Kristallgarten (1 of 1)

Ein Garten ist ein magischer Ort. Man besucht ihn am liebsten, um einfach nur da zu sein. Bereitwillig lässt man sich verzaubern, von den schönsten Wundern der Natur. Ein Garten erzählt Geschichten, wahrt Geheimnisse und belohnt die Wachsamen und Neugierigen. Kürzlich durfte ich einen ganz besonderen Garten besuchen: Den der Swarovski Kristallwelten in Wattens. Eingeladen in das Reich des Riesen haben mich ein Waldgeist, mein alter Freund und ein ganz besonderer Gärtner.

Der Waldgeist

Der Waldgeist heißt Ansgar und ich treffe ihn im Innsbrucker Hofgarten. Er erwartet mich im Schatten eines uralten Baumes, schmunzelnd auf einen knorrigen Wanderstock gestützt. Ein  echtes Tiroler Naturtalent mit einem Händedruck wie ein Schraubstock. Er lacht laut wie ein Landstreicher, wir haben uns lange nicht gesehen. Bevor wir uns via Kristallwelten Shuttle auf den Weg nach Wattens machen, schlendern wir schweigend durch die 600 Jahre alten Parkanlagen. Immer wieder bleibt er stehen und bewundert die unzähligen alten Bäume, Blätter und Blüten. Mit funkelnden Augen verrät er mir komplizierte Namen und besondere Eigenschaften. Ansgar ist Arborist (Baumpfleger) und Landschaftsgärtner. An Geister glaubt ja heutzutage kein Mensch mehr, grinst der Gärtner. Kurz darauf sind wir auch schon unterwegs zu den Swarovski Kristallwelten, denn hier pflegt der Waldgeist den Garten des Riesen höchstpersönlich.

Die Wunderkammern

Infinity Room der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama

Ein bisschen Unendlichkeit: Der Infinity Room der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama. (📷 by Swarovski Kristallwelten)

Konzipiert wurde das Swarovski-Areal in Wattens ursprünglich als eine Art öffentliche Kunstbühne. Ein Ort für Träume, Märchen und Wunder, erdacht vom großen Künstler und Fantasten André Heller höchstpersönlich.  Hier liegt ein grüner Riese im Gras, sprudelt einen glitzernden Wasserfall aus dem Mund und bittet Besucher aus aller Welt in sein atemberaubendes Reich. Die wahren Abenteuer sind im Kopf, singt der Heller, denn dort liegen die unterirdischen Wunderkammern. Sie zeigen funkelnde Kunstwerke aus Kristall, von großen Geistern erträumt und hier vom Riesen zusammengetragen. Bevor wir uns dem Garten widmen, führt mich der Waldgeist durch die Schatzkammern. Wir bewundern glitzernde Werke von Andy Warhol, Yves Klein und Salvador Dali, lassen uns vom Mechanical Theatre verzaubern und verlieren uns im Infinity Room der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama in funkelnder Unendlichkeit. Nach einer guten Stunde des Staunens sehen wir die Sonne wieder. Sie strahlt, der Waldgeist auch – seine Wunder sind hier draußen.

Im Reich des Riesen

Die Wunder- und Schatzkammern umgibt das grüne Reich des Riesen. Eine faszinierende Gartenlandschaft, die Kunst und Natur auf gewundenen Wegen verbindet. Kürzlich wurden die weitläufigen Gärten des Riesen im Rahmen großzügiger Restaurationen mit neuen Bereichen und Attraktionen mehr als verdoppelt. Mit einer imposanten Kristallwolke über einem pechschwarzen Spiegelsee (mit 800.000 Kristallen und von der Architekturkünstlerin Julia Körner), vielen Kinder- und Familienangeboten (mit Kristall-Kletterturm und Kinderkarussell vom spanischen Stardesigner  Jaime Hayon), einem köstlichen Kulinarium (mit sagenhaften Sommercocktails) und einem neu gestalteten Eingangsbereich, wo künstliche und echte Birken die Grenzen der Wahrnehmung verschwimmen lassen.

Ein gepflegter Garten genießt liebevolle Fürsorge, und weiß seine Besucher auf vielfältige Weise zu verzaubern, berichtet der Waldgeist. Wir schlendern gemächlich über Kieswege und bleiben alle paar Schritte stehen. Um die Kristallwolke führt ein weiter Bogen wilder Wiesengräser. Sanft wiegen sie im Wind und geben der künstlichen Landschaft etwas ungezähmte Natürlichkeit zurück. Inspiriert vom Krater eines mysteriösen Meteoriten umgeben wellenförmige “Ripples” den Spiegelsee. Zarte Hügel mit dichtem Golfrasen, den man ausschließlich barfuß erleben sollte. Ich folge dem Ratschlag des Gärtners und muss kichern weil das Gras fürchterlich kitzelt.

Alpen, Garten & Geheimnisse

Zwischen Hügeln, Birken, surrealen Liegestühlen und glitzernden Kunstobjekten spielen wir mit einer Horde Kinder verstecken. Weil wir alte Hasen sind, suchen sie uns vermutlich immer noch. Zarte Musik liegt in der Luft, denn der Bereich um die Kristallwolke wird durch eine akustische Klangwolke sogar multisensorisch erweitert. Irgendwo steht ein einsamer Schrank in der Wiese, Kunst darf das, betont Ansgar, ein Garten ist ja auch ein bisschen Wohnzimmer. Auf dem höchsten Hügel erwartet uns der “Prologue III”, ein imposanter Stahlring mit 8.000 blauen Kristallen, ein Werk inspiriert vom Wasser. Überall malt der Garten Bilder, das ganze Jahr, betont der Gärtner. Der Kopf des Riesen ist auch im Winter grün, das ist oft gar nicht so einfach. Erst kürzlich hat ihm der Waldgeist den Efeu-Bart getrimmt, erfahre ich auf dem Weg in den Alpengarten.

Ansgar, der Arborist im Alpengarten. Seines Zeichens Baumfreund, Waldgeist, und liebevoller Gärtner im Reich des Riesen.

Wir stehen auf dem Rücken des Riesen, von hier überblickt man sein ganzes Reich. Schafe grasen am Horizont – flauschige Rasenmäher, die man sogar streicheln darf. Enten watscheln über den Weg, angesiedelt weil sie am liebsten Schnecken futtern, verrät der Gartenfachmann. Unterwegs erfahre ich viel zur heimischen Pflanzenwelt der Alpen, lerne Wolfsmilch (Euphorbia) und Mädchenauge (Coreopsis Verticillata) zu benennen und wie man die Geschlechter von Bäumen und Büschen erkennt. Zum krönenden Abschluss darf ich sogar ein echtes  Alpen-Edelweiß (Leontopodium Nivale Alpinum) streicheln. Von der Aussichtsplattform ganz oben finde ich auch endlich den Weg aus dem Labyrinth – ein Handabdruck des Riesen aus fein gestutzten Hainbuchenhecken. Daneben wird bald das funkelnde Kinderkarussell stehen. Anstelle zweier uralter Bäume, verrät der Waldgeist mit traurigem Ton – ein Garten steckt eben auch voller Veränderung.

Sommer im Riesen

Überhaupt hält der Sommer im Reich des Riesen unzählige Überraschungen bereit: Zum Beispiel fünfmal täglich Hochseilakrobatik von und mit Freddy Nock, 25 Meter über der Kristallwolke. Oder magische Momente bei den meisterlichen Darbietungen des Circus Roncalli – in den Sommermonaten exklusiv im Riesen zu Gast. Durchatmen bei regelmäßigen Yoga-Workshops, und Open Air Kinoprogramm in den Abendstunden. Im Juli und August haben Kristallwelten und -gärten nämlich sogar bis 22:00 Uhr geöffnet. Kunststücke für den Gaumen vollführt dann vor allem das Daniel’s. Einer der besten Burger weit und breit, befindet ein schmatzender Waldgeist. Als sich die untergehende Sonne noch ein letztes Mal in einer halben Million Kristallen über dem schwarzen Spiegelsee verfängt, wird auch der Riese müde. Zärtlich krault ihm der Waldgeist den Bart, wünscht ihm funkelnde Träume und schließt den Garten ab.

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