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50 Dinge, die ein Tiroler getan haben muss, beschreibt Werner Kräutler in seinem neu erschienenen Buch. Es kommt noch besser: Meist führt uns der Autor dabei an faszinierende Plätze weit abseits der gängigen „Touristenpisten“.

Von Schreiberling zu Schreiberling

Heute habe ich einen Spezialauftrag: Ich darf Werner interviewen. Werner ist ebenfalls Journalist und Blogger und verfasst unter anderen auch Beiträge für den Innsbruck Blog. Ein Kollege sozusagen.

Wir haben uns in Werner’s Lieblingscafé, dem Café Central in der Innsbrucker Innenstadt, verabredet. Schon während die freundliche Bedienung unsere Verlängerten (Kaffee) serviert, sprudelt es nur so aus dem 68-Jährigen heraus.

Werner ist mit einem naturfarbenen Leinenhemd und einer dunklen Lodenhose bekleidet. Dazu ein weißer Vollbart und eine Brille mit dickem, hellroten Gestell. Ich wusste bereits, dass der Mann eine rundum alternative Erscheinung ist. Foto: Tamara Kainz

Werner ist mit einem naturfarbenen Leinenhemd und einer dunklen Lodenhose bekleidet. Dazu ein weißer Vollbart und eine Brille mit dickem, hellroten Gestell. Ich wusste bereits, dass der Mann eine rundum alternative Erscheinung ist. Foto: Tamara Kainz

Von Innsbrucks Vergangenheit als Bergwerksstadt, der kleinen Schluchtenscheißer-Statue in der Altstadt und dem felsigen Hochaltar am Kultplatz Goldbichl in Igls erzählt er.

Heute ist das Gebiet rund um die Knappenlöcher Herausforderung für die Freeclimber des "Dryland". Foto: Werner Kräutler

Heute ist das Gebiet rund um die Knappenlöcher Herausforderung für die Freeclimber des Klettergarten „Dryland“ hoch über Innsbruck. Foto: Werner Kräutler

Wunderbarer Blick vom Kultplatz Goldbichl in Innsbruck-Igls zum Hochaltar Serles und zu den vergletscherten Gipfeln des Stubaitals. Foto: Werner Kräutler

Wunderbarer Blick vom Kultplatz Goldbichl in Innsbruck-Igls zum Hochaltar Serles und zu den vergletscherten Gipfeln des Stubaitals. Foto: Werner Kräutler

Gespannt höre ich zu. Werner verfügt über ein enormes Wissen. Das war wohl auch der Grund für den Styria-Verlag an ihn heranzutreten und ihn zu bitten, den Tiroler Teil der Serie „50 Dinge, die man getan haben muss“ zu verfassen.

Alternativen zum Mainstream

Wie einleitend versprochen, verlässt der umtriebige „Heimatforscher“ – das ist Werner in meinen Augen nämlich – dafür zumeist die ausgetretenen Touristenpfade. Er blickt quasi hinter die Kulissen des Landes. Privat tut er das übrigens genauso konsequent wie in seiner Rolle als Buchautor: „Nicht, dass die allseits bekannten ‚Magneten‘ ihre Strahlkraft nicht verdient hätten. Aber es gibt eben noch etliches Anderes, das es unbedingt wert ist, entdeckt, erlebt, erkundet zu werden.“

Kraftplatz und schöne Einkehr bei der Wallfahrtskirche Heiligwasser Foto: Werner Kräutler

Kraftplatz und schöne Einkehr bei der Wallfahrtskirche Heiligwasser Foto: Werner Kräutler

Werner’s Intention ist es also, den Tirol-Besucher wie den Einheimischen für so manch weniger beachtete Ecke im Land zu sensibilisieren. Und das macht er gut. Dazu muss man wissen, dass Werner auch als Hobbyarchäologe aktiv ist. Ein Umstand, der seinem Werk zusätzliche Würze verleiht: „Ideal ist es, wenn Landschaft und Natur mit Kultur verbunden sind.“

Der" Bschriebene-Stein" – ein riesiger Monolith im Viggartal – repräsentiert (wohl nicht nur) aus Sicht des Autors die optimale Verbindung von Natur und Kultur. Foto: Werner Kräutler

Der“ Bschriebene-Stein“ – ein riesiger Monolith im Viggartal – repräsentiert (wohl nicht nur) aus Sicht des Autors die optimale Verbindung von Natur und Kultur. Foto: Werner Kräutler

"Kaiser Maximilian geruhte oft und gerne in der Burg Fragenstein abzusteigen. Und von dort hat man die Martinswand ganz ausgezeichnet im Auge", schreibt der Autor zu diesem Bild. Foto: Werner Kräutler

„Kaiser Maximilian geruhte oft und gerne in der Burg Fragenstein abzusteigen. Und von dort hat man die Martinswand ganz ausgezeichnet im Auge“, schreibt der Autor zu diesem Bild. Foto: Werner Kräutler

Werner setzt wieder zu einem rhetorischen Bogen an: Diesmal reisen wir gedanklich vom „b’schriebenen Stein“ im Ellbögener Viggartal – „der hat was von Mystik, darauf steh‘ ich total“ – zur Grotte von Kaiser Maximilian I. (einen seiner erklärten Lieblinge) in der berühmten Martinswand. Und weiter geht‘ ins Fotschertal, ein stilles Seitental des Sellraintals.

Das idyllische Fotschertal – hier verweist Werner auf steinzeitliche Spuren. Foto: Werner Kräulter

Das idyllische Fotschertal – hier verweist Werner auf steinzeitliche Spuren. Foto: Werner Kräulter

„Wusstest du, dass dort schon Steinzeitjäger ihre Sommerlager aufgeschlagen haben?“ Wusste ich nicht. Insgeheim muss ich mir eingestehen, wohl auch zu den „modernen Menschen“ zu gehören, „die solche Dinge leider allzu oft übersehen“. Trotz aller Heimatliebe und Naturverbundenheit.

Interessantes aus allen Bereichen

Das Buch jedenfalls schafft Abhilfe. Übersichtlich listet es 50 besonders sehenswerte Tiroler Orte und auch Erzeugnisse auf: Anhand einer Karte, die zeigt, wo man umgeht und informativen, aber nicht allzu langen Texten. Anhand von Fact-Boxen mit Details zu Anreise, Weblinks  und natürlich jeder Menge schönen Bildern. Die beweisen eindrucksvoll, dass er nicht zu viel verspricht. „Die leicht zu bewältigenden Tagestouren machen Lust auf das Unbekannte. Sie sprechen alle Sinne an und werden auch Einheimische und Tirol-Kenner überraschen. Eine besondere Liebeserklärung an ein Land, das mit seiner rauen Schönheit jeden Tag aufs Neue fasziniert“, fasst der Herausgeber zusammen.

Von der Imperialgerste, die nun die Grundlage für das einzige in Tirol gebraute Bier bildet ... Foto: Werner Kräutler

Von der Imperialgerste, die nun die Grundlage für das einzige in Tirol gebraute Bier bildet … Foto: Werner Kräutler

... über geschichtliche Kulinarik etwa aus dem Gasthof Schupfen, einem der einstigen Quartiere von Freiheitskämpfer Andreas Hofer ... Foto: Werner Kräutler

… über geschichtliche Kulinarik etwa aus dem Gasthof Schupfen, einem der einstigen Quartiere von Freiheitskämpfer Andreas Hofer … Foto: Werner Kräutler

... bis hin zu spektakulären Schaftrieben ... Foto: Werner Kräutler

… bis hin zu spektakulären Schaftrieben … Foto: Werner Kräutler

... und natürlich weit hinaus und hinauf in die herrliche Natur reicht der Bogen, den Werner spannt. Foto: Danijel Jovanovic

… und natürlich weit hinaus und hinauf in die herrliche Natur reicht der Bogen, den Werner spannt. Foto: Danijel Jovanovic

„Genau genommen sind es 50 kleine, feine Juwelen, die ein bisschen Politur vertragen würden“, ergänzt Werner. Meiner Meinung nach vermittelt er wirklich gekonnt, dass Tirol eine Vielzahl facettenreicher Geschichten zu berichten hat. Dabei widmet sich der Zurück- und Vor- und gerne auch Querdenker einem bunten Mix an Wissenswertem.

Einzelgänger und "Rundumdenker": Der 68-Jährige ist quasi permanent auf Erkundungstour. Foto: Werner Kräutler

Einzelgänger und „Rundumdenker“: Der 68-Jährige ist quasi permanent auf Erkundungstour. Foto: Werner Kräutler

So sind beispielsweise den Steinölbrennern, imperialen Hochgebirgsfischen und dem Tiroler Jakobsweg – einem Paradies für Pilger – eigene Kapitel gewidmet. Thematisiert werden auch Österreichs höchst gelegene und ganzjährig bewirtschaftete Bergbauernhöfe, oder der traditionelle Schaftrieb über einen 3.000 Meter hohen Pass. Erklärungen zu smaragdgrünen Bergseen, technischen Wundern und so manchem Brauchtum wie dem Bergfeuern am Herz-Jesu-Tag runden den Streifzug gebührend ab. Stolz zeigt mir der Autor die dazugehörigen Fotos. Natürlich hat er sie alle selbst geschossen. Werner erzählt Interessantes und rutscht dabei irgendwie von einer Anekdote in die nächste.

Auch die kunstvolle Zirbenstube im Gasthof Traube in Lans findet im Buch Erwähnung. Foto: Werner Kräutler

Auch die kunstvolle Zirbenstube im Gasthof Traube in Lans findet im Buch Erwähnung. Foto: Werner Kräutler

Zugegeben: Alle 50 Punkte zu besuchen, wird sogar mir als „Eingeborene“ eher nicht gelingen. Muss es auch nicht. Aber ein wenig schmökern und studieren, darauf freue ich mich. Das Buch ist Inspiration und lädt dazu ein, wieder etwas genauer hinzuschauen.

Bewandert im doppelten Sinne

Zum Abschluss unseres Gesprächs verrät mir Werner noch zwei Dinge. Erstens: Sein persönlicher Favorit ist Grins. Die kleine Gemeinde im Tiroler Oberland ist für ihn dank ihrer rätoromanischen Architektur und den Heilquellen das schönste Dorf Tirols. Den Status der schönsten Stadt der Welt behält für ihn jedoch ganz klar Innsbruck!

Prädikat: Lesenswert! Das Buch "50 Dinge, die ein Tiroler getan haben muss" ist der ideale Führer für all jene, die Lust und Sinn dafür haben, etwas tiefer in das Land einzutauchen. Foto: Tamara Kainz

Prädikat: Lesenswert! Das Buch „50 Dinge, die ein Tiroler getan haben muss“ ist der ideale Führer für all jene, die Lust und Sinn dafür haben, etwas tiefer in das Land einzutauchen. Foto: Tamara Kainz

Und zweitens: Würde er das Buch jetzt noch einmal neu aufsetzen, würde er möglicherweise schon wieder ein paar andere Dinge mit hinein nehmen. „Ach“, stöhnt Werner, „ich habe mich so schwer getan mit der Auswahl. Es gibt so Vieles, das es verdient hätte, erwähnt zu werden – ich hätte locker noch ein weiteres Buch schreiben können.“ Wer weiß, vielleicht passiert das ja (bald). „Den Titel hätt ich schon im Kopf: Expeditionen in Tirol“, lächelt er, verabschiedet sich und ich bin mir fast sicher, dass er auch am Nachhauseweg von einer Geschichte in die nächste tappt.

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