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Als Kind liebte ich es, auf dem Tisch unter dem „Herrgottswinkel“ zu hocken und die Weihnachtskrippe meines Großvaters zu betrachten. Wir Enkel stritten uns, wer am 24. Dezember das Jesuskind ins „Krippele“ stellen durfte und am 6. Jänner die Heiligen Drei Könige. Und ich wurde wehmütig, wenn mein Großvater begann, die Figuren und den Schmuck in Papier zu wickeln und alles zu verstauen bis zum nächsten Jahr.
Auch heute noch üben Krippen eine große Faszination auf mich aus, die selbst gebauten ganz besonders.
Spiegeln sie doch die Leidenschaft und die Hingabe des Erbauers. Daher freute es mich ungemein, als der Tyrolia Verlag mich beauftragte, in Kooperation mit den Krippenbauern Hansjörg Penz und Hans Knapp, der darüber hinaus auch noch Hintergrundmaler ist, ein Buch über den Bau von Weihnachtskrippen zu schreiben.

Das Tiroler Volkskunstmuseum besitzt eine wertvolle Sammlung historischer Krippen. Foto: TLM/G. Watzek

Das Tiroler Volkskunstmuseum besitzt eine wertvolle Sammlung historischer Krippen. Foto: TLM/G. Watzek

Krippen bauen

Unzählige Abende habe ich den beiden über die Schulter geschaut, die Schritte zur Herstellung einer orientalischen und einer heimatlichen Krippe minutiös notiert und fotografisch dokumentiert – schließlich „Weihnachtskrippen bauen. Mit ausführlicher Anleitung zum Hintergrundmalen“ niedergeschrieben. Im November ist das Buch erschienen.
Eine Krippe selber bauen kann jeder, der Interesse mitbringt, etwas handwerkliches Geschick und Geduld. Natürlich kann man nicht einfach loslegen. Es braucht die richtigen Materialien, das Werkzeug dazu und vor allem – man sollte wissen, welche Art von Krippe man bauen will. Zu den ersten Fragen, die sich ein angehender Krippenbauer stellen muss, gehört etwa: Heimatliche Krippe oder orientalische? Wo soll sie hingestellt oder gehängt werden?

Für heimatliche Krippen finden sich unzählige Vorlagen in der Realität. Foto: Tyrolia/Kary Wilhelm

Für heimatliche Krippen finden sich unzählige Vorlagen in der Realität. Foto: Tyrolia/Kary Wilhelm

Selber machen

Soll es eine Eckkrippe oder eine Tischkrippe werden? Es könnte auch eine Kasten-, eine Laternen- oder Wurzelkrippe sein. Die Möglichkeiten sind riesig, die Entscheidung kann durchaus schwer fallen. Ist sie gefallen, geht es an die Materialsammlung. Vieles erhält man in Fach- bzw. Bastelgeschäften (etwa bei „Malen Basteln Mangott“ am Innrain und Modellbau Sporer in der Kiebachgasse) und Baumärkten; vor Weihnachten findet man Figuren und Dekor aber auch in den Innsbrucker Einkaufszentren oder natürlich am Christkindlmarkt, am Flohmarkt und beim Trödler.
Wichtige Materialien kommen aus der Natur und sollten das Jahr über gesammelt werden, Wurzeln zum Beispiel, Rinden und Treibhölzer. Auch auf Baustellen wird ein Krippenbauer fündig: Reste von Hartstyropor oder Baukork eignen sich hervorragend für den Krippenbau. Denn Krippenbauer zeigen: Recycling und upcycling sind keine Erfindung der heutigen Zeit, Krippenbauer machen das immer schon. Nicht umsonst heißt es: Krippenbauer ist man das ganze Jahr.

Um eine Krippe zu bauen, braucht es Freude am Handwerklichen und Geduld. Foto: Tyrolia/Susanne Gurschler

Um eine Krippe zu bauen, braucht es Freude am Handwerklichen und Geduld. Foto: Tyrolia/Susanne Gurschler

Krippen schauen

Das Bauen ist eine sehr meditative, eine kontemplative Arbeit. Und ganz nebenbei kommt mit dem Interesse am Krippenbau auch das, sich mit der Geschichte des Krippenbaus, der Tradition und den verschiedenen Formen auseinanderzusetzen. In Innsbruck gibt es gerade in der Vorweihnachtszeit viele Möglichkeiten, sich Krippen anzuschauen, so etwa die wunderbare, mechanische Jaufenthaler-Krippe mit insgesamt 28 beweglichen Figuren. Sie steht bis einschließlich 6. Jänner am Innsbrucker Marktplatz (Aufführung von 16.00 bis 19.00 Uhr; eine Aufführung dauert 25 Minuten).
Ein Besuch der alljährlichen Krippenausstellung im Tiroler Volkskunstmuseum ist sowieso zu empfehlen – ob man nun eine Krippe bauen will oder nicht. Denn Tirol hat eine lange Tradition im Krippenbau, zahlreiche Künstler haben es zu internationaler Bekanntheit geschafft und die „Tiroler Krippe“ ist ein stehender Begriff im Krippenbau.

Bis zum 2. Februar kann man im Volkskunstmuseum „Krippelen schaugn“. Foto: TLM/ G. Watzek

Bis zum 2. Februar kann man im Volkskunstmuseum „Krippelen schaugn“. Foto: TLM/ G. Watzek

Große Kunst

Das Volkskunstmuseum zeigt 20 der schönsten Exemplare der Krippenkunst vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Die erste Weihnachtskrippe wurde in Innsbruck übrigens 1608 aufgestellt, und zwar in der Innsbrucker Jesuitenkirche. Sie markierte den Beginn eines bis heute ungebrochen lebendigen Krippenwesens in Tirol. Kunsthandwerker schnitzten Figuren, malten Hintergründe, fertigten Krippenberge. Und: Der Krippenbau fand Eingang in die Volkskunst. Der Tiroler Krippenverband ist auch heute noch der weitaus größte in Österreich.
Als Inspiration für die eigene Weihnachtskrippe sind die herrlichen Krippen im Volkskunstmuseum, die Krippenherberge in Wildermieming und die zahlreichen Krippenausstellungen in der Weihnachtszeit Goldes wert. Zur Tradition der Fastenkrippen hat Werner Kräutler einen Blogbeitrag gestaltet.
Auf den Geschmack gekommen? – Das wäre wunderbar. Oder hast du bereits eine gebaut?

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Susanne Gurschler, Hans Knapp, Hansjörg Penz: Weihnachtskrippen bauen. Mit ausführlicher Anleitung zum Hintergrundmalen. Tyrolia Verlag November 2016

 

 

 

Jaufenthaler-Krippe
Marktplatz /Christkindlmarkt
6020 Innsbruck
Bis 6. Jänner 2017
Aufführungen: 16.00 bis 19.00 Uhr

Kommt und schaut! Das Krippenerlebnis
Tiroler Volkskunstmuseum
Universitätsstraße 2
6020 Innsbruck
Tel. +43 512/594 89-510
volkskunstmuseum@tiroler-landesmuseen.at
Öffnungszeiten: Mo bis So, 9 bis 17 Uhr (25.12.2016, 1.1.2017 geschlossen)
Bis 2. Februar 2017

Alle Infos zur Bergweihnacht in Innsbruck und seinen Feriendörfern finden sich hier, zu den Advent-Packages hier.

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