Odor-Ferdinandeum-Ausstellung-14

Ausstellungseröffnung

Vergangenen Freitag, 28. April, lud das Ferdinandeum zur Eröffnung der neuen Ausstellung „Odor. Immaterielle Skulpturen“. So weit nicht ungewöhnlich, wäre da nicht die Werbeanzeige auf Facebook gewesen, die unter anderem einen „Rave im Museum“ in Kooperation mit dem Tante eMma Club versprach. Rave im Museum? In Innsbruck? Endlich! Was in anderen Städten schon lange gang und gäbe ist, nämlich Kunst und elektronische Musik verstärkt zu vereinen, gibt es nun auch in Innsbruck. 

Eine solche Zusammenarbeit lockt ein durchmischtes Publikum ins Museum. Museumsgänger, neugierig gewordene TT-Leser, junge Künstler und die typische Bogen-Meute, die man sonst erst zu späterer Stunde antrifft. So finden sich Uni-Professoren neben Studierenden und glänzende Lederjacken neben Goretex-Shells ein, um gemeinsam die neun Ausstellungsräume zu erkunden, in denen es vorwiegend um eins geht: Gerüche. 

Immer der Nase nach

Zuerst ein Drink an der Bar, dann ab in die Schlange im oberen Stockwerk. Der Andrang am kostenlosen Eröffnungsabend ist groß, und es werden stets nur Kleingruppen hereingelassen. Doch das Warten zahlt sich aus, auch wenn das nicht jedem auf den ersten Blick klar sein dürfte. Denn sehen tut man erst mal sehr wenig. Die Beschriftungen der immateriellen, also meist doch eher unsichtbaren Skulpturen, sind zwar spärlich vorhanden – das gemeinsame Rätseln, ob und was man nun genau riecht, macht aber viel Spaß. Per QR-Code kann man sich die Hintergrundinfos zu den Werken aufs Handy holen – was ich an dieser Stelle nur wärmstens empfehlen kann. Dann würde man wohl nicht, wie alle Besucher, die ich beobachten konnte, an den seltsamen Löchern im knöchelhohen Kasten schnuppern. Sondern gleich lernen, dass die Künstlerin diese zum Entlüften eventueller Darmwinde vorgesehen hat. Wohl ein Glück, dass die meisten Museumsgänger nicht vorbereitet hier eintreffen! 

Entschuldigen Sie, wonach riecht es hier?

Auch ein Glück ist es, wenn man irgendwie das Gefühl hat, falsch abgebogen zu sein, und einem dann der Kurator der Ausstellung, Florian Waldvogel, über den Weg läuft. Er hat die Ausstellung gemeinsam mit Thomas Thiel, dem Direktor des Museums für Gegenwartskunst in Siegen, entwickelt.

Die Berufung zum Kurator (und Leiter der modernen Sammlung) sieht man ihm übrigens bereits aus der Ferne an, vielleicht sind es aber auch die hilfreichen Erklärungen, wo wir nun wieder zurück zum eigentlichen Verlauf der Ausstellung kommen. Ganz falsch sind wir aber nicht abgebogen, die offene Tür zur Dauerausstellung war Absicht und nimmt Bezug auf den Raum, in dem es nach Pocken riecht.

Einmal ums Eck befindet sich nämlich Albin Egger-Lienz sein Monstergemälde „Das Kreuz“, welches den Pater Haspinger zeigt, der die aufständischen Bauern gegen Napoleon anführt. Und jetzt ist geschichtliches Vorwissen gefragt! Denn der Zusammenhang wird erst klar, wenn man weiß, wie rebellisch die Tiroler gegen die Pockenimpfung gekämpft haben. Bayern hingegen war das erste Land der Welt, dass die (effektive) Urform der Pockenimpfung einführte. „Und wie riechen Pocken dann?“, frage ich Herrn Waldvogel etwas verwirrt. „Sie riechen gar nicht“, erklärt er schmunzelnd. Zurück zum Anfang also und weiter im Dschungel der Gerüche, die in den weiteren Räumen durchaus intensiver werden als bisher. 

Allzu viel möchte ich an dieser Stelle von der Ausstellung aber nicht vorwegnehmen. Nicht alles riecht gut, manches ist etwas unbequem. Aber gehen wir nicht gerne ins Museum, um diese Unbequemlichkeit zu erleben in einer Welt, die von Komfortzonen, Soulfoods und Feelgood-Playlists geprägt ist?

Rave im Museum

Während in manchen Städten die Leute sofort mit dem Tanzen loslegen, dauert es bei uns immer ein wenig, bis die Menge in Fahrt kommt. Macht nichts, so lange steht man eben rum, holt sich noch ein Getränk und kommt mit interessanten Leuten ins Gespräch. 

Und dann passiert es! Die breiten Gänge des Museums sind von Musik und tanzenden Menschen erfüllt. Hinter dem Deck steht Martin Ridler persönlich, Klubbetreiber und DJ. In seinem Laden, dem Tante eMma Club, wird später die Afterparty fortgesetzt werden. Da soll nochmal wer sagen, es wäre langweilig, ins Museum zu gehen!

Weitere Infos

Die Ausstellung ist noch bis 8. Oktober 2023 im Ferdinandeum zu sehen. Am 25. Juni, am 19. Juli und am 17. September 2023 findet jeweils eine Führung mit dem Kurator Florian Waldvogel statt. 

Ferdinandeum 
www.tiroler-landesmuseen.at
Ausstellung: Odor. Immaterielle Skulpturen
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 10 bis 18 Uhr
Adresse: Museumsstraße 15, Innsbruck

Alle Fotos: © Lea Hajner

Ähnliche Artikel