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Das Zusammenspiel diverser Gegensätze macht Innsbruck zu etwas Besonderem. Alpin – urban, Natur – Kultur, Geschichte – Moderne, heimatverbunden – weltoffen sind einige dieser Attribute der „Hauptstadt der Alpen“. Kaum eine Einrichtung vereint all diese Schlagwörter mehr als die Nordkettenbahnen: Sie verbinden die Stadt mit der Natur, Zwischenkriegsbauten von Franz Baumann mit moderner Architektur von Zaha Hadid und bringen Einheimische wie Touristen aus aller Welt gleichermaßen schnell auf den Berg.


Die Nordkettenbahnen führen in drei Sektionen vom Stadtzentrum auf das Hafelekar mit 2.300 m (Standseilbahn bis zur Hungerburg, Panorama-Gondelbahnen bis zur Seegrube und weiter auf das Hafelekar). Ein wichtiger Teil dieser Bahnen ist die Hungerburgbahn, die vom Stadtzentrum zu dem auf einem Plateau gelegenen Stadtteil Hungerburg führt. Seit zehn Jahren sind die Stationen ein Paradebeispiel für avantgardistische moderne Architektur in Innsbruck und die technische Umsetzung der Bahn ein Meisterstück.

Die Station Hungerburg mit Blick Richtung Süd-Ost und Patscherkofel. (Foto: © www.guentheregger.at)

Station Hungerburg, Innsbruck

Die Bahn in der Station Hungerburg. (Foto: © www.guentheregger.at)

Neue Bahn, schwieriger Start.

Ganz ehrlich, wenn man über Jubiläen schreibt, ist es ein komisches Gefühl, wenn man die Entstehung der Sache selbst miterlebt hat. Das ist bei 300 Jahren dort und 450 Jahren da etwas ganz anderes.
Zehn Jahre Hungerburgbahn also. Vor zehn Jahren machte ich die Matura und begann gleich anschließend zu arbeiten. Diese geschichtlich eher unbedeutenden Ereignisse ermöglichten aber folgendes: Ich pendelte immer mit dem Bus zur Arbeit, fuhr täglich am Rennweg entlang und konnte so den Bau der neuen Hungerburgbahn schrittweise mitverfolgen.
Dem vorangegangen war eine durchaus heftige Diskussion um diesen Neubau. Es gab ja eine alte Hungerburgbahn von der Rotunde, der ursprünglichen Heimstätte des Riesenrundgemäldes, aus und hinauf auf die Hungerburg. Für viele, Verfasserin eingeschlossen, war es unvorstellbar, dass eine neue Trasse auf den Berg führen sollte, dass die Bahn sogar direkt im Zentrum starten könnte. Das Projekt, das zudem noch die Verlegung des Riesenrundgemäldes auf den Bergisel in das Tirol Panorama mit sich brachte, stieß nicht nur auf Skepsis, sondern auf Protest.
Zehn Jahre später hört man davon nichts mehr. Das Konzept hat auch die ärgsten Misstrauischen überzeugt. Und der Erfolg sowohl der Hungerburgbahn als auch des Tirol Panoramas spricht für sich. Einziger Wermutstropfen bleibt die noch immer nicht restaurierte und weitgehend ungenutzte Rotunde, aber das wird vielleicht noch.

Ein überzeugendes, außergewöhnliches Konzept

Im September 2003 wurde das Projekt ausgeschrieben, gesucht wurde eine Gesamtlösung. Neben dem Neubau des untersten Streckenabschnitts der Nordkettenbahnen war die Renovierung der historischen Stationen auf der Hungerburg, Seegrube und dem Hafelekar gefordert. In diese bestehenden Bauten sollte neue, effiziente Seilbahntechnik für die Pendelbahnen eingebaut werden.
Der Entwurf der international erfolgreichen Architektin Zaha Hadid (1950–2016), unterstützt durch den österreichischen Baukonzern Strabag, überzeugte unter allen Einreichungen. Nach abgeschlossener Planungsphase folgte der Spatenstich im Dezember 2005 und die Eröffnung genau zwei Jahre später.

Hungerburgbahn

Brücke und Stationen sind auch bei Nacht ein Hingucker! (Foto: Innsbruck Tourismus/Klaus Foissner)


Die Stationen Congress, Löwenhaus, Alpenzoo und Hungerburg
erinnern mit ihren opaken Glasschalen an fließende Gletscherlandschaften der Region. Die Kombination mit den erdverbundenen, fest verankerten Betonsockeln könnte für das Zusammenspiel von Stein/Berg und Schnee stehen. Auch hier sorgen die Kontraste für den besonderen Reiz. Mich persönlich fasziniert, wie unterschiedlich und vielfältig die Stationen in verschiedenen Lichtsituationen, Jahres- oder Tageszeiten wirken.

Ein weiterer Teil der Hungerburgbahn ist eine Brücke über den Inn mit zwei 34 Metern hohen Pylonen. Die Bahn verläuft ober- und unterirdisch und prägt das Stadtbild von Innsbruck sehr. Zaha Hadid schuf damit ein modernes Wahrzeichen – ein weiteres neben der Bergisel-Sprungschanze, die ebenfalls von ihr geplant wurde.
Der Streckenverlauf der Hungerburg-Standseilbahn zeichnet sich durch große Steigungsunterschiede aus, was eine große Herausforderung für die Technik darstellte. Das erfolgreiche Seilbahnunternehmen Leitner rüstete die beiden Wagen mit je fünf schwenkbaren Kabinen aus. Die Neigungsdifferenzen werden so optimal ausgeglichen, die Abteile hängen immer senkrecht. Eine ausgeklügelte hydraulische Steuerung verhindert abrupte Schwenker beim Anfahren oder Bremsen.

Station Congress, Hungerburgbahn, Innsbruck

Station Congress: Die Glasschalen sind nur punktuell mit dem Sockel verbunden. Hier startet die Bahn unterirdisch. (Foto: Nov. 2017)

Besondere Führungen zum Jubiläum

Zum 10-jährigen Jubiläum der Hungerburgbahn laden die Nordkettenbahnen in Zusammenarbeit mit Per Pedes Tirol zu besonderen Führungen ein: Von 28. November 2017 bis 6. April 2018 werden zweimal wöchentlich Touren mit Schwerpunkt Architektur und Zaha Hadid angeboten. Mit einem gültigen Ticket für die Hungerburgbahn ist die Führung kostenlos und findet dienstags um 10.30 Uhr auf Englisch und freitags um 16.00 Uhr auf Deutsch statt. (Das Freizeitticket Tirol ist gültig.) Start ist im Nordkettenshop in der Altstadt, Herzog-Friedrich-Straße 22. Die Führung verspricht in 90 Minuten viele technische Details, Informationen zur Architektin und zum Bahnbetrieb sowie das alpin-urbane Live-Erlebnis der Bahnfahrt bis zur Hungerburg. Voranmeldung bis spätestens am Vortag, 17 Uhr, und Gruppenanfragen bitte an info@perpedes.at.
In der Adventszeit lässt sich die Führung übrigens auch mit einem Besuch des wunderschönen Christkindlmarkts auf der Hungerburg verbinden. Tipp: Mit der Innsbruck Card ist eine Fahrt mit den Nordkettenbahnen inklusive!

Hungerburg

Innsbrucks Christkindlmarkt mit der schönsten Aussicht: auf der Hungerburg. (Foto: Innsbruck Tourismus/Christof Lackner)

Jubiläumspackage

Ein besonderes Schmankerl (im wahrsten Sinne des Wortes) ist das Jubiläumspackage „10 Jahre – 10 Euro“: Fahrt mit der Hungerburgbahn und Jubiläumsdrink im Café „Hitt und Söhne“. Den Voucher für dieses tolle Angebot erhält man an allen Kassen der Nordkettenbahnen und im Nordkettenshop in der Altstadt.

Mit der 10-Jahres-Feier der Hungerburgbahn starten die Nordkettenbahnen übrigens in ein weiteres großes Jubiläumsjahr: 2018 werden die Nordkettenbahnen ihr 90-jähriges Bestehen feiern! Dazu wird es bestimmt viele Highlights und auch weitere Spezialführungen zum Thema geben. Man darf gespannt sein und sich jetzt schon auf das neue (Jubiläums-)Jahr freuen …

Hungerburgbahn – technische Details:

Seilbahnsystem: Standseilbahn, zwei Wagen mit je fünf Kabinen
Fassungsvermögen: 130 Personen + 1 Wagenbegleiter
Kapazität: 1.200 Personen pro Stunde
Fahrgeschwindigkeit: 10 m/s (36 km/h)
Fahrzeit: ca. 8 Minuten
Streckenlänge: 1.797 m
Höhenunterschied: 288 m
Spurweite: 1.440 mm
Streckenanteile: 54 % oberirdisch, 46 % unterirdisch
Stationen: vier (Congress, Löwenhaus, Alpenzoo, Hungerburg)
Tunnel: zwei (Rennwegtunnel: 371,5 m, Weiherburgtunnel: 445 m)
Innbrücke: Schrägseilbrücke aus Stahl, 241,5 m lang und 4,7 m breit

Wie ist die Aussicht?

Das Wetter ist ja immer so eine Sache – und besonders wichtig am Berg. Für einen Vorabcheck bieten die Nordkettenbahnen Webcams an, so sieht man schnell, ob sich die Aussicht lohnt oder wie die Schneeverhältnisse sind: hier zur Webcam auf der Hungerburg. Und im Ernst: Wenn das Wetter einigermaßen mitspielt, ist die Aussicht bei jeder Jahreszeit umwerfend schön!

Weitere Infos unter: nordkette.com, innsbruck.info, perpedes-tirol.at

Herzlichen Dank an die Nordkettenbahnen und an Per Pedes Tirol für die freundliche Unterstützung für diesen Beitrag.

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