Welttag der Fremdenführer in Innsbruck-5

Die feine Kunst der Führung

Eine Stadt hat Seiten, wie ein Buch. Weil man selbst nie alle kennen kann, gibt es sogenannte Stadt- und Fremdenführer*innen – in Österreich übrigens ganz einfach und genderfrei: austriaguides. Zum Welttag der Fremdenführer am 25. Feber 2023 zeigen die austriaguides ihre schönsten Spaziergänge auch in Innsbruck komplett kostenlos. Was geboten wird und was man erwarten kann, hat mir die Berufsgruppensprecherin der Tiroler Fremdenführer*innen, Antonella Placheta, persönlich verraten. Ich durfte sie unlängst bei einer Tasse Tee im Innsbrucker Kulturbrennpunkt Treibhaus treffen.

„Schwarztee. Mit Honig, bitte.“ Die 23 Jahre an der Front sieht man ihr nicht an. Seit der Jahrtausendwende ist Antonella ein austriaguide, vorher machte sie Reiseleitung und Kreuzfahrten, sie hat die weite Welt gesehen und ist längst mit allen Wassern gewaschen. Neben der Ausbildung zur Fremdenführerin studierte sie nebenher Geschichte, es gibt ja echt nichts Spannenderes, strahlt mich ihr korallenrotes Lächeln an. Schon sind wir beim Thema: Wie umgeht man den Fluchtreflex Schule? Viele bekommen bei Geschichte ja heute noch Gänsehaut, auch ich grusle mich ein bisschen. „Die ersten fünf Sekunden sind alles entscheidend“, schmunzelt die Fachfrau wissend, denn jede Gruppe funktioniert anders. „Ein bisschen Sozialpsychologie gehört dazu, ein flotter Spruch hilft oft auch, am wichtigsten ist aber die Story. Dann ist kein Spaziergang gleich, und wenn am Schluss sogar eine komplette Schulklasse ‚Schade, schon vorbei‘ jammert, macht die Sache erst so richtig Spaß.“

Digitalisierung und das alltägliche Leben

„Was die einen fasziniert, langweilt jemand anderen. Indische Gruppen finden Brunnen toll, verschneite Ausblicke und das alltägliche Leben – für Einheimische ist das total banal.“ Die perfekte Mischung aus Wissen und Unterhaltung schafft Antonella in sechs Sprachen fließend, das prall gefüllte Programm am 25. Feber richtet sich dennoch eher an die Locals: „Am Welttag der Fremdenführer stellen wir unser Repertoire in den Dienst der guten Sache. Alle Führungen sind an diesem Samstag bis auf freiwillige Spenden komplett kostenlos, und den Erlös runden wir für Licht ins Dunkel dann nochmal kräftig auf“, klärt mich Antonella auf. „Sage und schreibe 40 Themenführungen gibt es da allein in Innsbruck, und das Anmelden geht online auch ganz einfach.“ Schönes Stichwort, ich hake nach: Ob die Digitalisierung den Job verändert hat? „Natürlich: Es gibt heute fantastische Apps und digitale Guides, aber einen echten Menschen, der echte Geschichten erzählt, kann einfach keine KI ersetzen, das ist und bleibt einzigartig.“

Eine Stadt voll Staunen

Der Riesensaal der Hofburg, der „Schluchtenscheißer“ am Goldenen Dachl, die „schwarzen Mander“ der Hofkirche, die Geheimnisse des Schloss Ambras und das uralte Handwerk der Glockengießer sind nur einige der Geschichten, die man mit den Tiroler austriaguides am 25. Feber erleben kann. Den Startpunkt der meisten Stadtführungen markiert dabei der ITF-Infostand beim Stadtturm in der Altstadt. Als mir Antonella zum Abschluss noch ihr Lieblingsplatzl in Innsbruck verraten soll, überlegt sie sehr, sehr lange: „Die ‚Koatlackn‘ St. Nikolaus, die Höttinger Nudl und das Bierkrügerl in der Innstraße.“

Ich muss schmunzeln, denn natürlich hat sich austriaguide Antonella damit den ältesten Teil Innsbrucks ausgesucht – mit einigen der schönsten Stadtgeschichten überhaupt. Dort wird Antonella übrigens auch am Welttag der Fremdenführer ihre Stadtrunde machen. Sonst trifft man sie aber auch gerne auf der Dachterrasse im Haus der Musik – weil man von dort alles sieht, was Innsbruck ausmacht: „Die historische Altstadt und Hofburg, die reiche Musik- und Kulturgeschichte genau gegenüber, und am Horizont wacht die mächtige Nordkette über die Stadt. Einzigartig alpin-urban und einfach ein echt schönes Fleckchen Erde.“

Fotos, sofern nicht anders angegeben: © Innsbruck Tourismus

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