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Wie einfach ist es heute: Wir zücken das Handy, und zack, ist ein Foto gemacht, ein kurzer Film gedreht – und zack, per Messengerdienst an Freunde, Verwandte und Bekannte weitergeschickt. Der Anlass ist meist banal, sei es eine kurze Information, wo wir gerade sind, oder was wir gerade machen.

In der Zeit vor Handys und sozialen Medien wurde nicht beliebig geknipst, sondern meist nur zu besonderen Anlässen: im Urlaub, bei Familienfeiern und ähnlichem. Noch Mitte des 20. Jahrhunderts besaßen nur wenige Menschen eine Kamera; man ging ins Fotostudio, um wichtige Ereignisse festhalten zu lassen.

Wie früher

In diese Zeit entführt uns die Ausstellung „Bitte lächeln!“ im Innsbrucker Stadtmuseum. Anhand des Archivs von Michael „Much“ Heiss und seiner Tochter Margarethe „Margit“ zeichnet sie die Geschichte der Tiroler Fotografie nach, gibt Einblicke in die Veränderung des Mediums, in die Stadtentwicklung und lässt Geschichte lebendig werden. „Bitte lächeln!“ ist eine Zeitreise in die Vergangenheit – ein großes Familienalbum zum Staunen und Entdecken.

Vater und Tochter

Michael „Much“ Heiss, ein Pionier der Landschaftsfotografie in der Zwischenkriegszeit, gründete den Alpinen Kunstverlag und hielt mit seiner Plattenkamera Tiroler Landschaften und historische Ereignisse fest, die um die Welt gingen. Tochter Margarethe „Margit“ Heiss eröffnete nach dem Zweiten Weltkrieg ein Porträtstudio in der Innsbrucker Leopoldstraße und schuf unzählige Porträts, die das Alltagsleben der Innsbrucker festhielten.

Die in zwei Teile gegliederte Ausstellung bietet die Möglichkeit, in diese beiden Perspektiven einzutauchen – nicht wenige der Fotografien regen zum Schmunzeln an, zeigen erstaunliche Details und schärfen den Blick für die Fotografie von damals.

Umfangreiches Archiv

Die Negative aus dem Bestand von „Foto Margit“ sind sorgfältig in 100er-Päckchen sortiert, mit rund 25.000 erhalten gebliebenen Bildern. Nur wenige davon haben Schäden erlitten, während viele der Glasplatten aus dem Bestand von Much Heiss leider Beschädigungen aufweisen.

Gleich zu Beginn der Ausstellung gibt es einen kleinen Einblick in die Archivierung der Unterlagen, an der Wand links des Eingangs eine Serie von Postkarten unterschiedlicher Landschaften. Kurios aus heutiger Sicht, damals aber ein Renner: die Serie „Gämseneier“, in der Gämsen aus Eiern schlüpfen.

Chronist und Landschaftsfotograf

Heiss agierte in der Zwischenkriegszeit auch als Dokumentarist, indem er größere und kleinere Ereignisse festhielt. So etwa das Skispringen am Bergisel. Wenn man bedenkt, dass die Springer mit fast 100 km/h vorbeiflogen und Heiss eine schwere Plattenkamera zu bedienen hatte, wird einem erst richtig bewusst, welche Meisterleistung er als „Action-Fotograf“ hinlegte. Warum der Springer auf dem Foto nur einen Ski trägt, konnten die Ausstellungsmacher nicht herausfinden.

Blick in die Stadtgeschichte

Besonders vertiefen kann man sich auch in das „Mühlauer Villenpanorama“, das Much Heiss im Juni 1906 vom höchsten Gebäude im Stadtteil Saggen aus dokumentierte. Die alte Hungerburgbahn war bereits in Betrieb. Ausführliche Bildunterschriften helfen beim Entdecken. Erkennbar sind unter anderem die Umrisse des jüdischen Friedhofs, das Gasthaus Dollinger, dahinter das Badhaus, das Sanatorium der Barmherzigen Schwestern, Mühlauer Friedhof (der immer einen Besuch wert ist, siehe meinen Blogbeitrag hier) … Herrlich, in damalige Ansichten von Mühlau einzutauchen – und sich die Veränderungen vor Augen zu führen!

Im Studio


Nicht minder interessant ist die Ausstattung des Studios von Margit Oberhaidinger, wie Margit Heiss verheiratet hieß. Es entsprach den Anforderungen an ein Fotostudio, das für diverse Anlässe die richtigen Hintergründe, Möbel, Requisiten und Accessoires bereitstellte. Hier konnten Gruppenfotos ebenso gemacht werden wie Hochzeitsbilder oder Porträts.

NS-Zeit


Bevor es in die Porträtgalerie im zweiten Raum der Ausstellung geht, wird auf die politische Haltung von Much Heiss in der NS-Zeit verwiesen. So zeigt ein Bild aus dem März 1938 die 21-jährige Margit in Festtagskleidung, im Hintergrund eine Hakenkreuzfahne – aufgenommen von Much Heiss. Auf einem seiner letzten Bilder posierte er mit NSDAP-Parteiabzeichen – er starb überraschend 1940. Da Tochter Margit noch nicht das gesetzliche Mindestalter erreicht hatte, musste sie auf eine Ausnahmegenehmigung warten, bis sie das Gewerbe ihres Vaters übernehmen konnte.

Bitte lächeln!

Im zweiten Abschnitt der Ausstellung findet sich die Porträtgalerie. Sie ist wie eine Schatulle voller unterschiedlicher Fotografien, ein Ort des Entdeckens und Betrachtens. Mit Ruhe die Gesichter, die Moden, die Frisuren, die „Styles“ zu studieren – ein echter Spaß, der einen immer wieder zum Schmunzeln, wenn nicht zum Lachen anregt.

Etwa wenn ein robuster Mann in Unterhosen stolz seine Tätowierungen an den Oberschenkeln präsentiert. Oder sich eine Dame divenhaft der Kamera zuwendet. Oder wenn einer von zwei Burschen auf dem Foto dreinschaut, als hätte man ihm gerade die Schokolade aus der Hand gerissen, während der andere sein nettestes Lächeln zeigt.

Besonders bei den Familienfotografien sind es oft die kleinen Details, die viel über die Verhältnisse innerhalb der Familie erzählen.

Eine schier unerschöpfliche Galerie für Entdeckeraugen! Und wer weiß, vielleicht ist das eine oder andere Gesicht dabei, das einem bekannt vorkommt.

„Bitte lächeln! Foto Margit und Much Heiss”

Ausstellung im Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck bis 18. April 2025

Badgasse 2, 6020 Innsbruck

Tel.: +43 512 5360 1400; E-Mail: [email protected]

www.innsbruck.gv.at/stadtmuseum

Öffnungszeiten: Mo – Fr, 9 – 17 Uhr; Samstagöffnungen: 15. Februar, 15. März, 12. April 10 –18 Uhr

Kuratorenführungen am 25. Februar, 25. März, jeweils um 18:30 Uhr; Gruppenführungen auf Anfrage

Fotos, wenn nicht anders angegeben: © Susanne Gurschler

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