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Burgen und Schlösser faszinieren uns, sie nehmen uns mit auf Zeitreisen, lassen uns in andere Welten eintauchen. Doch Burgen und Schlösser wären nichts ohne ihre Prinzessinnen und Prinzen, ohne ihre Geschichten, ja Märchen.
Schloss Ambras ist ein solches Märchenschloss in Innsbruck, das viele spannende Geschichten bereithält. Zum 450-Jahre-Jubiläum Erzherzogs Ferdinand II. als Landesfürst in Tirol wird es eine große Sonderausstellung und Kostümführungen mit besonders klingendem Titel geben. Doch dazu später mehr.
Zuerst soll von Erzherzog Ferdinand II. erzählt werden – eine Geschichte, die zumindest teilweise einem Märchen entsprungen sein könnte …

Erzherzog Ferdinand II. war der Sohn eines Kaisers (Ferdinand I.) und der Bruder eines weiteren (Maximilian II.). Für zweiteren war er als böhmischer Statthalter in Prag. Nach dem Tod des Vaters fiel die Herrschaft über Tirol und die Vorlande an Erzherzog Ferdinand II. 1567, also genau vor 450 Jahren, kam er als Landesfürst von Tirol nach Innsbruck. Erzherzog Ferdinand II. war geschickt in der Politik. Er galt als höchstintelligent und als Mann des Ausgleichs. Der katholischen Gegenreformation verhalf er in seinen Ländern zum Durchbruch.

Ein Schloss für Philippine

In seiner Zeit als Statthalter von Böhmen hatte Erzherzog Ferdinand II. die Patrizier- und Kaufmannstochter Philippine Welser kennengelernt. Sie galt als außergewöhnliche Schönheit.
(Jetzt der märchenhafte Teil:) Die beiden heirateten heimlich, denn an sich war die Vermählung mit einer Bürgerlichen nicht standesgemäß für einen Erzherzog. Eine Tante Philippines verhalf dem jungen Paar zu seinem Glück.
In Anbetracht der Heiratspolitik aller europäischen Herrscherhäuser zu jener Zeit siegte hier – und das war eine Seltenheit – die Liebe. Philippine und Ferdinand lebten in einer glücklichen Ehe. (Die zwei gemeinsamen Söhne wurden aufgrund der nicht standesgemäßen Hochzeit allerdings von der habsburgischen Erbfolge ausgeschlossen.)

Innsbruck, Schloss Ambras

Schloss Ambras in all seiner Pracht, im Vordergrund ein Teil der Gartenanlagen. (Foto: Innsbruck Tourismus)

Als Tiroler Landesfürst hätte Erzherzog Ferdinand II. in der Hofburg in Innsbruck residieren können, mit einer bürgerlichen Frau war das aber nicht möglich. Deshalb wählte er Schloss Ambras, das ursprünglich ein Ansitz der Grafen von Andechs war, 1133 zerstört wurde und später den Grafen von Görz-Tirol gehörte, bevor es schließlich den Habsburgern zufiel. Er ließ es zu einem prachtvollen Renaissanceschloss ausbauen und schenkte es seiner geliebten Philippine.

Innsbruck, Schloss Ambras

Die beeindruckenden Rüstkammern sind nur ein Teil der Ambraser Sammlungen … (Foto: Innsbruck Tourismus)

Die Ambraser Sammlungen

Mit seinen Sammlungen lieferte Ferdinand den Grundstock für die Porträtgalerie, die Rüstkammern sowie die Kunst- und Wunderkammer. Das Besondere an Ferdinands Sammlungen war, dass er sie nicht versteckt bunkerte, sondern seinen zahlreichen Gästen und auch der Öffentlichkeit zugänglich machte. Die Kunst- und Wunderwerke wurden bewusst in Vitrinen und Kästen präsentiert. So entstand auf Schloss Ambras ein Museum, das heute als ältestes erhalten gebliebenes Museum Mitteleuropas gilt. Inventarlisten geben uns genau Aufschluss darüber.

Innsbruck, Schloss Ambras

Die Porträtgalerie: eine Zeitreise der besonderen Art. (Foto: ©2009 „Österreich Journal“/Michael Mössmer)

Heute sind die Ambraser Sammlungen Teil des Kunsthistorischen Museums Wien. Viele der Schätze von Ambras sind in der Kunstkammer Wien gelandet, ein sehr berühmtes Stück davon ist die gestohlene und wiederaufgetauchte Saliera.
Auch Philippine hinterließ ihre Spuren auf Schloss Ambras: Zu sehen ist ihr Bad, ein von ihr angelegter Küchenkräutergarten oder ihr Kochbuch. Die Rezepte hat sie zwar nicht selbst niedergeschrieben, es dürfte aber ein Geschenk an sie gewesen sein.
Das höfische Leben blühte in allen Facetten unter Philippine und Ferdinand: Neben den architektonischen und künstlerischen Schätzen bot Ambras wunderbare Renaissancegartenanlagen, musikalische Höchstgenüsse und allerlei Amüsantes wie Trinkspiele, Wasserspiele oder technisch ausgeklügelte Tischapparate, die mit Musik und Bewegung die Tischgesellschaften unterhielten.

Innsbruck, Schloss Ambras

Der Spanische Saal zählt zu den schönsten freistehenden Saalbauten der Renaissance. (Foto: Innsbruck Tourismus)

Ende des Märchens – erster Teil

Als Philippine starb, endete auch die (kurze) Blütezeit von Schloss Ambras, das schließlich in eine Art Dornröschenschlaf verfiel. Ferdinand II. ließ die Hofkirche um die Silberne Kapelle erweitern, dort sollten er und seine Frau im Tode wiedervereint sein. Philippine Welsers Grabmal wurde nicht besonders märchenhaft und relativ unromantisch – vor dem Altarraum platziert, während Ferdinands Grab hinter dem Gitter direkt in der Kapelle Platz fand. Schlussendlich liegen einige Meter und ein schmiedeeisernes Gitter zwischen den beiden.
Die helfende Tante übrigens, Catharina von Loxan, wurde auch in der Hofkirche bestattet (unter dem Stiegenaufgang zur Silbernen Kapelle).

Ende des Märchens – zweiter Teil

Erzherzog Ferdinand II. heiratete ein zweites Mal – und zwar seine 16jährige Nichte Anna Caterina von Gonzaga. Seine Schwester wurde damit zu seiner Schwiegermutter. (Die Absurdität der habsburgischen Heiratspolitik lassen wir damit mal stehen.) Er erhoffte sich von dieser Ehe standesgemäße männliche Nachkommen. Doch Anna Caterina gebar dem Landesfürsten nur Töchter (tja, Ironie).
Die zweite Gattin lebte mit den Kindern nicht auf Schloss Ambras, sondern vor allem im Lustschloss Ruhelust nahe dem Hofgarten. Sie gründete drei Klöster in Innsbruck. Als ihr deutlich älterer Ehemann starb, trat sie in eines davon als Ordensschwester ein. Zusammen mit einer ihrer Töchter wurde sie im Kreuzgang des Servitenklosters beigesetzt.

Per Pedes, Innsbruck, Schloss Ambras

In historischen Kostümen laden „Philippine“ und „Ferdinand“ zu einer besonderen Führung auf Schloss Ambras! (Foto: Brabetz, 2017)

Feiern zum Jubiläum

Schloss Ambras ehrt den großen Sammlerfürsten Erzherzog Ferdinand II. von 15. Juni bis 8. Oktober 2017 mit einer hochkarätig bestückten Sonderausstellung. Die Vorfreude und Spannung darauf ist groß! Neben der Ausstellung ist das Schloss mit Rüstkammern, Kunst- und Wunderkammer immer einen Besuch wert. Und wer sich gerne mit der Habsburgerdynastie und europäischen Herrscherhäusern beschäftigt oder mehr über Ferdinand und seine Vor- und Nachfahren wissen möchte, dem sei die Porträtgalerie wärmstens empfohlen. Mit der Innsbruck Card ist ein Besuch des Schlosses ebenso inkludiert wie die Anfahrt mit dem Sightseer, dem Innsbrucker Hop-On-Hop-Off-Bus.

Per Pedes Tirol lädt zum Jubiläum zu einer besonderen Kostümführung auf Schloss Ambras. Unter dem Titel „Vom langen Puff und reifen Pommeranzen“ entführt das Fürstenpaar die Besucher in das 16. Jahrhundert. Monika Frenzel von Per Pedes verspricht „einen vergnüglichen Spaziergang mit Ferdinand II. und Philippine im Historischen Garten: über das Hofleben, Belustigungen und die „Hofkuchelnotdurfft“ zur Zeit der Renaissance.“ Termine (vormerken!) für die Kostümführung sind 17./25. Juni und 8./24. August 2017, um jeweils 18.30 Uhr, für Gruppen auch auf Anfrage. (Tel. Anmeldung erbeten, Preis: € 15,00 p. P.).

Gegenwärtig lese ich viel zu selten Märchen. Höchste Zeit also, wieder in ein solches einzutauchen und die Spuren von Erzherzog Ferdinand II. in Innsbruck zu entdecken! Ich freu mich drauf!

Herzlichen Dank an Monika Frenzel für die vielen interessanten Informationen und die freundliche Bereitstellung von Bildern.

Links:

Schloss Ambras: Schlossstraße 20, Tel. +43 1 525 24 – 4802, info@schlossambras-innsbruck.at, schlossambras-innsbruck.at
Per Pedes Stadtführungen – Kulturvermittlung Dr. Monika Frenzel: Löfflerweg 36, Tel. +43 664 43 39 419, office@perpedes-tirol.at, perpedes-tirol.at
Hofkirche: Universitätsstraße 2, Tel. +43 512 59 489, info@tiroler-landesmuseen.at, tiroler-landesmuseen.at
Innsbruck Card: www.innsbruck.info

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