beiden im Tiroler Volksbrauchtum tief verwurzelten Bräuche sind in der Gegend um Innsbruck leider ausgestorben. Dennoch möchte ich dieses Brauchtum schildern, da es eine lange Tradition hat. Im Tiroler Unterland sind ‚Herbergssucher‘ und ‚Anklöpfler‘ aber immer noch gern gesehen. Wobei oft die Herbergssuche mit den Anklöpfln vermischt oder gar verwechselt wird. Die Herbergssuche stellt dar, wie Josef und Maria eine Herberge suchen, in der das Kind geboren werden kann. Das etwa 100 Jahre ältere Anklöpfln bezieht sich auf eine Stelle im Evangelium, in dem von der Geburt des Heilandes die Rede ist. Petra Streng erklärte mir diesen Unterschied: „Früher waren es Arme, Aussätzige und Außenseiter der Gesellschaft, die diese Kunde nachspielten und in der Vorweihnachtszeit Häuser besuchten. Denn dieser Brauch garantierte quasi, dass die Anklöpfler etwas kriegten.“

Unglaublich: Exzesse beim Sternsingen

Den Abschluss des Weihnachtsbrauchtums bildete natürlich das Dreikönigs-Sternsingen. Dieser Brauch wurde ursprünglich in Klosterschulen praktiziert, die Sternsinger waren meist Klosterschüler und sangen in den Klöstern. Als der Brauch dann ins Bürgertum überging, kam’s auch gleich zu ordentlichen Verwerfungen. Es war nämlich für alle möglich, als Sternsinger von Haus zu Haus zu ziehen. Und da dieses Brauchtum quasi garantierte, etwas zu kriegen, artete es aus. Denn nur allzuoft wurde Alkohol ausgeschenkt. Petra Streng weiß von Gerichtsprotokollen, die von Exzessen und Schlägerei unter den Dreikönigsgruppen berichten. In der Folge kam das Sternsingen im 19. Jahrhundert nahezu zum Erliegen, weil es von den Pfarrern kurzerhand verboten wurde. Wieder aufgenommen wurde es dann von Ministranten im 20. Jahrhundert.

Christbäume seit 1575

Vor mehr als 440 Jahren wurde in Innsbruck der erste Christbaum aufgestellt. Vermutlich war es Philippine Welser, die im Spanischen Saal des Schlosses Amras einen Baum aufstellen ließ. Und das, obwohl Christbäume damals ein konfessionelles Zeichen der Lutheraner war. Weit verbreitet ist der Christbaum dann ab dem 19. Jahrhundert.

Links zu Veranstaltungen im vorweihnachtlichen Innsbruck und den Feriendörfern

Ausstellung im Volkskunstmuseum, Mo-So 9-17 Uhr:
„Weihnachtswunder, ein Krippenerlebnis“. Vom 2. Dezember 2018 bis zum 2 Februar 2019.

Christkindleinzug in Innsbruck

Nikolauseinzug und Krampuslauf in Innsbruck und seinen Feriendörfen.

Turmblasen

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