Maria-Theresien-Straße

Hast du dich schon einmal gefragt, geistreicher Leser dieses Blogs, welche Geschichten das Kopfsteinpflaster der Maria-Theresien-Straße erzählen könnte? Oder was die engen Gassen der Innsbrucker Altstadt über die Jahrhunderte hinweg alles miterlebt haben? Während täglich tausende Einheimische und Touristen über Innsbrucks historische und neuzeitliche Straßen wandeln, bleibt nur allzu oft verborgen, welche faszinierenden Geschichten sich hinter den Straßennamen und Plätzen verbergen. Für mich sind sie wie eine Visitenkarte unserer Stadt, die ich meinen geistreichen Lesern erläutern will.

Von Majestäten, Geistlichen, Militärs und Bürgern

Naturgemäß dienten Straßennamen im Mittelalter als Orientierung. So waren in Innsbruck die Seiler- und Schlossergasse Orte des im Namen genannten Handwerks. Während Stadtteile durch Straßennamen wie Pradlerstraße, Höttingergasse, Dreiheiligen- oder Mariahilferstraße verankert sind entwickelten sich in der Folge viele Straßennamen zu einer Art ‚Auszeichnung’ für Menschen, die viel für die Stadt geleistet haben. Das ist der Grund, weshalb Regenten, Kaiser, Militärs und Wissenschafter im Straßenverzeichnis verewigt werden.

Für mich sind es im Kern sechs Straßen in Innsbruck, die Ausdruck für die weltliche Macht, heldenhafte Militärs und berühmte Geistesgrößen sind: die Maria-Theresien-Straße, die Maximilianstraße, die Andreas-Hofer-Straße und Speckbacherstraße sowie die Anichstraße.

Maria Theresia: Die Hochzeit und ein Todesfall

Dass Innsbrucks Pracht- und Renommierstraße nach der berühmten Kaiserin benannt ist, erscheint logisch. Sie war es, die als Erzherzogin von Österreich, Königin von Ungarn und Böhmen, Innsbrucks Stadtbild massiv verändern ließ. Da wurde die Hofburg auf Barock getrimmt, die Triumphpforte errichtet und das alte Stadttor zum Burggraben und zur heutigen Maria-Theresien-Straße hin abgetragen. Die Verlängerungsstraße nach der Triumphpforte ist folgerichtig nach dem Sohn der Kaiserin, Leopold II., benannt.

Tragisch ist das zeitliche Aufeinandertreffen einer Hochzeit und eines Todesfalls in der habsburgischen Herrscherfamilie, das sich in Innsbruck abgespielt hat. Maria Theresias Sohn Leopold feierte am 5. August 1765 seine Hochzeit mit Maria Ludovica von Bourbon in Innsbruck, zu der 2000 adelige Gäste aus ganz Europa angereist waren. Eine eigens dafür errichtete Triumphpforte am südlichen Ende der ‚Neustadt‘ war ursprünglich für diese spektakuläre Feierlichkeit als ‚temporärer Eingang’ zur Stadt errichtet worden. Bis ein tragischer Zwischenfall die Feier jäh unterbrechen sollte.

Am Abend des 18. August 1765, nur 14 Tage nach Beginn der länger dauernden Festlichkeiten, verstarb Kaiser Franz I. Stephan völlig unerwartet vermutlich an einem Herzinfarkt. 1774 ließ Maria Theresia das Tor dann dauerhaft in Stein nach dem Vorbild des römischen Triumphbogens des Kaisers Constantin errichten, um sowohl an den Tod ihres Gatten als auch an die Hochzeit ihres Sohnes zu erinnern. Die glänzend weiße Triumphpforte weist somit eine Hochzeits- und eine Trauerseite auf.

Die Straße des Kaisers

Maximilian I. hatte Innsbruck als Residenzstadt geadelt. Der Kaiser hat wie kein anderer Herrscher das spätmittelalterliche Stadtbild Innsbrucks geprägt, Architektur und Kunst gefördert. Sein ‚Goldenes Dachl‘ ist weltberühmt, das Zeughaus an der Sill und das Grabmal in der Hofkirche gereichen ihm auch 500 Jahre nach seinem Tod zur Ehre. Die Maximilianstraße wurde spät aber doch 1888 als Verbindung zwischen der Triumphpforte und der Klinik so benannt.

Maximilian und die Fugger

Wer Maximilian sagt sollte quasi automatisch auch seine Geldgeber, die Fugger mit berücksichtigen. Es ist eine eine feine Ironie, dass Innsbruck dieser einst reichsten Kaufmannsfamilie nicht unweit der Maximilianstraße eine Seitengasse gewidmet hat. Quasi immer in der Nähe jenes Potentaten, mit dem die Fuggers zu Macht und Adel gekommen sind. Die Fuggergasse befindet sich südlich des alten Landhauses, das einst das Stadtpalais der Fugger-Taxis in Innsbruck gewesen war.

Kanonen, Kirchenglocken und Schwarze Mander

Noch ein Straßennamen drängt sich auf, wenn von Kaiser Maximilian die Rede ist. Es handelt sich um den Löfflerweg, der sich hinter Schloss Büchsenhausen im Ortsteil Hötting um einen Wohnbezirk schlängelt. Die Löfflers betrieben hier zur Zeit Maximilians die technologisch vielleicht beste Waffenschmiede Europas, das Schloss Büchsenhausen wurde nicht umsonst so benannt. Ihre Kanonen begründeten den guten Ruf der Artillerie Maximilians und waren die Basis der  Erfolge des Kaisers auf den vielen Schlachtfeldern Europas. Zudem gossen die Löfflers Glocken wie die noch existierende, wohlklingende Glocke der Pfarrkirche Amras und kunstvolle Skulpturen, die in der Hofkirche als ‚Schwarze Mander‘ das Grab Maximilians quasi bewachen und beweinen.

Tiroler Freiheitskämpfer wurden in Straßennamen verewigt

Auch dass Andreas Hofer in Innsbruck mit einer Straße gewürdigt wird, ist irgendwie  selbstverständlich. Wenngleich seine Zeit als Tiroler Oberkommandant von den Innsbrucker Bürgern nicht immer in rosigem Licht gesehen worden war, wie kürzlich gefundene Briefe Hofers belegen. Nach der Niederlage bei der Vierten Schlacht am Bergisel flüchtete er in sein Passeiertal, wurde von französischen Soldaten gefangen genommen und 1810 in Mantua hingerichtet. Seine sterblichen Überreste wurden 1823 heimlich nach Innsbruck gebracht und feierlich in der Hofkirche beigesetzt. Quasi mit Blickkontakt zum Maximilianischen Prunkgrab.

Parallel zur Andreas-Hofer-Straße verläuft die Speckbacherstraße. Die geografische Lage spiegelt quasi den  Gleichklang der Lebensläufe der beiden Männer, die den Franzosen am Berg Isel Paroli geboten hatten. Josef Speckbacher, ein Bauer, Jäger und guter Schütze war der äußerst begabte militärische Stratege Hofers. Er war maßgeblich dafür verantwortlich, dass die Tiroler drei Schlachten siegreich beendeten und wurde an der Seite Andreas Hofers in der Hofkirche begraben. Zudem erinnert ein Denkmal bei der Ottoburg an den Helden der Freiheitskriege.

Helden des Widerstandes

Innsbruck hat nach dem Krieg auch wahren Helden Tribut gezollt. Menschen, die sich todesmutig gegen die Nazi-Diktatur aufgelehnt hatten. Der Platz vor dem Hauptgebäude der Uni Innsbruck wurde nach Christoph Probst benannt, dem Mitglied der studentischen Widerstandsgruppe der ‚Weißen Rose‘. Und im Olympischen Dorf gedenkt Innsbruck mit einem Straßennamen eines weiteren Helden, der von den Nazis ermordet worden ist: des Pfarrers Otto Neururer.

Dürer, Goethe, Schiller und Mozart

Während der Zeit Kaiser Maximilians machten viele Künstler in Innsbruck Station. Unter ihnen befand sich Albrecht Dürer, der mehrere Aquarelle der Stadt anfertigte. Die ‚Dürerstraße’ im Innsbrucker Stadtteil Saggen ist quasi das Zentrum eines wahren ‚Künstlerstraßen-Viertels‘. Denn Seitenstraßen sind nach dem berühmten Innsbrucker Barockbaumeister Gumpp, nach dem Maler Moritz Schwind und nach dem Poeten Rainer Maria Rilke benannt. 

Auffallend am Stadtbild ist auch die Konzentration von Straßen auf relativ engem Raum, die nach Dichterfürsten und Komponisten benannt sind: Da geht die Goethe- in die Schillerstraße über, die Mozart- in die Beethovenstraße.

Bekanntlich hatte Mozart als junges Wunderkind in Innsbruck auf der Reise nach Italien Station gemacht und im Palais Trapp eine 'Akademie' gegeben.

Die beschriebenen Straßen:

1 Maria-Theresien-Straße

2 Maximilianstraße

3 Andreas Hofer Straße

4 Speckbacherstraße

5 Anichstraße

6 Fuggergasse

7 Schloss Büchsenhausen

8 Löfflerweg

9 Dürerstraße

10 Gumppstraße

11 Schwindstraße

12 Rilkestraße

13 Goethestraße

14 Schillerstraße

15 Mozartstraße

16 Beethovenstraße

17 Pfarrer-Otto-Neururer-Straße

18 Christoph-Probst-Platz

19 Galgenbühelweg

LINK zu den beschriebenen Straßen auf Mapy.cz

https://de.mapy.cz/s/jozosoruho

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