Ich bin viel in den Bergen unterwegs. Einen Notfall habe ich zum Glück noch nie erleben müssen. Es ist aber beruhigend zu wissen, dass die Innsbrucker Bergrettung gegebenenfalls rund um die Uhr einsatzbereit wäre. Dabei ist Erste Hilfe im alpinen Gelände zwar immer noch die Kernkompetenz der 55 Aktiven, trotzdem aber nur ein Teil dessen, was die Frauen und Männer ehrenamtlich leisten.
Da, wo andere Einsatzorganisationen nicht mehr hinkommen, braucht es die Bergrettung. So weit war auch mir das klar. Doch obwohl Bergfex habe ich ein wenig unterschätzt, wie breit gefächert das Aufgabenspektrum des Vereins ist und wo sich die Idealisten überall verdient machen. Als ich mich mit Mag. Ing. Bruno Berloffa, dem Ortsstellenleiter der Bergrettung Innsbruck und zugleich dem Landesleiter Stellvertreter der Bergrettung Tirol treffe, werde ich eines Besseren belehrt.
Aber zuerst noch ein paar Zahlen und Fakten, damit auch du die Eckdaten der so wichtigen Einrichtung Bergrettung kennst. Übrigens bitte nicht zu verwechseln mit der Bergwacht, die nimmt in Österreich einen gesetzlichen Auftrag als „Wächter der Natur“ – zu diesem Thema gibt es ebenfalls einen Blogbeitrag von mir – wahr.
Beeindruckende Zahlen
Bei der Bergrettung engagieren sich tirolweit über 4.461 Mitglieder in 92 Ortsstellen. Pro Jahr werden im Zeichen des grünen Kreuzes mit dem Edelweiss in der Mitte über 2.000 Einsätze absolviert. Die Ortsstelle von der ich hier berichte, heißt zwar Innsbruck, ihr Einsatzgebiet reicht aber weit über die Stadtgrenzen hinaus. Berloffa und sein Team „servicieren“, wie er es nennt, noch 15 (!) weitere Gemeinden im Umkreis der Landeshauptstadt. Da gibt es allerhand zu tun, immerhin sind an schönen Tagen tausende Menschen in den Bergen unterwegs.
Von den Innsbruckern wurden im vergangenen Jahr 120 rein alpine Bergrettungseinsätze gemeistert. Da sind Ambulanz- und ähnliche Dienste nicht inkludiert. Sommer wie Winter, bei Tag und Nacht, bei jeder noch so widrigen Witterung.
Action fordert Tribut
Das war bisheriger Rekord. Der rührt aber nicht daher, dass Gäste und Einheimische leichtsinniger denn je unterwegs wären, vielmehr verlagern sich die sportlichen Interessen zusehends. Action, Adrenalin und Fun stehen insbesondere bei jungen Sportlern immer öfter ganz oben auf der To-do-Liste.
Da werden beispielsweise ständig neue Klettersteige gebaut und aktuell vor allem mehr und mehr Mountainbike-Routen und Singletrails ausgewiesen. „Damit steigt natürlich auch die Zahl der verunfallten Biker“, nennt der Bergrettungs-Chef das Feld, auf dem es immer mehr zu tun gibt und wo auch die Verletzungen in der Regel unverhältnismäßig schwerer sind.
Kernkompetenz: Bergnot
Aber auch für in Bergnot geratene Menschen rücken die Retter natürlich nach wie vor alle paar Tage aus. Lassen (in der Arbeit) alles stehen und liegen und machen sich auf. Je nach Erfordernis in kleineren oder größeren Gruppen.
Die Alarmierung erfolgt bei verstauchten Gliedmaßen, Erschöpfung oder Schlimmerem wie Abstürzen. Aber natürlich auch, wenn sich jemand verirrt hat oder nicht mehr vor und zurück kommt, es vielleicht sogar noch dunkel wird, oder wenn ein Wetterumschwung überrascht.
In solchen Situationen wäre die kostenlose Notfall-App der Tiroler Bergrettung sehr nützlich. Sie ermöglicht es den Rettern – wenn ausgelöst – Verunglückte viel rascher zu lokalisieren und zu finden. Im Gegensatz zu vermeintlichen Lichtzeichen, die leider sehr oft falsch gedeutet werden. Speziell von aufmerksamen Bürgern im Tal …
Problematik Weidevieh
Vor dem Hintergrund der Problematik Hund – Kuh auf Almen war für die Ortsstelle Innsbruck nebenbei bemerkt noch nie ein Ausrücken notwendig.
Bruno rät jedenfalls, ob mit oder ohne Vierbeiner, einen großen Bogen um jegliches Weidevieh zu machen. Das wäre am einfachsten und am sichersten, sagt er. Nachsatz: Das da oben ist nun mal kein Streichelzoo. Weitere Verhaltensregeln findest du hier.
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Intensive Ausbildung
Aber zurück zur Bergrettung. Die wird freilich auch wenn Seilbahnen streiken oder im Falle von Lawinenabgängen gerufen. Gerade bei Lawinen werden die Suchtrupps meist durch Lawinenhundestaffeln verstärkt, die eigens für solche Einsätze trainiert sind. Und wie lange trainiert der Mensch, um Leben retten zu können – oder soll ich schreiben zu „dürfen“? Dürfen trifft es wohl besser, denn bei weitem nicht jeder ist körperlich und geistig fit genug, der Organisation beizutreten.
„Viele glauben, wir bilden sie zum Alpinisten aus. In Wahrheit aber, muss man schon von Haus aus ein guter Allround-Alpinist sein, um als Bergretter überhaupt in Frage zu kommen“, spricht der 46-jährige Ortsstellenleiter von anspruchsvollen Aufnahmekriterien.
Die Anwärter durchlaufen trotzdem noch monatelange Ausbildungsphasen. In Theorie und Praxis, am Gletscher und in der Kletterwand. Und sie werden parallel dazu medizinisch intensiv geschult. Damit sie auch wirklich ganzheitlich für den Ernstfall gerüstet sind. Später wird das Wissen durch laufende Fortbildungen und Übungen regelmäßig aufgefrischt.
Und als hätte das Team mit all dem oben Aufgezählten nicht schon genug um die roten Jacken, gesellen sich noch viele, zur alpinen Kompetenz „artverwandte“ Aufgaben dazu.
Spezialaufträge en masse
Dazu zählen Sicherungsmaßnahmen bei Dreharbeiten, die Mithilfe bei der Bekämpfung von Waldbränden, Pistendienste, das Erstellen von Bergekonzepten für Bauvorhaben wie dem Brennerbasistunnel, Sicherheitsdienste auf der Bobbahn in Igls, Sucheinsätze von abgängigen Personen sowie etliche Einsätze bei fast jedem sportlichen Event vom Tal bis hinauf zu den höchsten Gipfeln – Stichwort Crankworx. Die Bergrettung braucht es weit öfter, als man denkt. Und in allen Bereichen ist Tragisches genauso vertreten wie große Erfolgserlebnisse.
Ich möchte bei dieser Gelegenheit noch einmal hervor streichen: Alle Damen und Herren der Bergrettung sind ehrenamtlich engagiert. Sie opfern ihre Freizeit, um uns im Notfall zu bergen und vielleicht gar das Leben zu retten, oder eben auch oben genannte „Jobs“ erledigen zu können. Keiner bekommt auch nur einen Cent, sogar die Ausrüstung kauft sich jeder selbst. Da verstehe ich, dass es dann weh tut, wenn nicht einmal „Dankeschön“ drinnen ist. Das kommt leider öfters vor. Dabei ist Anerkennung der schönste Lohn für diesen gelebten Idealismus.
Check deine Versicherung
Dazu muss erwähnt werden, dass du im Falle des Falles sehr wohl eine Rechnung für eine Bergung erhalten würdest. Es handelt sich dabei um eine Aufwandsentschädigung für Fahrzeuge, Material, Ausbildungen etc. Diese Kosten werden normalerweise von jeder guten Sport- oder Freizeitversicherung übernommen. Ein Doppelcheck vor dem Aktivurlaub ist natürlich unbedingt ratsam.
Und ansonsten kannst du immer noch förderndes Mitglied der Bergrettung werden – für nur 24 Euro im Jahr bist du voll abgesichert und unterstützt noch dazu eine sinnvolle Einrichtung.
Keine Sportstadt ohne Bergrettung
Die Bergrettung stellt sich jeglichen Herausforderungen, geht mit der Zeit und passt sich an. Und hat damit über all die Jahrzehnte sicher maßgeblich dazu beigetragen, den Namen Innsbruck so positiv als alpine Hauptstadt, als Sportstadt Nummer Eins in den Alpen zu positionieren. Dankeschön! Dankeschön dafür, dass das Nutzen der tollen Infrastruktur in den Bergen dank euch mit einem beruhigenden Gefühl verbunden ist. Das Wort „Held“ will Bruno in diesem Zusammenhang trotzdem nicht hören.
Sie seien allesamt motivierte Idealisten, sagt er mit dennoch spürbarem Stolz auf seine Mannschaft. Zu Recht! Da sind die neuen Räumlichkeiten, die die Stadt derzeit gerade beim neuen Kletterzentrum Innsbruck zur Verfügung stellt, hoch verdient.
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Gerne draußen, "dahoam" am liebsten oben auf den Bergen. Vielseitig interessierter Schreiberling mit einem Faible für besondere Menschen und deren Geschichten, Sport und Natur.
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