
Skifahren kriegen Tiroler Kinder quasi schon mit der Muttermilch mit, sagt man scherzhaft. Tatsächlich beginnt die Liebe zum Skifahren hier schon sehr früh. In Oberperfuss mit einem besonderen Programm. Seit 2017 vermittelt die Initiative „Oberperfuss fährt Schi“ Kindern die Begeisterung für die wohl österreichischste aller Sportarten. Anfang März fand mit dem dazugehörigen Rennen, dem Venier Cup, das alljährliche Highlight der Aktion statt. Benannt natürlich nach Oberperfuss' Local Hero Stephanie Venier, Ski-Ass und frisch gebackene Super-G Weltmeisterin 2025.
Venier Cup: Skirennen in Oberperfuss
Einen viel schöneren Tag kann man sich für ein Kinderskirennen kaum wünschen: blauer Himmel, milde Temperaturen und freundliche Schneeverhältnisse. Oberperfer Volksschüler:innen können am 8. März endlich zeigen, was sie in den letzten Monaten auf der Piste gelernt haben. Durch eine Kooperation zwischen den beiden Volksschulen, dem Sportverein Oberperfuss, den Bergbahnen Oberperfuss und der Skischule Kleissl war es ihnen nämlich möglich, im Rahmen des Turnunterrichts ihr Können zu verbessern. Beim Anblick der bunten Tore kommt in mir etwas Nostalgie auf – als Kind waren die Skirennen des örtlichen Sportvereins für mich selbst ein unvergesslicher Teil des Winters.
Schon an der Talstation wird Stephanie Venier, Patronin des Venier Cups, für ihre letzten Erfolge gefeiert.
Rennen sind Familiensache
An der Gondelbahn drängen sich schon Kinder und ihre Angehörigen. Um zum Sulzstich zu gelangen, auf dem der Venier Cup stattfindet, müssen das Publikum und die kleinen Rennläufer:innen zwei Bahnen hinauf. Die dritte, die es erst seit dieser Saison gibt, führt bis hinauf zum Gipfel des Rangger Köpfls.
„Wer hat denn deine Ski gerichtet? Der Papa oder der Opa?“, erkundigt sich ein Zuseher bei einem der Kinder. Skirennen sind Familiensache, das Material muss auch bei den Kleinsten schon in top Kondition sein. Da helfen alle mit.
Wie der Venier Cup zu seinem Namen kam, erschließt sich rasch. Schon an der Talstation empfängt das Skigebiet mit einem großen Transparent, das Lokalmatadorin Stephanie Venier als Weltmeisterin im Super-G feiert. Venier wurde in Sichtweite des Skigebiets groß und ist Patin des Venier Cups. Wer weiß, vielleicht fährt unter den Kindern an diesem Tag ja ein weiterer künftiger Champion mit.
Echte Rennbedingungen beim Venier Cup
Während abseits des für das Rennen abgesperrten Bereiches Familien in gemütlichen Schwüngen die Piste hinunterziehen, ist auf der Rennstrecke selbst nichts mit gemütlich. Angehörige säumen die Absperrung, bereit, mit dem obligatorischen „hopp hopp hopp“ ihre Sprösslinge – und auch die anderen Kinder – lauthals anzufeuern. Dass die Teilnehmenden bisweilen keinen Meter groß sind, heißt noch lange nicht, dass man den Lauf nicht professionell aufziehen würde. Helfer am Start und im Ziel sorgen dafür, dass bei der Zeitnehmung alles rechtens zugeht, ein Kommentator versorgt das Publikum mit Infos und die Kinder mit aufmunternden Zurufen. Zwei Vorläuferinnen eröffnen das Feld, dann geht der Venier Cup auch schon los.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Für einen selbst fühlt sich die Geschwindikeit bei einem Kinderrennen haarsträubend an.
Kleine Profis auf der Piste
Aus Kinderaugen geht es um viel: Für die Schulklassenwertung sind mindestens drei Teilnehmer:innen pro Klasse notwendig, die drei Schnellsten pro Klasse werden gewertet. Der Preis: Eine Palette der begehrten Venier-Krapfen, die der Bäcker Ruetz alljährlich für die Kinder spendiert. Schon in der Gondel hoch wurde eifrig debattiert, wie man sich nach bester Krapfenarithmetik die Belohnung aufteilen würde
Eins nach dem anderen bewältigen die Kinder die sanft geschwungene Piste, manche mit beeindruckendem Tempo, andere mit den tapferen Kurven des motivierten Neulings. Ein Kind hat mit dem Skifahren gar erst vor sechs Wochen begonnen, seine Fahrt wird besonders geehrt. Unter den Augen der Angehörigen geht es rasant her – eng genommene Kurven, eine mit Schwung übersprungene Kuppe, das ein oder andere verpasste Tor. Das letzte Kind bekommt noch eine kleine Orientierungshilfe von einem Helfer und schafft es erfolgreich bis ins Ziel.
Toben in der Sonne
Innerhalb einer Stunde ist das Rennen geschlagen, kaum ist der letzte Schwung gesetzt, machen sich die Helfer flugs ans Aufräumen. Innerhalb von Minuten sind Tore und Absperrband verschwunden, der reguläre Betrieb des Skigebiets kann weitergehen. Dafür brummt es auf der Terrasse der nahen Gaststätte vor Aufregung - die Preisverteilung steht an. Während vor der Fotowand noch die Organisation letzte Vorbereitungen trifft, toben die Kinder am Spielplatz – mitsamt Skischuhen, versteht sich. Was der Beinachse eines Erwachsenen Albträume bescheren würde, ist für die aufgeregten Jungspunde ein Klacks.
Was größere Begeisterung bei den Kindern ausgelöst hat, war stellenweise schwer abzuschätzen: Das Skifahren oder die Aussicht auf süße Venier Krapfen.
Die drei schnellsten Klassen posieren für das finale Gruppenfoto. Der ein oder andere Krapfen wird dabei schon seiner Bestimmung zugeführt.
Jubel am Stockerl
Dann, endlich, die Siegerehrung kann losgehen. Nein, Moment, einer fehlt noch, wie Manuel Hujara, Geschäftsführer der Bergbahnen Oberperfuss und Obmann des Sportvereins Oberperfuss, feststellt. „Herr Direktooor“, schallt es da schon aus dutzenden Kinderkehlen. Herr Direktor eilt herbei, Hujara beginnt die Preisverleihung. Für viele der Kinder war es das erste Rennen, zunächst werden das schnellste Mädchen und der schnellste Bub ausgerufen. Mit einem Grinsen bis über beide Ohren stehen sie draußen, mit einer ganzen Palette staubzuckriger Erinnerungen nur für sich – die Gesichtsausdrücke der dazugehörigen Eltern konnte ich leider nicht sehen.
Bei den Gruppenfotos wird passenderweise „Krapfen“ zum gemeinsamen Codewort fürs Lächeln und Augenoffenhalten erkoren. Wer den Tiroler Dialekt kennt, weiß: Nichts schafft ein fotogeneres Gesicht als dieses Wort, mit Inbrunst gerufen. Je höher die Klassenplatzierung, desto größer die Begeisterung unter den Kindern, die im Halbrund um Hujara vor der Fotowand platziert sind. Als es um die Stockerlplätze geht, beißt schon der ein oder andere in seine Kappe vor Aufregung. Frenetischer Jubel nach Verkündung des vierten Platzes – die übrigen Klassen wissen nun, dass ihnen eine Topplatzierung gewiss ist. Kreischen, Lachen und Jubilieren übertönt beinahe die Verkündung des ersten und zweiten Platzes. Eins traue ich mich zu wetten: Nach diesem Erlebnis werden die Kinder dem Skifahren erstmal treu bleiben.
Großer Vorteil der Streckenführung: Von der Gondel aus lässt sich das Geschehen ebenfalls verfolgen.
Bilder, sofern nicht anders gekennzeichnet: Theresa Kirchmair
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Begeisterungsfähige Tirolerin mit einem Hang zum Absurden. Springt gern über Mauern und nutzt die resultierenden blauen Flecken dann als Rorschachtest.
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