8_Stift Stams_© Susanne Gurschler

Wer im Oberinntal unterwegs ist, kann sie nicht übersehen, die ehrwürdige Zisterzienserabtei Stift Stams im gleichnamigen Dorf, kurz vor – oder kurz nach, je nachdem aus welcher Richtung man kommt – Mötz, mit Blick auf den Wallfahrtsort Locherboden.

1065 erstmals urkundlich erwähnt, erhielt „Stambs“ seine überregionale Bedeutung mit der Entscheidung des Landesfürsten Graf Meinhard II. von Görz-Tirol (ca. 1239–1295), hier ein Kloster zu stiften. Es sollte auch als Begräbnisort der Grafen von Görz-Tirol dienen. An der Gründung maßgeblich beteiligt war seine Frau Elisabeth von Wittelsbach (1227–1273). Konradin, ihr Sohn aus erster Ehe, war in Neapel enthauptet worden und sollte hier eine Grabstätte erhalten. So will es die Überlieferung.

750 Jahre Stift Stams

1273 hielt der Gründungskonvent Einzug in Stams. Wobei die ursprüngliche Anlage mit der heutigen natürlich nicht zu vergleichen ist, war das Kloster doch zunächst ein Holzgebäude, errichtet unweit der heutigen Pfarrkirche. Erst nach elfjähriger Bauzeit war das Stiftsareal fertiggestellt. Von Meinhard II. mit zahlreichen Privilegien und Schenkungen ausgestattet, wuchs Stift Stams zu einem bedeutenden religiösen, wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum der Region. Wer heute durch die gepflegten Grünanlagen schreitet, vorbei an den imposanten dottergelb-weiß gestrichenen Gebäuden, mit den weithin sichtbaren zwei Türmen, spürt schon von außen die Bedeutung dieses Ortes.

Reich an Kunst

Das Stiftsmuseum, eingerichtet im ersten Stock des Verwaltungsgebäudes, zeichnet diese Bedeutung für Glauben, Wissenschaft, Kunst und Kultur in ausgewählten Objekten nach. Zu erreichen ist es über eine Treppe, deren farbenprächtige Gitter vom Silzer Kunstschlosser Bernhard Bachnetzer um 1727 geschaffen wurden – nur wenige Schritte entfernt vom fantastischen Bernardisaal, in dem immer wieder kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Dazu gehören die Kammermusiktage Obertöne, die heuer ihr zehnjähriges Bestehen feiern. Zur Jubiläumsausstellung geht es im Museum den Gang entlang und die Stiege hinunter in den Neuen Kreuzgang. Um die wertvollen Objekte gegen Sonnenlicht zu schützen, sind einige Vitrinen mit Tüchern abgedeckt.

Gegen die Zeit

An sieben Stationen und rund um bedeutende Akteure erzählen die Kuratoren Gert Ammann und Helmuth Oehler zentrale Momente der Entwicklung von Stift Stams. Neben Kunstwerken gibt es Stücke aus den Archiven, Sammlungen und der Bibliothek des Stifts zu sehen. Dabei arbeitet die Schau „gegen die Zeit“ – beginnt also nicht bei der Gründung des Klosters, sondern geht den umgekehrten Weg: von der Situation im Nationalsozialismus mit jeder Station weiter zurück in die Historie.

In der NS-Zeit war das Kloster ohne Abt und Mönche – in der Ausstellung symbolisiert durch einen leeren Bilderrahmen –, diente als Lager für bedeutende Kunstschätze aus anderen Teilen Tirols. Zudem wohnten hier „Optanten“, Menschen, die das faschistisch regierte Südtirol verlassen und in das nationalsozialistische „Dritte Reich“ übersiedelt waren. Erst 1946 blühte das Klosterleben in Stams wieder auf.

Bindfadenkartei

Nicht die erste Klosteraufhebung, die Stift Stams erlebte. Bereits unter der Herrschaft der Bayern (1807 bis 1816) war es zu einer Klosteraufhebung gekommen. Damit wurde eine der größten Blüten des Stiftes beendet. Eingeleitet hatte diese Abt Vigil Kranicher (1766–1786). Wie sein Vorgänger war er ein Förderer des Kunsthandwerks und der Wissenschaft.

Ein kleines Ausstellungsobjekt erweckt sofort das Interesse, spiegelt es doch die besondere Verschlagwortungsmethode wider, die Kassian Primisser anwendete. Der Stiftschronist legte eine „Bindfadenkartei“ an, indem er die Schlagwortnotizen mittels Bindfaden miteinander verband. Gleich daneben findet sich eine kunstvoll bestickte Kasel, ein Obergewand, das vom Priester bei der Messe getragen wird. Gestiftet hat es keine Geringere als Maria Theresia von Österreich. „Ob ihn die Stifterin eigenhändig stickte, kann nur vermutet werden“, so die Kuratoren im Katalog zur Ausstellung.

Auch im Bereich insbesondere der Kirchenmusik erwies sich das Stift als Förderer regionaler und überregionaler Talente, wovon unter anderem Musikinstrumente und Notenschriften zeugen. Unter den zahlreichen Künstlern und Kunsthandwerkern, die bei der Gestaltung der Räume gewirkt haben, findet sich der Maler Josef Schöpf (1745–1822). Dem Spätbarock zuzuordnen, hinterließ der gebürtige Telfer seinen gesamten künstlerischen Nachlass dem Stift. Ihm ist in der Dauerausstellung auch ein eigener Raum gewidmet.

Barocke Zeichen

Besonders spannend sind die architektonischen Veränderungen, die Stift Stams im Laufe der Jahrhunderte erlebte. Als äußerst bedeutend gelten hier die beiden Äbte Edmund Zoz (1690–1699) und Augustin Kastner (1714–1738). In ihrer Zeit entstanden die heute so gern fotografierte Westfassade mit den Doppeltürmen und der bereits erwähnte Bernardisaal, erhielten die Stiftskirche und die Heilig-Blut-Kapelle ihre heutige Gestalt. Anhand von Planunterlagen lassen sich die Arbeiten nachvollziehen, die von den bekannten Baumeistern Johann Martin Gumpp und seinem Sohn Georg Anton Gumpp durchgeführt wurden.

Schon geht die Ausstellung über zum 24. Abt von Stams, Thomas Lugga, der dem Stift von 1616 bis 1631 vorstand, die barocke Phase im Klosterbau einleitete. Zu seiner Zeit weltlicher Machtträger: Erzherzog Maximilian III. (1558–1618), genannt der Deutschmeister. Er wird gern auch als „zweiter Stifter“ von Stift Stams bezeichnet, weil er die Entwicklung der Abtei kräftig unterstützte.

Zur Gründung

Bemerkenswert sind die in der Ausstellung präsentierten Codices mit Buchmalereien aus dem 15. Jahrhundert. Womit wir bei der Gründung des Stiftes angelangt sind. Erreichbar ist dieser Ausstellungsabschnitt über eine Metallstiege, eingebettet in den historischen Kern der Klosteranlage – die Grundmauern der Klosterkirche, die 1284 eingeweiht wurde. Im Mittelpunkt hier natürlich die Porträts von Graf Meinhard II. und Elisabeth von Wittelsbach – beide beigesetzt in der Stiftskirche. Gleich dahinter das Modell der ersten Kirche.

Ergänzt um einen Rundgang in der Dauerausstellung, zeichnet „Ewig im Gedächtnis“ – 750 Jahre Stift Stams so ein facettenreiches Bild von Stift Stams als Ort des Glaubens, der Kultur, der Kunst und der Wissenschaft sowie seiner Bedeutung für die Region und darüber hinaus. Dazu kommt eine Reihe von Veranstaltungen. Neben festlichen Gottesdiensten, Vorträgen und Führungen steht unter anderem das „Stift Stams Sakral – Festival Orgel Plus“ im Zeichen des 750-Jahr-Jubiläums.

„Ewig im Gedächtnis“ – 750 Jahre Stift Stams
Jubiläumsausstellung im Neuen Kreuzgang des Stifts Stams
Bis 1. Oktober 2023

Stift Stams
Stiftshof 1
A-6422 Stams
Tel.: +43(0)5263 62 42
E-Mail: verwaltung@stiftstams.at
www.stiftstams.at

Öffnungszeiten Museum: Mo.–Sa. 10–12 Uhr und 13–17 Uhr, So. und Feiertage 13–17 Uhr

Fotos, wenn nicht anders angegeben: © Susanne Gurschler

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