
Ostern – das Fest, an dem der Osterhase bunte Eier versteckt und Kinder sie voller Freude suchen. Familien kommen zusammen, feiern und genießen die gemeinsame Zeit. Doch Ostern ist mehr als ein fröhliches Frühlingsfest – es ist der wichtigste Feiertag der Christen. Gefeiert wird die Auferstehung Jesu Christi nach seiner Kreuzigung am Karfreitag. Rund um Ostern gibt es viele schöne Bräuche – manche heiter, andere besinnlich und tief verwurzelt in der Tradition. Einer davon, der in Tirol bis heute (wieder) lebendig ist, sind die Ostergräber. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf diese eindrucksvolle Tradition und ihre besondere Bedeutung.
Von schlichten Holztruhen zu prachtvollen Inszenierungen
Die Tradition der Ostergräber reicht bis ins frühe Mittelalter zurück. Schon damals stellten Gläubige in Europa Nachbildungen heiliger Stätten dar, insbesondere des Grabes Christi. Die ersten Heiligen Gräber in Kirchen waren schlichte Holztruhen. Doch im Laufe der Zeit wurden sie immer kunstvoller: Ab Mitte des 16. Jahrhunderts entwickelten sich die Ostergräber zu prächtigen Inszenierungen. Inspiriert von den Trauergerüsten, wie man sie von Kaisern und Fürsten kannte, arrangierte man mehrere Kulissenbögen hintereinander. Für eine stimmungsvolle Beleuchtung sorgten sogenannte Schusterkugeln – mit Wasser gefüllte Glaskugeln, die das Kerzenlicht verstärkten.
Vom Kaiser verbannt, vom Volk bewahrt
Allerdings kamen die Ostergräber nicht bei allen gut an – zumindest nicht bei Kaiser Joseph II. 1783 verhängte er ein generelles Aufstellungsverbot, vermutlich weil er sie für überflüssigen Kitsch hielt. Geschmäcker sind eben verschieden! Eine ziemlich drastische Maßnahme, wenn man mich fragt. Doch lange hielt das Verbot ohnehin nicht: Kurz nach dem Tod des Kaisers fanden die Heiligen Gräber dank der Volksfrömmigkeit wieder ihren Weg zurück in die Kirchen. Ab den 1970er Jahren jedoch geriet das Brauchtum zunehmend in Vergessenheit – als unzeitgemäß abgetan, verstaubten die kunstvollen Gräber auf Dachböden und verschwanden fast vollständig aus dem öffentlichen Bewusstsein.
Verboten, vergessen, wiederentdeckt: Der wechselhafte Weg der Ostergräber
Aber ich würde keinen Blogbeitrag über die Ostergräber schreiben, wenn sich die Situation nicht gewandelt hätte. Mit Beginn des 21. Jahrhunderts lässt sich ein erfreulicher Trend beobachten: Die lange in Vergessenheit geratenen und verstaubten Kostbarkeiten wurden wiederentdeckt und restauriert. Heute erfreuen sich Ostergräber erneut großer Beliebtheit, besonders in Tirol.
Ostergräber rund um Innsbruck: die Tradition lebt weiter
In der Region rund um Innsbruck werden in der Karwoche in einigen Kirchen liebevoll und aufwendig gestaltete Heilige Gräber errichtet. Sie dienen den Gläubigen als Orte der Besinnung und sind ein beeindruckendes Zeugnis gelebter Tradition. Wer sich auf die Suche nach Ostergräbern macht, wird unter anderem in Flaurling fündig. Die kleine Gemeinde im Inntal ist bekannt für ihr prachtvolles Ostergrab, das mit viel Liebe zum Detail aufgebaut wird. Gemalt wurde es bereits im Jahr 1829 von dem Künstler Johann Baptist Daum.
Man kann nur erahnen, wie viele Stunden es braucht, so deteilgenau zu arbeiten... © Chronik Flaurling
© Chronik Flaurling
Das Ostergrab von Flaurling – liebevoll restauriert und bewahrt
Ein besonderes und laut der Flaurlinger Chronisten einzigartiges Merkmal in Tirol ist die wunderschöne Gartendarstellung. 1989 wurde das Ostergrab erstmals restauriert – nicht renoviert. Der Unterschied ist wichtig: Restaurieren bedeutet, dass die vorhandenen Teile gereinigt, die Leinwände verstärkt und neu gespannt wurden. Bei den Malereien aus dem 19. Jahrhundert wurden nur mechanische oder durch Wasser entstandene Beschädigungen ausgebessert. Seit den 1980er Jahren kümmert sich der Gartenbauverein Flaurling um das Ostergrab und veranlasste im Zuge der Kirchenrenovierung 2010 eine erneute Restaurierung.
Ostergräber: Darstellungen biblischer Szenen, wie etwa Jesus im Grab. © Chronik Flaurling
Besonders schön und einzigartig ist die Darstellung des Garten Getsemani © Chronik Flaurling
Tradition, Gemeinschaft, Symbolik und Mystik
Die Obfrau des Gartenbauvereins Karin Reiter war so freundlich, mir mehr über das Ostergrab ihrer Gemeinde zu erzählen. Da es erst am Palmsonntag aufgestellt wird, hatte ich nicht die Gelegenheit, es selbst zu besuchen. Doch Karin beschreibt es so eindrucksvoll, dass man wirklich Lust bekommt, es anzusehen. „Errichtet wird das Grab von der Landjugend. Am Mittwoch der Karwoche werden die Kerzen hinter den Kugeln dann zum ersten Mal angezündet“, erzählt sie. Musikalisch untermalt wird dieses stimmungsvolle Ereignis durch das vom Gartenbauverein Flaurling organisierte Passionssingen.
Die Nacht der Auferstehung
Das Highlight ist jedoch die Osternacht – also die Nacht von Karsamstag auf Ostersonntag. „Wenn die Kirche stockdunkel ist, die Kerzen angezündet werden und die Kugeln bunt leuchten, entsteht eine richtig mystische Atmosphäre“, beschreibt Karin begeistert. Die bunten Kugeln symbolisieren laut ihr die Auferstehung Jesu, die Vielfalt und den Neubeginn im Frühjahr. Bis zum sogenannten Weißensonntag – dem Sonntag nach Ostern – kann man das Heilige Grab in Flaurling besichtigen.
Ein Kleinod in Tirol – Die St. Moritzen-Kirche in Telfs
Eine meiner liebsten Joggingrouten führt nach Telfs, genauer gesagt zum Moritzen-Kirchlein in St. Moritzen. Ich mag diese Gegend das ganze Jahr über, aber in der Osterzeit hat sie etwas Besonderes: Zum einen das wunderschöne Ostergrab, zum anderen die über 100 Jahre alte mechanische Fastenkrippe, die das Passionsgeschehen darstellt. Die „Mandln“ (Männchen) – wie die Telfer die beweglichen Figuren nennen – sind jeden Sonntag in der Fastenzeit sowie am Karfreitag von 13:00 bis 17:00 Uhr in Betrieb. In dieser Zeit ist auch das Moritzen-Kirchlein geöffnet. Auch die bunten Kugeln des Heiligen Grabes in St. Moritzen leuchten an den Sonntagen der Fastenzeit sowie am Karfreitag. In Telfs gibt es sogar noch ein weiteres Ostergrab, und zwar in der Pfarrkirche Peter und Paul. Hier kann man ein aus Zirbenholz zusammengeleimtes Heiliges Grab von Gründonnerstag bis Christi Himmelfahrt bewundern.
Vielfalt der Ostergräber in der Region Innsbruck
Selbstverständlich gibt es in der Region rund um Innsbruck noch viele weitere Ostergräber zu bestaunen – zum Beispiel in der Basilika Wilten. In geraden Jahren kann man das große Ostergrab bewundern, in ungeraden Jahren (wie in diesem Jahr) das kleine. Weitere Beispiele für beeindruckende Ostergräber finden sich in Patsch, Oberperfuss oder Mutters. Alle Ostergräber der Region auf einen Blick findet ihr hier. Wer sich intensiver mit dem Thema befassen möchte, dem empfehle ich den Bildband Heilige Gräber in Tirol aus dem Jahr 2009. Dieses Werk lädt zu einer eindrucksvollen Reise durch Nord-, Ost- und Südtirol ein. Ein Team aus Kunsthistorikern besuchte 170 Gräber, die in dem Buch detailliert beschrieben und mit beeindruckenden Bildern festgehalten wurden.
Auch in der Pfarre Birgitz kann man ein wunderschönes Ostergrab bestaunen © Martin Kapferer / Diözesanarchiv
Titelbild: © Martin Kapferer / Diözesanarchiv
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