Rundgemälde_neu

Es kann zwar heute jeder Smartphonebesitzer Panoramabilder erzeugen, trotzdem möchte ich hier die Lanze (siehe Formulierung: Kriegsgerät!) für das Innsbrucker Riesenrundgemälde brechen. Das Tirol Panorama – es ist einfach gut.

Ich habe mich sehr lange erfolgreich davor gedrückt, das neue Tirol Panorama zu besuchen. Der Anreiz der Innsbruck Card* war schlussendlich ausschlaggebend für den Besuch. Dazu muss man wissen, mich verbindet ein geradezu persönliches Verhältnis mit Andreas Hofer. Als das „Gedenkjahr“ 2009 vor der Tür stand (die Schlacht am Bergisel jährte sich zum 200sten Mal), wurden viele im Tiroler Kultur- und Wissenschaftsbetrieb dazu angehalten, sich mit dem großen Freiheitskämpfer auseinanderzusetzen. Nach endlosen Nächten mit Stutzen und Haubitzen (nein, keine Süßigkeiten: Kriegsgerät!) fuhr ich im Sommer 2009 nach Mantua, wo Andreas Hofer hingerichtet wurde und konnte dort nicht widerstehen, seinem Standbild persönlich zwischen die Augen zu zielen.

Detail

Mythos Tirol damals….

Trotzdem muss man ihm eines lassen: er hat den „Mythos Tirol“ begründet. als die Tiroler 1809 am Bergisel Napoleon einen Denkzettel verpassten, verbreitete sich diese Nachricht innerhalb kürzester Zeit über ganz Europa. Die Schadenfreude über den peinlichen Patzer des großen (naja, also nicht körperlich) Feldherrn überschwemmte uns kleines Gebirgsvolk mit grenzenloser Sympathie. Abenteurer begannen, in unsere ursprüngliche, wilde und romantische Heimat zu reisen, um sich persönlich von der erstaunlichen Tapferkeit (und nebenbei auch der großen körperlichen Schönheit) der Tiroler(Innen) zu überzeugen. Eine Art „Tirol-Hype“) erfasste den Kontinent: Es gab Andreas Hofer-Gedichte und-Opern, Studenten in Deutschland begannen aus Solidarität mit den Tirolern zu jodeln und auch die ersten Vorläufer der Zillertaler Schürzenjäger profitierten vom allgemeinen Interesse für das Alpenland. Andreas Hofer spielte also eine entscheidende Rolle für die Anfänge des hiesigen Tourismus. Was so alles zu diesem „Mythos Tirol“ gehört, sieht man in der kleinen Ausstellung des Tirol Panoramas, ebenso eine Art „Rundschau“: Kneissel-Ski, Butterformen, Suppenbrunzer…

Glaskugel

…und heute

Heute stehen gerade viele Städter dem Mythos „Lederhose und Naturbursch“ skeptisch gegenüber. Über die Jahrhunderte wurde einem die angeblich eigene Kultur so oft unter die Nase gerieben und auf’s Auge gedrückt, dass man sie fast nicht mehr riechen und sehen kann. Das war sicher auch einer der Gründe, warum der Bau des neuen Tirol Panoramas vor einigen Jahren nicht bei allen wohlwollend aufgenommen wurde, auch der Umzug des Riesenrundgemäldes in diesem Zusammenhang war ein großes Politikum mit vielen Kontroversen (und einer wirklich kreativen Protestaktion).

Stutzen

Jetzt steht es also hier. Die Architektur des neuen Museums gefällt mir (siehe Bild: mit Kriegsgerät!) und ich muss zugeben, der neue Standort ist auch gut. Riesenrundgemälde waren ja sowas wie die „Vorläufer des Kinos“, das „erste Massenmedium“. Fremde Landschaften oder historische Ereignisse wurden dargestellt, um im 19. Jahrhundert die Besucher in eine andere Welt zu entführen. Für die Illustion wurde eine gekrümmte Leinwand verwendet, man arbeitete mit Sichtachsen und Lichteinfall, um der Natur möglichst nahe zu kommen. Heute kamm man sich das Panoramabild der Schlacht am Bergisel anschauen und danach steht man beim Verlassen des Museums genau am gleichen Schauplatz 200 Jahre später: ein Vergleich, der schon Eindruck macht. Aber den muss man sich live anschauen.

* Die Autorin wurde durch die Innsbruck Card unterstützt und weiß nun, was man beim nächsten Besuch der Schwiegermutter damit alles unternehmen könnte.

Weitere Infos:

 

Ähnliche Artikel