Weltacker Innsbruck

Vielleicht ist das einer der wichtigsten Beiträge, den ich bis jetzt geschrieben habe. Zumindest der, dessen Recherche mich persönlich am meisten zum Nachdenken gebracht und mich gezwungen hat, mein eigenes Verhalten kritisch zu hinterfragen. Ich möchte diesen Beitrag jetzt aber gar nicht so bedeutungsschwanger und schwer beginnen, denn es geht um eine durch und durch tolle und absolut positive Sache: den Weltacker, den ich am 31. Oktober im Zuge einer von der feld:schafft organisierten Erntedankfeier kennenlernen durfte! Was genau es mit dem Weltacker auf sich hat und wer oder was die feld:schafft ist, erkläre ich euch kurz:

2.000m²/ Person

Auf der Welt gibt es um die 8 Milliarden Menschen, und die gehören versorgt. Die global nutzbare Ackerfläche beträgt aktuell ca. 1,5 Milliarden Hektar. Würde man diese Fläche gerecht aufteilen, stünden jeder Person ca. 2.000 m² zu. Darauf muss alles angebaut werden, womit Mutter Erde uns versorgt: alle unsere Lebensmittel wie z.B. Getreide, Gemüse und Obst. Aber nicht nur die, auch unsere Tiere, die wir für die Produktion von Fleisch, Milch und Eier züchten, brauchen Futter. Zudem kommen noch alle natürlichen Rohstoffe wie Baumwolle für Jeans, Energiepflanzen für Bio-Gas oder Bio-Diesel und nachwachsende Rohstoffe für die Industrie hinzu.

Der Weltacker Innsbruck

Auf dem Weltacker Innsbruck werden Ackerkulturen im gleichen Verhältnis angebaut, wie sie auf den Feldern weltweit wachsen. Mit einem Gesamtanteil von fast 50% nimmt Getreide mit Abstand die meiste Fläche in Anspruch. Einige Kulturen würden in Tirol nicht wachsen, aus diesem Grund gibt es ein paar „Vertretungspflanzen“. Baumwolle wird beispielsweise durch Lein (auch Flachs genannt) ersetzt. Das tut dem Ganzen aber keinen Abbruch, man bekommt auch so einen sehr guten Eindruck, was in welcher Menge auf den Feldern dieser Erde wächst.

In Innsbruck wird der Weltacker von der feld:schafft organisiert – entwickelt wurde das Projekt aber in Deutschland und wird neben Österreich bereits in anderen Ländern wie der Schweiz oder Kenia umgesetzt. Ziel ist es, sich global zu vernetzen, sich gegenseitig zu unterstützen und einen Raum für Kommunikation und Ideenaustausch zu schaffen.

Nutze das Ungenutzte

Die feld:schafft ist eine Genossenschaft, die sich zum Ziel gesetzt hat, der Lebensmittelverschwendung entgegen zu wirken. Das tut sie zum einen, indem sie ungenützte Lebensmittel sammelt und verarbeitet. Zum anderen wird ein großer Schwerpunkt auf die Bildung gesetzt. Kinder, Jugendliche und Erwachsene sollen für einen nachhaltigen, ressourcenschonenden, verantwortungsvollen und vor allem wertschätzenden Umgang mit Lebensmitteln sensibilisiert werden. Im Vordergrund der Workshops steht das praktische Tun! Die Teilnehmer erwarten keine trocknen Vorträge, sondern es darf selbst Hand angelegt werden. Zusammenhänge in der Nahrungsmittelproduktion werden gemeinsam erforscht und so kommt die Wertschätzung für unser Essen (hoffentlich) ganz von selbst.

feld:schule

Besonders bei Schulklassen kommen die Workshops super an, erfahre ich von Claudia (einem der Gründungsmitglieder der feld:schafft). „Oft beginnen wir damit, die Kinder beziehungsweise die Jugendlichen zu fragen, wie sie hierhergekommen sind und was sie bis jetzt gemacht haben. Schon am Weg zu uns oder zu Hause haben sie Produkte genützt, die auf dem Weltacker wachsen – also die auf landwirtschaftlich genützten Flächen angebaut werden.“ Wie ich denken die meisten wahrscheinlich in erster Linie ans Frühstücksbrot oder den Apfel, den wir zur Jause mitbringen. Aber viele Produkte werden heute aus Biokunststoff hergestellt. Im Fall von Bioplastik stammt die Biomasse aus nachwachsenden Rohstoffen wie beispielsweise Mais, Zuckerrohr oder Zellulose. Das klingt in meinen Ohren erstmal super. In euren auch?

Bioplastik vs. fossilbasierte Kunststoffe

Claudia, die sich viel Zeit für mich und meine Fragen nimmt, hat aber einen etwas anderen Blick auf die Dinge: Biokunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen sind nicht unbedingt umwelt- oder klimafreundlicher als fossilbasierte Kunststoffe. So werden die nachwachsenden Rohstoffe der Biokunststoffe in den meisten Fällen auf landwirtschaftlichen Flächen angebaut. Und wie wir zu Beginn schon „gelernt“ haben, steht jedem Erdenbürger nur eine bestimmte Ackerfläche zu. Wir haben nicht mehr Boden und müssen uns gut überlegen, wie wir ihn nützen. An dieser Stelle ist mir sehr wichtig hervor zu heben, dass es sicher viele verschiedene Ansätze gibt und auch Claudia betont: „Wir haben keine Lösung, wir möchten nur zum Nachdenken und Kommunizieren anregen.“

Kinder am Kuchenbuffet

Es gibt – wie für die meisten Probleme dieser Welt – sicher keine einfache Lösung und auch kein Schwarz oder Weiß. Nichts ist nur gut oder schlecht. Was wir aber tatsächlich überdenken sollten, ist unser Konsumverhalten. Ich mag Claudias Metapher: Stellen wir uns den Weltacker als Buffet vor. Wir Menschen aus dem globalen Norden glauben die Freiheit zu haben, uns bedienen zu können, wie wir wollen. Wir verhalten uns wie Kinder an einem Buffet, die sich nur mit Kuchen vollstopfen. Und dass das weder schlau noch gesund ist, muss nicht betont werden. Ebenso wenig, wie dass wir unsere Erde nicht ohne Konsequenzen ausbeuten können.

Für die Tonne:

Ich bin die Letzte, die mit erhobenem Zeigefinger dasteht und jemanden belehrt. Denn wie heißt es so schön, zuerst sollte man vor der eigenen Haustür kehren und vor meiner ist es ziemlich schmutzig! Ich kaufe regelmäßig zu viel Lebensmittel. Im Geschäft bin ich immer super motiviert und lade besonders viel Obst und Gemüse in den Einkaufswagen, schaffe es dann aber oft nicht, alles zu verwenden, bevor es schlecht wird. Wusstet ihr, dass 48,5 % der Lebensmittelverschwendung bei uns im Haushalt passiert? Ich bin also scheinbar nicht die Einzige, die zu viel kauft und zu viel wieder wegschmeißt. Genau aus diesem Grund habe ich Claudia nach ein paar Tipps gefragt, um weniger wegschmeißen zu müssen:

  • Die Einkaufsfrequenz erhöhen: kauft lieber weniger und geht dafür öfter.
  • Richtig lagern. Klingt logisch, ist es auch. Trotzdem fällt es (zumindest mir) schwer. Also am besten googlen und sich informieren, wie man was am besten lagert.
  • Bestandsaufnahme machen: Kästen, Gefriertruhe und Kühlschrank durchschauen. Man hat oft viel mehr zuhause, als man denkt.
  • Einkaufslisten schreiben und nur das kaufen, was draufsteht.
  • Nur weil ein Produkt das Haltbarkeitsdatum überschritten hat, gehört es nicht unbedingt in die Tonne. Lebensmittel sind oft viel länger haltbar. Wir haben schon Sauerrahm gegessen, der seit 2 Wochen abgelaufen war. Also am besten schauen (z.B. ob das Produkt geschimmelt ist), riechen und schmecken.
  • Sich aufschreiben, was regelmäßig im Müll landet. Dann weiß man beim nächsten Einkauf, was man besser nicht oder zumindest in kleineren Mengen kauft. Bei mir wären das beispielsweise Kartoffeln. Ich habe mir nun ganz fest vorgenommen, erstens nicht mehr riesige Säcke zu kaufen und zweitens sie besser zu lagern.

Ich hoffe, Claudias Tipps helfen euch ein wenig. Ich für meinen Teil werde sie mir zu Herzen nehmen und mein Konsumverhalten überdenken. Wer auf der Suche nach nachhaltigen Einkaufsmöglichkeiten ist, sollte bei Christian oder Lea vorbei schauen.

foodsharing

Nicht nur in privaten Haushalten landet viel im Müll. Auch in der Landwirtschaft, bei der Produktion, in der Gastronomie oder im Handel wird zu viel weggeschmissen. foodsharing ist eine Initiative, die es sich zum Ziel gesetzt hat, Lebensmittelabfall zu minimieren und die Wertschätzung zu steigern. Langfristiges Ziel ist es, die Wegwerfkultur von Lebensmitteln und anderen Ressourcen zu vermindern. Mittlerweile ist die 2012 gegründet Initiative eine internationale Bewegung mit über 200.000 Nutzer*innen in Deutschland, Österreich, der Schweiz und in weiteren europäischen Ländern. Auch in Innsbruck gibt es 6 Fairteiler. Nähere Informationen dazu findet ihr hier.

Informationen

Weltacker:
Homepage
Adresse: Klappholzstraße, 6020 Innsbruck (Neben dem Sportplatz Reichenau)

feld:schafft
Telefon:

Mitgliedschaft und Bildung: 0681 / 81 81 43 42 (Claudia)
Kulinarik: 0677 / 63 43 50 65 (Philipp)
E-Mail: mail@feldschafft.at
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