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In der Axamer Lizum liegt – etwas versteckt – die Hütte einer Skischule namens Olympic. In kleinen Lettern daneben liest man einen Namen. Für meinen Geschmack viel zu klein. Denn der Skischulgründer Hugo Nindl ist einer jener Skilegenden, die Tirol und Österreich nach dem 2. Weltkrieg in aller Welt bekannt gemacht hatten. 

Ich bin ja in der glücklichen Lage, mit den Namen Toni Sailer, Anderl Molterer, Gerhard Nenning oder Egon Zimmermann noch etwas ‚anfangen‘ zu können. Und in dieser Liste der Legenden darf meiner Ansicht nach Hugo Nindl nicht fehlen. Jener Slalom- und Riesentorlaufartist, der Ende der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts mit dem ihm eigenen Stil grandiose Erfolge gefeiert hatte: nicht nur die Torstangen beim Slalom flogen durch die Luft, auch die Hände von Hugo Nindl taten es. Und wer die Karriere des Mannes aus Axams in groben Zügen kennt, weiß auch, dass Nindl jeweils vor Großereignissen vom Pech verfolgt worden war. Er verletzte sich zweimal schwer und verpasste die Olympiaden in Innsbruck und auch in Grenoble. Um sich dann aber 1971 und 1974 mit der Weltmeisterkrone bei den Profis schadlos zu halten.

Hugo Nindl vor seiner Skischule in der Axamer Lizum.

Hugo Nindl vor seiner Skischule in der Axamer Lizum. ©Werner Kräutler

Ich hatte mich mit Hugo Nindl in seiner Skischulhütte in der Axamer Lizum verabredet. Auch mit 75 Jahren steht er noch immer Tag für Tag im Betrieb als ‚angestellter Rentner‘, wie er sagt, „obwohl sie meinen beiden Söhnen gehört“. Wo er denn die ganzen Pokale aus seiner glanzvollen Laufbahn als Rennläufer habe, möchte ich wissen. „Einige von denen hab ich entsorgt und nur die wichtigsten behalten“, meint er lachend. Im kleinen Sitzungszimmer der Skischule hängen sie dann an der Wand, die Bilder der Skistars der 60er und 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts. Erinnerungen an ein großes österreichisches Ski-Nationalteam, dessen Mitglied Hugo Nindl jahrelang war.

Wie seine Skikarriere begonnen hatte? Mit „abgesägten Militärski“, erzählt Hugo lachend. Die Bindung versetzt und fertig waren die fahrbaren Untersätze. Da war kein Geld vorhanden, um normale Ski zu kaufen. Er war eines von vier Kindern seiner alleinerziehenden Mutter. Schmalhans war damals im Hause Nindl Küchenmeister. Und trotzdem wollte er die Hänge in Axams herunter brettern. Also trainierte er verbissen bis er sogar einen ‚beschichteten‘ Ski mit Stahlkanten erhielt. Und als er nach der Volksschule mit einer Friseurlehre begann, hatte er bereits zahlreiche Jugendrennen gewonnen. Die damaligen Nachwuchsbetreuer waren schon früh auf ihn aufmerksam geworden.

Hugo Nindl und Egon Zimmermann

Nach dem Hahnenkammrennen mit seinem Freund Egon Zimmermann, dem späteren Abfahrtsolympiasieger von Innsbruck. Repro: W. Kräutler

1960 darf dann als Startjahr seiner Karriere bezeichnet werden: er wurde ins Ski-Nationalteam berufen und startete 1960 erstmals bei den Hahnenkammrennen in Kitzbühel. 1962 wurde er dreifacher Österreichischer Juniorenmeister in der Kombination. 1963 erreichte er dann mit dem dritten Platz beim Lauberhornrennen in Wengen und dem zweiten beim Hahnenkammrennen in Kitzbühel zwei absolute Topresultate. Und wie’s der Teufel will: Nindl brach sich rund 14 Tage vor Beginn der Olympischen Winterspiele 1964 in Innsbruck beim Training zum Abfahrtslauf in St. Moritz den Fuß. Er, der schon fix für den olympischen Abfahrtslauf vom Patscherkofel gesetzt war, musste w.o. geben.

In den Jahren 1965, 66 und 67 wurde er jeweils Staatsmeister in der Dreifachkombination, was ihn als perfekten Skifahrer auswies. Wiederum vor einer Olympiade, jener in Grenoble des Jahres 1968 brach sich Nindl beim Abfahrtstraining am Lauberhorn das linke Schienbein. Wie wenn es ein Fluch gewesen wäre, wieder aus der Traum von einer Teilnahme. Zu allem Überdrusss verlor Nindl im darauffolgenden Jahr seine FIS-Punkte, die ja Voraussetzung für die Vergabe der Startplätze sind. Das war gleichbedeutend mit dem Abschied aus dem Österreichischen Ski-Nationalteam.

Gerhard Nenning, Karl Schranz und Hugo Nindl.

Hugo Nindl in den damals typischen ‚Norwegerpullovern‘ mit Gerhard Nenning (links) und Karl Schranz. Repro: Werner Kräutler

Aber Nindl hatte gelernt, nie aufzugeben. Er arbeitete inzwischen in der Skiabteilung des Kaufhauses Tyrol in Innsbruck und traf dort mehr oder weniger zufällig Bob Beattie, den ehemaligen Chefcoach des amerikanischen Skiteams. Und der warb ihn für die von ihm gegründete World Pro Skitour, eine eben im Entstehen befindliche Rennserie für Professionals. „Und ich begann zu trainieren, wie ich es noch nie in meinem Leben getan hatte“, erzählt Hugo lachend. Was sich für ihn im wahrsten Sinn des Wortes bezahlt machen sollte.

Mit dem späteren 'Governor' Arnold Schwarzenegger

Nindl als Skilehrer von Arnold Schwarzenegger, mit dem ihn eine langjährige Freundschaft verbindet. Repro: Werner Kräutler

1971 wurde er in Vail erstmals Profi-Weltmeister, es war damals ein Einzelrennen. Und 1974 gewann er eine Rennserie, die insgesamt 14 Rennen umfasste, er war zum 2. Mal Weltmeister. „Es war eine erfolgreiche und vor allem ungemein schöne Zeit in Amerika“, meint er heute noch strahlend. Um’s Haar wäre er auch in Amerika geblieben wie Anderl Molterer oder Sepp Grashammer, die ihn eingeladen hatten, beim Aufbau einer Ski-Rennschule in Montana mit zu machen. Aber er blieb doch lieber in Axams.

Oliver Nindl mit seinem Vater Hugo.

Hugo Nindls Sohn Oliver leitet heute die Austrian Racing Camps in Hintertux und Kühtai. ©Austria Racing Camp

Deren Idee einer privat betriebenen Rennläuferausbildung importierte er nach Österreich. Er gründete die „Austria Racing Camps“. Damit ist er seinem geliebten Rennsport treu geblieben und konnte mit all seiner Erfahrung als Spitzenathlet junge Talente an die Weltspitze heranführen. Dass er heute selbst nicht mehr aktiv an deren Ausbildung beteiligt ist, ist seinem Alter geschuldet. Sohn Oliver hat die Leitung der Camps inne, in denen in Hintertux und Kühtai  junge Rennläufer trainiert werden, von denen einige den Sprung an die absolute Weltspitze geschafft haben. „Wie etwa Mikaela Shiffrin“, bemerkt Hugo Nindl stolz.

Und wenn er das sagt spürt man heute noch, wie eng verbunden er dem Ski-Rennsport geblieben ist.

Die Erfolge Hugo Nindls auf einen Blick:

  • Profi-Weltmeister 1971 und 1974
  • 13 Siege in FIS-Rennen, weitere 19 Podestplätze
  • Vierfacher Österreichischer Staatsmeister: 3x Kombination (1965, 1966, 1967) und 1x Riesenslalom (1965)
  • Dreifacher Österreichischer Juniorenmeister (Slalom, Riesenslalom und Kombination 1962)

Die S/W-Bilder wurden mit von Hugo Nindl zur Verfügung gestellt.

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