Ein unscheinbares Ausstellungsstück im Maximilianeum, dem Museums im Goldenen Dachl, ist eigentlich ein metallener Hilferuf. Ein Siegeldose, die der zweiten Gattin Kaiser Maximilians I. gehörte, liegt einträchtig neben dem Siegel des Kaisers. Die museale Eintracht trügt gewaltig. Denn Maximilian wurde seiner Frau Bianca Maria Sforza schon kurz nach der Hochzeit überdrüssig. Worauf diese zur ‚vergessenen‘ Kaiserin wurde.
Wer war eigentlich Bianca Maria Sforzä Ich kannte sie nur aus der Darstellung am Goldenen Dachl. Und ich wusste, dass sie die Tochter einer unermesslich reichen oberitalienischen Fürstenfamilie war. Aber weshalb wird sie die ‚vergessene Kaiserin‘ genannt?
Maximilian mit seinen beiden Frauen. Bild: W.Kräutler
Wir alle kennen das Hauptrelief am Goldenen Dachl. Dessen hölzerne Nachbildung im Maximilianeum, dem Museum im Goldenen Dachl zeigt Maximilian mit zwei Frauen. Die Frau ganz rechts war seine große Liebe, Maria von Burgund. Sie wird auf der Relieftafel mit ihrem Wappen abgebildet was soviel heißt, als dass sie zum Zeitpunkt der Erstellung des Reliefs bereits tot war. Und neben ihr, das ist Bianca Maria Sforza, seine zweite Frau. Ein Hinweis darauf, dass Maximilian seiner zweiten Frau noch zu Lebzeiten bedeuten wollte, welche Frau er wirklich liebte.
Die Heirat mit Maria von Burgund war für Maximilian überhaupt ein Glücksfall. Einerseits wurde er damit zum Herzog von Burgund, dem prächtigsten Königreich im Europa Ende des 14. Jahrhunderts. Die Städte Burgunds wie Gent, Brügge, Ypern und Löwen machten den jeweiligen Herrscher von Burgund denn auch zum reichsten Herrscher in Europa. Und das kam ihm sehr zupass. Maximilian liebte es nämlich über alles, mit großem Gefolge und noch größerem Gepränge durch sein Reich zu ziehen. Die enormen Kosten seiner Hofhaltung erforderten enorme Geldmittel. Deshalb musste die Heirat mit Maria von Burgund für Maximilian denn auch wie ein warmer, monetärer Sommerregen gewesen sein. Dazu kam noch, dass er größten Gefallen an Maria fand und aus dieser ursprünglich strategischen Heirat eine Liebesheirat wurde. Auch deshalb verewigte Maximilian seine damals bereits tote Frau am Goldenen Dachl. Maria starb 25jährig im Jahre 1482 nach einem Sturz von ihrem Pferd.
Bianca Maria Sforza, Gemälde von Ambrogio de Predis, um 1493. Bild: Wikipedia
Maximilian auf Brautschau: Geld musste sie haben
Maximilian, allzeit in Geldnöten, musste sich also wieder nach einer reichen Frau umschauen. Er fand sie in Oberitalien in der Person von Bianca Maria Sforza, der Tochter des Herzogs von Mailand. Sie wuchs allerdings am Hofe ihres Onkels Ludovico Sforza auf, nachdem ihre Eltern (vermutlich von Ludovico) ermordet worden waren. Und Ludovico war reich, sehr reich sogar. Um sie an den Mann zu bringen setzte er für Bianca Maria eine Mitgift von 400.000 Dukaten in bar und weiteren 40.000 Dukaten in Juwelen aus. Da musste der finanziell stets blanke Maximilian ganz einfach zugreifen. Das ließ ihn auch verschmerzen, dass es sich um eine nicht standesgemäße Verbindung handelte. Bianca Maria Sforza wurde also zu seiner Frau und ab der Trauung in Hall im Jahre 1494 Königin. Ludovico erhielt im Gegenzug den Herzogstitel von Mailand.
Schon kurz nach der Hochzeit beklagte sich Maximilian über den ‚mittelmäßigen Verstand‘ Bianca Marias. Dass sie ihm trotz mehrmaliger Schwangerschaften keinen Erben schenken konnte tat ein Übriges. Um 1500 war bei Maximilian dann Schluss mit lustig. Nicht zuletzt auch deshalb, weil Ludovico Sforza 1499 das Herzogtum Mailand an Frankreich verlor und als sein Financier ausfiel.
Unglaublich für unsere Ohren sind Berichte, wonach Maximilian seine Frau ‚als Pfand‘ hinterließ, wenn er Schulden nicht bezahlen konnten. Fakt dürfte sein, dass sich Bianca Maria Sforza diese Kalamitäten selbst eingehandelt hatte und wegen ihrer eigenen Schulden als Pfand diente. Wobei festzuhalten bleibt, dass Maximilian seine Frau finanziell nur allzuoft hängen ließ. Er selbst musste bisweilen sein Tafelsilber versetzen um Schulden bezahlen zu können.
Das Ende vom Lied: Sie fehlte bei der Proklamation zum Kaiser, er bei ihrer Beerdigung
Wie sehr sich die beiden voneinander entfernt hatten erkennt man daran, dass Bianca Maria selbst bei der Proklamation Maximilians zum „Erwählten Kaiser“ am 4. Februar 1508 in Trient fehlte. Als die Kaiserin am 31. Dezember 1510 in Innsbruck starb, weilte Maximilian in der Schweiz. Er nahm nicht an ihrem Begräbnis teil und war auch nicht bereit, ihr einen Grabstein zu widmen. Bianca Maria Sforza fand in der Fürstengruft des Zisterzienserstiftes in Stams ihre letzte Ruhestätte.
Ihr Leben verlief zwar in getrennten Bahnen, aber im Maximilianeum, dem Museum des Goldenen Dachl sind sie wieder vereint: Die Siegeldose Bianca Maria Sforzas und die Siegel Maximilians I. liegen in derselben Vitrine. Immerhin etwas.
-
-
Die Siegeldose Bianca Sforzas. Bild: W.Kräutler
-
-
Ein Wachssiegel Maximilians Bild: W.Kräutler
-
-
Das Prägesiegel Maximilians Bild: W.Kräutler
Weiterführende Literatur zu Bianca Maria Sforza:
Sabine Weiss: Die vergessene Kaiserin. Bianca Maria Sforza – Kaiser Maximilians zweite Gemahlin. Tyrolia, 2010. Sabine Weiss prägte auch den Ausdruck der ‚vergessenen Kaiserin‘.
Daniela Unterholzner: Bianca Maria Sforza, Herrschaftliche Handlungsspielräume einer Königin vor dem Hintergrund von Hof, Familie und Dynastie. Dissertation an der Uni Innsbruck, 2015. Das Werk ist hier frei verfügbar.