Wenn man mich fragt, sind Bücher die besten Weihnachtsgeschenke überhaupt: zeitlos, langlebig und nachhaltig ermöglichen sie wunderbare Reisen im Kopf! Natürlich, die Auswahl ist groß und die Entscheidung, welches Buch nun schön verpackt unter den Christbaum kommen soll, oft schwierig. Wer noch auf der Suche ist, hier fünf Bücher, die ich uneingeschränkt empfehlen kann – vom Kinderbuch über den fetten Schmöker bis zum hervorragend geschriebenen Sachbuch ist für jeden was dabei. Und schließlich gibt’s noch einen Bonustipp in eigener Sache.
Es lebe die Wiese
Wir starten gleich mit dem wunderbaren Kinderbuch „Meine Wiese. Entdecke eine wunderbare Welt“ von Jan Haft, das garantiert auch Erwachsene begeistert. Als junger Bursche verbrachte der Autor jede freie Minute in Bodennähe, beobachtete, was dort kreuchte und fleuchte. Je intensiver die Beschäftigung, desto mehr wuchs die Liebe für den Kosmos „Wiese“. Nach dem Biologiestudium verschrieb sich Haft dem Tier- und Naturfilm. Parallel zum Film „Die Wiese. Lockruf in eine geheimnisvolle Welt“ legte er 2019 das gleichnamige Buch vor, das zum Bestseller wurde. Nun hat Haft das Thema für Kinder adaptiert.
In „Meine Wiese. Entdecke eine wunderbare Welt“ nimmt er große und kleine Leser:innen mit auf das Abenteuer. Begleitet werden sie dabei vom Grashüpfer Joe – wie alle anderen Protagonisten liebevoll gestaltet von der Illustratorin Claire Lenkova. Dazu kommen Fotografien, die manchmal richtig zu Herzen gehen – wie etwa das Bild zweier schlafender Langhornbienen mit einander zugewandten Köpfchen. Für unterwegs empfiehlt sich übrigens das Hörbuch mit der ungekürzten Lesung des Autors. Ein wunderbares Weihnachtsgeschenk für kleine Leser:innen, das die Vorfreude auf den nächsten Sommer beflügelt.
Jan Haft, Meine Wiese. Entdecke eine wunderbare Welt, Penguin Junior Verlag 2024; auch als Hörbuch erschienen.
Schmökeralarm
Sie nennen ihn „il duca“ (den Herzog) und Luca Cimamonte ist sich nicht sicher, ob sie ihn damit auf den Arm nehmen oder den Niedergang seiner Familie verhöhnen wollen. Ist er doch der letzte Spross einer alten Adelsdynastie, die einst über Vallorgàna bestimmte.
Im Ansitz hoch über dem Tal setzt Luca Cimamonte Stück für Stück die Familienchronik zusammen. Sein Kontakt zur Dorfbevölkerung beschränkt sich aufs Nötigste. Luca Cimamonte fühlt sich wohl in seiner Außenseiter- und Beobachterrolle. Das ändert sich fundamental, als der Großbauer und Unternehmer Mario Fastréda Bäume in Cimamontes Wald schlägern lässt. Zwischen den beiden entbrennt ein Streit über den Grenzverlauf hoch oben am Berg – und über die Vorherrschaft im Tal. Zunächst nur ein Flämmchen wächst sich die Auseinandersetzung rasch zu einem lodernden Feuer aus, das außer Kontrolle gerät und das Dorf in zwei Lager spaltet.
„Der letzte Cimamonte“ ist der Debütroman des italienischen Autors Matteo Melchiorre. In Italien erhielt „Il duca“, wie das Buch im Original heißt, zahlreiche Preise und war unter anderem für den renommierten „Premio Strega“ nominiert. Ein beeindruckender Schmöker, mein Buchtipp Nr. 2, perfekt für lange Winternächte! In seiner Langsamkeit und seiner Präzision entwickelt das Buch eine ungeheure Faszination und Sogwirkung. Du wirst die 488 Seiten verschlingen, versprochen!
Matteo Melchiorre, Der letzte Cimamonte, aus dem Italienischen von Julika Brandestini, Atlantis Verlag 2024
Ab ins Moor
Annie Proulx gehört zu den renommiertesten US-amerikanischen Schriftstellerinnen und sie ist engagierte Umweltschützerin. So hat sie sich der Rettung von Nieder-, Hoch- und Waldmooren verschrieben. Dafür geht Proulx in „Moorland. Plädoyer für eine gefährdete Landschaft“ weit zurück in die Geschichte, durchstreift den Teutoburger Wald, das „heilige große Moor“ der Germanen, besucht die Torfmoore Englands, die Feuchtgebiete an der Hudson Bay in Kanada oder die Sümpfe Floridas.
Eindrücklich erzählt sie von der Faszination dieser Strukturen, die menschen- aber nicht lebensfeindlich sind, und rückt dabei auch das Leben jener Menschen in den Fokus, die in Moornähe lebten. Seit jeher gelten sie als unzivilisierte Außenseiter. Ebenso widmet sich die Schriftstellerin den Moorleichen, die immer wieder zutage traten (und treten) und wissenschaftlich von enormer Bedeutung sind. Denn das Ambiente konserviert sie nahezu perfekt.
Mit „Moorland. Plädoyer für eine gefährdete Landschaft” trägt Annie Proulx zu einem besseren Verständnis bei. Wer dieses Buch liest, erfährt viel rund ums Moor, bekommt einen spannenden kulturhistorischen Einblick und wird sein Verhältnis zu Moorlandschaften und Feuchtgebieten grundlegend überdenken.
Annie Proulx, Moorland. Plädoyer für eine gefährdete Landschaft, aus dem Amerikanischen von Thomas Gunkel, Luchterhand Verlag 2023
Aufs Pferd setzen
Maja, die sich als Ghostwriterin über Wasser hält, und ihre Nichte Cordelia sind ein interessantes Gespann. Gemeinsam wohnen sie in einem Häuschen in der Wiener Vorstadt. Hierher bringen sie das vom Arbeiten gezeichnete Fiakerpferd Isidora, das ihnen plötzlich folgte, dazu kommt noch der Laborhund Kracherl. Dass das nicht unbemerkt bleibt und für einiges Misstrauen in der Nachbarschaft sorgt, allen voran bei den „Kargls“, versteht sich von selbst. Doch in Nadja Kargl finden sie eine Verbündete. Als Mitglied der Aktivistengruppe MOrPH unterstützt sie die Rebellion der Tiere, die einen Generalstreik planen, fasziniert schließt Cordelia sich ihnen an, während Maja das Ganze doch reservierter betrachtet.
Gedanken an Pippi Langstrumpf und Assoziationen in Richtung Doktor Dolittle sind wohl nicht verkehrt. Jana Volkmann verhandelt in ihrem neuen Roman „Der beste Tag seit langem“ ein Thema, das uns alle angeht: unser Verhältnis zur nichtmenschlichen Welt, zu den Tieren, allen voran den sogenannten „Nutztieren“. Wer glaubt, das werde trocken, irrt: Die Autorin spinnt eine mitreißende, hintersinnige wie voltenreiche Geschichte. Und so geht es einem beim Lesen wie schon bei Volkmanns erstem Roman „Auland“: Sobald man eintaucht in diese Welt, bewegt man sich darin wie selbstverständlich, begleitet die Figuren und ihre tierischen Genossen durch alle Wäg- und Unwägbarkeiten. Ein Leseerlebnis, das nachhallt!
Jana Volkmann, „Der beste Tag seit langem“, Roman, Residenz Verlag 2024
Die Geschichten in uns
Was dabei herauskommt, wenn Bestsellerautor Benedict Wells eine Schreibpause einlegt? – Ein neues Buch! Eines über das Schreiben und die Geschichten, die in uns allen stecken. Gerade seinen Coming-of-Age-Roman „Hardland“ (Große Empfehlung! Auch als Hörbuch erhältlich.), fiel mir „Die Geschichten in uns. Vom Schreiben und vom Leben“ in die Hände. Ein Glücksfall: Denn Benedict Wells erzählt darin nicht nur, wie zäh er seinen Traum, Schriftsteller zu werden, verfolgte und dabei Höhen und Tiefen, Zweifel und Rückschläge durchlebte. Er erzählt auch über sich und sein Leben, wohldosiert, nie anbiedernd oder in Nabelschau versinkend, in einem offenen unprätentiösen Ton.
So ist „Die Geschichten in uns. Vom Schreiben und vom Leben“ ein Buch für alle, die wissen wollen, wie sich aus einer Idee ein Roman entwickelt, wie Figuren lebendig und realistisch werden, wie man Spannung erzeugt und man den Leser, die Leserin mitnimmt bis zum Schluss. Es ist aber auch ein Buch, das uns den Autor näherbringt. Längst erfolgreicher Schriftsteller, erzählt Wells von seiner schwierigen Kindheit und der Kraft, die er dennoch daraus geschöpft hat. Ein wirklich spannendes Buch in der schier unendlichen Reihe von Schreibratgeber und autobiografisch angehauchten Texten. Wells-Fans werden auch dieses Buch verschlingen – zu Recht!
Benedict Wells, Die Geschichten in uns. Vom Schreiben und vom Leben, Diogenes Verlag 2024
Bonustipp
Und zum Schluss noch in eigener Sache: Im Sommer 2024 erschien die komplett überarbeitete Neuauflage meines Buches „111 Orte in Tirol, die man gesehen haben muss“, in der gleichnamigen äußerst erfolgreichen Reihe des Emons Verlags. Dort erhältlich ebenso meine „111 Orte in Innsbruck, die man gesehen haben muss“ (hier gehts zum Beitrag meiner Bloggerkollegin Tamara Kainz) und „111 Orte in Osttirol, die man gesehen haben muss“.
Schöne Geschenke – am besten mit einem Gutschein, den einen oder anderen Ort gemeinsam zu besuchen: So bietet sich ein Spaziergang zu den „Murals“ an, den zahlreichen Graffitis an Hausmauern und Wänden in Innsbruck an oder eine Wanderung auf dem Wolfele-Wilde-Weg in Hötting … oder man flaniert durch die Altstadt und macht Halt am Flüsterbogen, um sich gegenseitig weihnachtliche Botschaften zu übermitteln ...
Susanne Gurschler, 111 Orte in Tirol, die man gesehen haben muss, komplett überarbeitete Neuauflage, Emons Verlag 2024
Innsbrucks Buchhändler:innen haben unzählige weitere Buchtipps und bieten eine riesige Auswahl an Büchern. In der Haymon Buchhandlung, bei Liber Wiederin, in der Tyrolia oder der Wagner’schen vorbeizuschauen und zu stöbern lohnt sich immer!
Fotos, wenn nicht anders angegeben: © Susanne Gurschler
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Innsbruck ist ihre Herzensstadt, der Blick auf die Nordkette ihr Seelenschmeichler. Journalistin, Sachbuchautorin, Bücherwurm, Hobbyfotografin, Hundebesitzerin, BergGeherin #ghostsofinnsbruck
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