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Mir ist kürzlich eine Geschichte ‚über den Weg gelaufen‘, die man nicht erfinden kann. Der Plot in Kurzform: Ein japanischer Druckereiunternehmer sieht vor Jahren in einer populären TV-Show in Japan einen Bericht über Krampusläufe in Österreich. Woraufhin er beschließt, diesen Brauch zu importieren und ein Projekt zu starten, das er ‚Krampus Japan‘ nennt. Das Ergebnis: Seit drei Jahren erfreuen japanische Krampusse mit originalen Tiroler Larven in der Vorweihnachtszeit zehntausende Bewohner Tokios.

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Die japanische Website www.krampus-japan.com

Larven aus Ellbögen

Zu seinen japanischen Kunden sei er eigentlich wie die Jungfrau zum Kind gekommen, erzählt mir Norbert Danler bei einem meiner Besuche in seiner Schnitzstube im Ellbögener Ortsteil Mühltal. Auf der Rückreise von der Alm schaue ich ab und an bei ihm vorbei, dem bekannten Larvenschnitzer in Ellbögen. Ich hatte Danler ja auch in meinem Buch „50 Dinge, die ein Tiroler getan haben muss“ porträtiert. Nun wollte ich aber von ihm ganz genau wissen was es auf sich hat mit der Geschichte des ‚Larvenexportes nach Japan’.

Begonnen, sagt er, hatte alles mit einem Telefonat der bekannten Tiroler Volkskundlerin Dr. Petra Streng. Da gebe es japanische Interessenten, die Krampusmasken haben wollen, erzählte sie Danler zu dessen großen Erstaunen. Und die japanischen Interessenten wollten ihn gleich einmal besuchen um die Masken vor Ort zu sehen. Er soll sich parat halten.

Japaner machen Nägel mit Köpfen

Schon bald darauf tauchte vor drei Jahren ein Herr Hiroshi Yoshida in Begleitung von Petra Streng und eines Dolmetschers bei Norbert Danler auf um Larven zu begutachten und auch gleich zu erwerben. Der 50-jährige Unternehmer war für drei Tage eigens aus Tokio angereist um gleich einmal ‚Nägel mit Köpfen‘ zu machen. Der japanische Unternehmer war denn auch bald mit Norbert Danler handelseins: Er bestellte Larven, Ketten, Felle, Ruten und Schellen und erzählte freudig, dass sie gleich einmal im Rahmen des „Krampus-Japan-Projektes“ zum Einsatz kämen.

Aber wie kommt denn eine Tiroler Volkskundlerin überhaupt zu einem japanischen Krampus-Fan, wollte ich von Petra wissen. Sie sei von einer ihrer Schülerinnen am WIFI empfohlen worden, wo sie Fremdenführer unterrichtet, einer Japanerin. Dann sei alles ruck-zuck gegangen. Herr Yoshida wollte auf einer Kurzvisite jene Schnitzer auswählen, die die Masken für sein Krampus-Japan-Projekt fertigen sollten.

 Krampus, Nikolaus und zwei Engel

„Wer nun glaubt, die Japaner würden das Tiroler Brauchtum abwandeln und eine japanische Variante entwickeln, täuscht sich gewaltig“, erzählt mir Petra Streng. Herr Yoshida habe sich penibel an die Vorgaben gehalten, die sie ihm aufgetragen habe: Die Krampusse sind nur in Begleitung eines Nikolaus und zweier Engel unterwegs. „Da gibt’s sogar eine Lehr-DVD, in der Herr Yoshida das Verhalten penibel erklärt“, lacht Streng. Also irgendwie sogar originaler als die modernen Tiroler Krampusläufe? „Ja sicher“, sagt die Volkskundlerin.

In Tirol hat sich das Nikolaus- und Krampusbrauchtum in den 70er Jahren verändert. Krampusse als Begleiter des Heiligen haben sich verselbstständigt – sie sind nunmehr weniger Begleiter (auch aus pädagogischen Gründen), sondern haben ihr eigenes Brauchtum entwickelt. „Und in den vergangenen Jahren ist wieder ein starker Trend zum alten Brauchtum festzustellen“, erklärt Streng. „Weil sie jetzt aber nicht mehr mit dem Nikolaus unterwegs sind hat sich eine neue Form dieses Brauchtums entwickelt, eben die Krampusläufe ohne den kinderliebenden Bischof“.

Krampus Japan: vermutlich originaler als das Original

In Tokio hingegen überlebt quasi das originale alte Tiroler Brauchtum? So schaut’s aus. Petra Streng lobt denn auch die Genauigkeit des japanischen Krampus-Projektes in höchsten Tönen. „Sie halten sich penibel an meine Vorgaben und damit an das originale Brauchtum in Tirol.“ Es ist bekanntermaßen eine japanische Eigenart, importierte Ideen meist exakter und genauer auszuführen als das Original. Also auch auf diesem Sektor.

Krampus Japan

Und so wird auf der Website von Krampus-Japan Werbung für die Auftritte gemacht. Screen-Shot Krampus Japan

Weshalb Norbert Danler die Krampusse und der Osttiroler Christian Pramstaller die Perchtn für Japan schnitzen und früher gefertigte Masken weitergeben? „Weil beide einfach gut sind“, sagt Petra Streng. Angetan hat es ihr vor allem die „eigene Linie“ Danlers bei den Krampuslarven. „Sein Mix verschiedener Ausdrucksformen und natürlich die exzellente handwerkliche Qualität der Larven waren ausschlaggebend dafür, dass ich ihn empfohlen hatte“.  Und: „Traditionen leben nur dann weiter, wenn man auch Veränderungen zulässt.“ Und das tut Danler im Aussehen seiner Masken.

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Japaner lieben Masken

Nun muss man wissen, dass die Japaner große Maskenfreunde sind. Der Erfolg des Krampus-Japan-Projektes ist sicher mit dieser Beliebtheit zu erklären. Denn das volkstümliche japanische Theater arbeitet mit Masken, wozu auch gehörnte Teufelsmasken gehören. Dass nun auch Tiroler Krampuslarven in Tokio auftreten, macht die ganze Sache spannend und quasi interkulturell.

Meine Tipps für Krampusfreunde:

Norbert Danler werkt in seinem Tuifl-Atelier in Ellbögen-Mühltal. Ich empfehle Interessenten, einen Termin mit ihm zu vereinbaren. Seine Adresse findet ihr HIER.

In der Region Innsbruck treiben es die Gehörnten Anfang Dezember bunt. Auch der Heilige Nikolaus ist viel unterwegs. Meine Kollegin Tamara Kainz hat dazu einen tollen Blogbeitrag verfasst.

Die Termine für Krampuslauf und Nikoloeinzig in Innsbruck und seinen Feriendörfern sind HIER zu finden.

 

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