2_das Fenster_Ausstellung_©Susanne Gurschler

Einblick in den Redaktionsalltag früherer Tage gewährt die Vitrinenausstellung „Aus dem Redaktionsarchiv der Kulturzeitschrift ,das Fenster’“ im Forschungsinstitut Brenner-Archiv.

Cover der ersten Ausgabe der Tiroler Kulturzeitschrift „das Fenster“, erschienen 1967; Foto: © Brenner-Archiv

Die Vitrinenausstellungen im Brenner-Archiv haben Tradition. In kleinem Rahmen zeigen Mitarbeiter des Forschungsinstituts ausgewählte Themen. Exponate des umfangreichen Bestands bringen Interessierten aktuelle Forschungsschwerpunkte näher. Kleine Appetizer sozusagen, die Gusto machen auf mehr. Das Brenner-Archiv als Dokumentations- und Forschungsstelle für Literatur verfügt über rund 270 Nachlässe und Sammlungen. 2017 erhielt es das Redaktionsarchiv der Tiroler Kulturzeitschrift „das Fenster“. Es umfasst Manuskripte, Fotos, Korrespondenzen und Materialien.

Blitzlichter

Die Brenner-Mitarbeiterinnen Annette Steinsiek, Ursula Schneider, Maria Piok und Christina Riccabona sichteten Teile der umfangreichen Sammlung. Und verbanden diese für die Ausstellung „Aus dem Redaktionsarchiv der Kulturzeitschrift ,das Fenster“ zu kleinen thematischen Blitzlichtern – immer ergänzt durch Ausgaben von „das Fenster“. Der Chefredakteur der Kulturzeitschrift, Wolfgang Pfaundler (1924-2015), bewies ein untrügliches Gespür für künstlerische Talente. Viele der heute bekannten Tiroler Künstler erhielten im Fenster ihr erstes Porträt, viele Literaten die erste Möglichkeit, ihre Texte zu veröffentlichen.

Die kleine Vitrinen-Ausstellung „Aus dem Redaktionsarchiv der Kulturzeitschrift ,das Fenster’” läuft bis 31. Mai 2019.

Die Vitrinenausstellung taucht ein in eine vor-digitale Zeit: als noch nicht Social Media und E-Mail die Kommunikation bestimmten, sondern Briefe, Telegramme, analoger Redaktionsplan – und persönliche Treffen.

Feierstunde

Anlässlich der 50. Ausgabe, des 25-jährigen Bestehens, fand 1992 ein großes Fest statt. Die Fotos, die dabei entstanden, zeigen, wie bedeutend die Zeitschrift war. Alles, was Rang und Namen hatte, war dabei – vom damaligen Kulturlandesrat Fritz Astl über Künstler wie Franz Pöhacker und Norbert Drexel, Schriftsteller wie Alois Hotschnig und Gertrud Spat bis zu den Journalisten Volkmar Hauser und Gretl Köfler.

Besonderen Charme entfalten die Briefe zwischen Pfaundler und den Künstlern. Sie vermitteln ganz unmittelbar, wie viel Austausch und wie viele Schritte es brauchte, bis ein Manuskript Eingang in die Zeitschrift fand.

„Das Fenster“ bot jungen, aufstrebenden Literaten eine wichtige Plattform.

So schreibt Felix Mitterer in einem Brief vom 7. Feber 1973: „Sie müssen über unerhört gut unterrichtete Kanäle verfügen, daß Sie von meiner Tätigkeit als Sonntagsliterat wissen. Ich lebe nämlich praktisch als Einsiedler und kaum jemand kennt meine Ambitionen.“ Das sollte sich rasch ändern.

Fernsehgeschichte

Mit seinem Stück „Kein Platz für Idioten“ wurde Mitterer 1977 mit einem Schlag bekannt. Mit der „Piefke-Saga“ schrieb er Fernsehgeschichte. Heute ist er nicht nur der bedeutendste lebende Dramatiker Tirols, sondern einer der meistgespielten im deutschen Sprachraum. In der Nummer 12 von „das Fenster“ findet sich sein Text „Die blaue Blume von Wien“. Die Serie „Literatur der Gegenwart“ widmete sich jungen Tiroler Autorinnen und Autoren. In der Ausstellung – und im Fenster – vertreten: unter anderem Norbert Gstrein, Barbara Hundegger und Anita Pichler.

Faszinierende Einblicke in die Redaktionsarbeit im vor-digitalen Zeitalter

Die Korrespondenz zeigt auch, wie penibel Pfaundler bei der Auswahl der Fotos, beim Setzen der Beiträge war. „Er ließ keine Schlampigkeit durchgehen. Es gab einen intensiven Austausch zwischen der Druckerei und ihm“, betont Ursula Schneider.
Längst gewohnt, alles digital zur Verfügung zu haben, lässt einen die Ausstellung erahnen wie es am Schreibtisch von Pfaundler aussah. Um den Überblick zu bewahren und sich später leicht zurechtzufinden, legte er ein eigenes Archivierungssystem fest. „Pfaundler ließ Kuverts drucken, auf denen er übersichtlich Vermerke anbringen konnte“, so Christina Riccabona.

Archivalien

Pfaundler schaffte es, unterschiedliche Weltanschauungen gleichzeitig zu veröffentlichen – sehr progressive Geister fanden sich in einem Heft mit der Tradition verhafteten aber auch ideologisch kritisch zu betrachtenden. So etwa die Schriftstellerin Gertrud Fussenegger, bereits vor dem Zweiten Weltkrieg überzeugtes NSDAP-Mitglied.

Cover der Ausgaben Nummer 34/35 (Doppelausgabe) und 43 mit Inhalt

Neben Literatur und Kunst widmete sich „das Fenster“ insbesondere dem Thema Architektur. In der letzten Vitrine findet sich ein Interview mit dem Architekten Heinz Tesar, geführt von der Tiroler Kulturjournalistin Krista Hauser. Die Archivalien gehen aber weit darüber hinaus: Wieder finden sich Fotos, Korrekturfahnen, handschriftliche Notizen von Pfaundler.
Alles zusammen lässt einen Kosmos aufleuchten, den es so nur noch in analogen Sammlungen wie denen im Brenner-Archiv gibt.

Besonders im Auge hatte Pfaundler die künstlerischen Entwicklungen in Südtirol – die jung verstorbene Anita Pichler veröffentlichte im „Fenster“.

Die Vitrinenschau zeigt auf wenig Raum, wie eine Zeitschrift im analogen Zeitalter entstand. Sie öffnet – sozusagen stoßweise – ein Fenster in kulturell spannende Jahrzehnte und lässt die Entwicklungen von heute namhaften Tiroler Kunst- und Kulturschaffenden verfolgen.

Fotos, wenn nicht anders angegeben: © Susanne Gurschler

Aus dem Redaktionsarchiv der Kulturzeitschrift ,das Fenster’“
Bis 31. Mai 2019
Forschungsinstitut Brenner-Archiv
Universität Innsbruck
Josef-Hirn-Straße 5 / 10. Stock
Tel. +43 512 507 45001
Mail Brenner-Archiv@uibk.ac.at
www.uibk.ac.at/brenner-archiv
Öffnungszeiten: Mo–Do 8–13 Uhr

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