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Kristina Erhard
13. März 2016
Originalsprache des Artikels: Deutsch

Manch einer würde den Tiroler Dialekt zur Gänze verunglimpfen, als wäre dieser Dialekt absichtlich entstanden – nämlich nur, um unsere deutschen Mitbürger zu nerven. Norddeutsche Freunde der Autorin reisten einst vor vielen Jahren nach einem gemeinsamen Fußball-Abend wieder ab, da sie das liebevolle Dialekt-Geplänkel als laut gebrülltes Streitgespräch missverstanden. Doch diese Zeiten sind vorbei, man bemüht sich um Aufklärung, um eine freundschaftliche Form der sprachlichen Umgangs. Oder eben um einen gewaltigen Marketing-Coup, der den Tiroler Dialekt tatsächlich als charmant verkauft.

Räumen wir nun mal mit Fehler Nummer Eins auf: es gibt keinen Tiroler Dialekt, sondern Tiroler DialektE, die sich so unterscheiden wie das Hamburger Fischbrötchen von der Münchner Leberkas-Semmel – sowohl im Aussehen als auch im Geschmack. Natürlich im übertragenen Sinne. Dann fangen wir mal mit der „Light-Version“ an, dem hochdeutschesten des Tirolerischen: dem Innsbrucker Dialekt. Mehr dazu gleich…

Räumen wir zuvor nun mit Fehler Nummer Zwei auf: es gibt keinen Innsbrucker Dialekt, sondern Innsbrucker DialektE, die sich so unterscheiden wie das Frühstückskipferl vom Bamberger Hörnchen. Wobei es bei diesem Gebäck egal ist ob deutschen oder österreichischen Ursprungs, es kam eh alles ursprünglich mal aus der Türkei. Und da wären wir am Punkt angelangt: der Innsbrucker Dialekt ist eine Mischung verschiedener Herkunftsregionen und –länder und kann tatsächlich sehr charmant sein.

Tschurtschn, die. – Dialektwort für Fichtenzapfen (das sind die Dinger, die auf den Nadelbäumen wachsen, gelegentlich auch Tannenzapfen – falls vorhanden auch am Christbaum), allerdings wird gelegentlich auch eine – sagen wir mal – leicht belämmerte/bekloppte/dümmliche oder „was weiß denn ich was“ Frau in Innsbruck und Umgebung als „Tschurtschn“ bezeichnet. Wortstamm ist und bleibt aber definitiv der Zapfen eines Nadelbaums. Alles andere ist sowieso meist nicht gerechtfertigt und eine Erfindung des Innsbrucker Mannes.

Haxn, der. – Dialektwort für Bein. Im Wortstamm männlich, wird aber gern bewundernd für die Beschreibung weiblicher Beine verwendet, üblicherweise im Naturraum rund um Innsbruck.

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Tschick, die. – Dialektwort für Zigarette. Nicht zu verwechseln mit der englischen Lautsprache für „Mädchen, Puppe, Schnecke, Mieze“ (chick) oder einem falsch ausgesprochenen „chic“. Letzteres ist im Wortschatz eines Innsbruckers generell nicht vorhanden. Richtige Bezeichnung hierfür wäre „hetzig“. Mehr dazu im nächsten Absatz.

hetzig – Adjektiv für „lustig“, wobei es in 70 Prozent der Fälle für andere Beschreibungen verwendet wird. Wie oben erwähnt auch als Dialekt-Synonym für „chic“, da alles, was bei Weiblein als auch Männlein über Funktionskleidung und Sneaker hinausgeht, tatsächlich als „lustig“ betrachtet wird.

Flenderer, der. – Dialektwort für Schmetterling (ehrlich!). Woher dieses Wort ursprünglich kommt? Auch ehrlich: keine Ahnung. Auf der anderen Seite: verwendet wird es hauptsächlich im Stubaital, also wen wundert’s? Schön ist das Wort allemal!

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umi/aui/oi – sogenannte „Ortsadverbien“. Also, zuerscht amol umi, dann aui und wenn’s no geaht, dann wieda oi. So ungefähr bekommt man eine Ortsangabe in Innsbruck und Umgebung in das Gesicht geschmissen. Was das heißt? Nun…Zuerst einmal musst du dort rüber (oder hinüber) gehen, dann hoch (oder hinauf) und dann – wenn du das noch schaffst – auch wieder runter (oder hinunter). Letzteres impliziert einen feucht-fröhlichen Einkehrschwung auf einer der Almen, die es ja rund um Innsbruck zu Genüge gibt.

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Bichl, der. – Dialektwort für Berg, eigentlich Hügel, aber hier definitiv „Berg“. Ein wahrhaft in die Irre führendes Wort, zumal es dem „Zuagroaßten“ ein völlig falsches Verständnis von Höhenangaben vermittelt. Denn was bei unseren deutschen Nachbaren als „Berg“ bezeichnet wird, geht hier höchstens als „Hügel“ durch. Unter dem Wort „Bichl“ werden allerdings beide Bezeichnungen in einen Topf geworfen. Da heißt es wohl: trial and error.

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Schwammal, das. – Dialektwort für Pilz. Alles was man an Pilzen in den Wäldern und auf den Wiesen rund um Innsbruck essen kann, wird als „Schwammal“ bezeichnet. Alles was man nicht essen kann, wohl als Pilz. Allerdings ist auch dieses Wort mit Vorsicht zu genießen: gerne wird das „Schwammerl“ synonym für „Trottel“ verwendet. Rein freundschaftlich, natürlich!

– Ausdruck von Ungewissheit. In gepflegtem Deutsch würde man wohl „Wie bitte?“ sagen, wer hat das nicht schon als kleiner Stöpsel eingebläut bekommen. Daran halten tut sich mit fortschreitendem Alter und beruflicher sowie gesellschaftlicher Verantwortung niemand, so wird sich in Innsbruck ein freundschaftlich lautes HÄ!?!!? über den Tresen zugeschrien.

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Sowieso! – Ausdruck für „Rutsch mir den Buckel runter, sicher nicht“. Der Lieblingsausspruch der Autorin kommt zum Schluss, wie das Beste. „Sowieso“ sollte man nicht mit einer Bejahung verwechseln, das wäre der Anfang einer Kette an Missverständnissen. Denn „Sowieso!“ ist und bleibt: „Interessiert mich nicht, ich tu nur so als ob, und nun: Abfetzen!“ Was letzteres Wort bedeutet? Das, werter Leser, erfährst du im nächsten Beitrag. Sowieso!

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