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Andreas Hofer ist ein Name über den man oft in Tirol stolpert. Sei es in Museen, auf Straßenschildern oder vorm Käseregal im Supermarkt. Der Nationalheld Tirols, der 1809 den Kampf gegen die mit Napoleon verbündeten Bayern angeführt hat, ist auch über 200 Jahre später noch stets präsent. Meistens ist die Botschaft hinter dem bärtigen Mann leicht zu verstehen: der wilde Tiroler (erst erfolgreich – dann weniger, in Folge dessen er einen Heldentot stirbt) gegen die Welt. Ganz getreu seines Mottos „für Gott, Kaiser und Vaterland“.

Das Theaterstück „Andre Hofer“ am Landestheater Innsbruck hingegen erfordert zumindest grobe historische Vorkenntnisse und ein Ohr für verschiedene Tiroler Dialekte. Mit beidem zumindest dürftig gewappnet, erwartet einen dann ein erfrischend kurzweiliger Abend. 

Das Theaterstück widmet sich der Person Andreas Hofer, oder auch: dem „And-er“ wie die Südtiroler ihn nennen. Der Wirt des Sanderhofs im Passeiertal (heute ca. 1,5h über den Brenner und den Jaufenpass von Innsbruck mit dem Auto entfernt) führt zwar den Widerstand an, ist aber selbst von Zweifel geplagt. Er lässt sich überreden erneut in den Kampf zu ziehen und kehrt diesmal geschlagen zurück. Schwach wird der Held gezeigt, aber auch sehr menschlich.

Es geht um Andreas Hofer, den Menschen, der noch kein Volksheld geworden ist und diese Rolle bringt der Hauptdarsteller Stefan Riedl sehr gut rüber. Diese weniger heldenhafte Darstellung mag für einige Tiroler nicht neu sein. Alle anderen, die Andreas Hofer bisher nur als Volkshelden kannten, werden von der scheiternden Figur im Kontrastprogramm überrascht sein. Zumindest war man das 1903 bei der Erstaufführung – überrascht, empört und tief im Stolz verletzt.

Der Kampf um Tirol verschärft sich.

Der Kampf um Tirol verschärft sich.

Andre Hofer im Landestheater

Anfangs von seinen Anhängern unterstützt…

Später im Stich gelassen und verraten.

Später im Stich gelassen und verraten.

„So leicht fallt mier‘s Sterb‘n, dass mier nit amal die Aug‘n naß wear‘n.“ 

Der Skandal 1903

Bei der Uraufführung 1903 in Innsbruck nicht ganz 100 Jahre nach dem Tod Hofers hallten Buhrufe durchs Theater und das Stück musste immer wegen Geschrei aus dem Publikum unterbrochen werden. Die K&K Zensur lies eine Aufführung in Wien nicht zu.

Kranewitters Tragödie setzt die Handlung ein, als ein Sieg der Tiroler nicht mehr möglich ist. Nach einem ersten Sieg über die Bayern sichert der Kaiser Franz den Aufständischen zu, dass er Österreich mit Tirol vereint sehen möchte. Dass Wien sich dann doch umentschieden hat, um Frieden mit Napoleon zu schließen und im Zuge dessen Tirol abgegeben hat, mag in so mancher Tiroler Seele heute noch als tiefe Enttäuschung aus Wien sitzen. So könnte man zumindest als gebürtige Wienerin hin und wieder mutmaßen…

Bühnenbild: Trachten und Herzblut

Die Kostüme verbinden Tradition und Moderne mit einem ordentlichen Touch Herzblut. So sind zum Beispiel die Jacken mit leuchtend roten Adlern verziert. Die knallroten Schnürstiefel von Hofers Frau Anna scheinen manchmal mit ihr um die Wette zu schreien, während sie sich Sorgen um ihren Mann macht. Designt wurden sie von Markus Spatzier und seiner Manufaktur Herzblut, die in Schwaz übrigens in einer der vielen, anfangs bereits erwähnten, Andreas-Hofer Straßen in Tirol zuhause ist.

Das Bühnenbild wird im Laufe des Stücks nur wenig verändert. Es gibt also nicht viel zu sehen, so fokussiert man sich auf die Charaktere, die Kostüme und (in meinem Fall) den Dialekt. Quer über die Bühne stehen die Reste der Buchstaben TYROL, im Hintergrund ist auf einer Leinwand die Nordkette bei Innsbruck zu sehen.

Schauspieldirektor Thomas Krauß fächert in seiner Inszenierung die Facetten der historischen Figur Hofer weiter auf; durch Ausschnitte aus Marc Pommerenings Schauspiel Gottes Guerilla. Dabei tauchen vier „Schwarze Mander & Weiber“ in einer Art Bilderrahmen auf. Ansonsten bleibt das Bild aber so wie es ist, nur die Nordkette fällt und gibt ohne weitere Requisiten Raum für den Rest des Stücks, der im Passeiertal spielt.

Anna und Andreas Hofer.

Anna (Ulrike Lasta) und Andreas Hofer (Stefan Riedl).

Fabian Schiffkorn im Gespräch

Mein Weg zu dem Stück ging über einen der mitwirkenden Schauspieler, Fabian Schiffkorn. Der gebürtige Innsbrucker spielt im Stück die Rolle des Siberer, einem der treuen Tiroler Landstürmer. Durch seine Erzählungen vom Stück bin ich bereits vor Monaten auf das Thema aufmerksam geworden und hatte endlich einen guten Grund mal wieder ins Theater zu gehen. Nach dem Stück durfte ich ihm ein paar Fragen stellen:

  • Was sollte man wissen/lesen, bevor man sich das Stück Andre Hofer anschaut?

Grundsätzlich wäre es zunächst ratsam sich einen kurzen Überblick über das Thema der Tiroler Aufstandsbewegung vom Jahr 1809 zu verschaffen. Außerdem sollte man wissen, welchen geschichtlichen und politischen Stellenwert die Person Andreas Hofer innerhalb dieser Widerstandsbewegung eingenommen hat und inwieweit dieser als Identitätsstifter vieler Tiroler gilt und galt.

  • Und was danach? 

Die Inszenierung „Andre Hofer“ zeichnet in seiner Umsetzung ein Bild eines Helden der sich diese Rolle nicht ausgesucht hat. Vielmehr sind es die Erwartungen an seine Person sowie der politische, gesellschaftliche und klerikale Druck von außen, welcher seine Willensstärke und Entscheidungsgewalt in Frage stellt. Diese inhaltliche Gegendarstellung zeigt die heroische Figur des Andreas Hofer als einen Menschen mit all seinen Ängsten und Zweifeln.

  • Gibt es auch 2018 noch Zuseher, die ähnlich wie 1903 auf das Stück reagiert haben?

Obwohl der große Skandal bisher ausblieb, bemerkten wir nach einigen Aufführungen durchaus Unmutsäußerungen einiger weniger Zuschauer. Die politische Brisanz dieses Stücks scheint im Jahr 2018 stark abgeklungen zu haben.

  • Andreas Hofer ist in Tirol allseits präsent. Hat sich für dich, als gebürtiger Innsbrucker, durch das Stück deine Einstellung gegenüber dem Volkshelden geändert? 

Prinzipiell versuche ich nach wie vor die damalige Widerstandsbewegung immer von mehreren Seiten zu betrachten, eine allzu große Auseinandersetzung mit der Heldenfigur Andreas Hofer als solche hat bei mir persönlich nie stattgefunden. Ich finde es daher äußerst spannend, inwieweit die Inszenierung von Thomas Krauß und das eindrucksvolle Spiel von Stefan Riedl und dem restlichen Ensemble, dem Tiroler Volkshelden und seinem Umfeld ein menschliches Antlitz verliehen hat. Es ist mir daher eine große Freude Teil dieser Umsetzung zu sein.

  • Innsbruck ist nicht in erster Linie fürs Theater bekannt, warum lohnt es sich trotzdem dem Landestheater Innsbruck einen Besuch abzustatten?
Das Tiroler Landestheater bietet als eine der größten Kulturstätten Innsbrucks ein vielseitiges Angebot an Musiktheater, Tanztheater und Schauspiel. Thematisch werden dabei sowohl Stoffe der klassischen Dramatik als auch zeitgenössische Inhalte zur Aufführung gebracht. Da innerhalb dieser Produktionen oftmals auch ein Bezug zum Land Tirol hergestellt wird, hat ein Besuch einer unserer Vorstellungen sicher auch für „Nichttiroler“ seinen Reiz.
  • Wo würdest du Besuchern empfehlen danach auf ein Glas Wein zu gehen? 

Obwohl ich nach einer Vorstellung eher ein Bier bevorzuge, würde ich in diesem Fall im Brixnerhaus Da Vincenzo am Domplatz nach einem Glas Wein fragen.

Danke für das Interview, Fabian! 

Landestheater Innsbruck

Innsbrucks Kulturprogramm mag vielleicht weniger Touristen anlocken als seine Skipisten, es ist aber sicherlich ein Grund länger zu bleiben. Oder tiefer einzutauchen, zum Beispiel in die Geschichte rund um den Volkshelden Andreas Hofer im Landestheater.
Abends in Theatergarderobe das von außen beleuchtete Landestheater zu betreten und sich dann eineinhalb Stunden lang von den Schauspielern auf der Bühne in eine andere Welt mitnehmen zu lassen, hat einen besonderen Reiz. Und im Übrigen spricht nichts dagegen, am nächsten Morgen wieder die Ski anzuschnallen – so wie auch am Vortag. Diese Vereinbarkeit von Sport und Kultur ist eben einzigartig in Innsbruck.

Das Stück ist bis Mitte April am Landestheater Innsbruck zu sehen. Tickets kosten zwischen 13€ und 44€.

Aufführungen: 

  • Sonntag, 04.02.2018 19:00 Uhr
  • Sonntag, 11.02.2018 19:00 Uhr
  • Samstag, 17.03.2018 19:00 Uhr
  • Sonntag, 15.04.2018 19:00 Uhr

 

Alle Fotos: ©Landestheater Innsbruck

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