Ampass, © Innsbruck Tourismus : Tom Bause

Pfaffensteig. Was für ein Straßenname! Im Zuge meiner Recherchen zu Bruegels Meisterwerk ‚Jäger im Schnee’ stieß ich auf diesen Weg, dessen Name mir als Pilger regelrecht ins Auge stechen musste. Der Steig liegt im Süden der Stadt, quasi am Fuß von Schloss Ambras. Von dort aus, da bin ich felsenfest überzeugt, hatte einst Meister Pieter Bruegel d.Ä. Skizzen gefertigt und die Gestaltungsideen für sein ikonisches Winterbild entwickelt. Ich habe meine Recherchen in diesem Blog verarbeitet.

Was mich aber jetzt interessierte: Sind auf diesem Steig einst wirklich Priester gewandelt, die früher eher abwertend ‚Pfaffen‘ genannt worden sind? Woher, weshalb und wohin sind die überhaupt ‚aufgestiegen‘? War das vielleicht sogar die alte Trasse der Römerstraße? Fragen über Fragen, die eine Erkundung vor Ort erforderlich machen. Also machte ich mich auf den Weg. Und da ich bei solchen Gelegenheiten das Nützliche gerne mit dem Schönen verbinde, plante ich, meinen historischen Erkundungen vor Ort auch noch eine Genusswanderung anzufügen. Wenn ich schon in Ampass bin, wollte ich noch den wenig bekannten Herzsee aufsuchen. Meine Wandertipps findet ihr am Schluss dieses Blogtextes.

Vor meinen historischen Recherchen mache ich üblicherweise zuerst Recherchen in Innsbrucks Bibliotheken. In diesem Fall sind sich die Historiker mehr oder minder einig: Eine Römerstraße musste von Wilten über Amras und Egerdach zum heutigen Ampass geführt haben. Die heutzutage fälschlicherweise als ‚Römerstraße‘ bezeichnete Verbindung von Ampass nach Aldrans ist jüngeren Datums und war jene ‚Salz-Straße‘, auf der einst das kostbare Gut von Hall in Richtung Brenner transportiert wurde. Sie war zur Römerzeit – wenn überhaupt – nur ein Fußpfad. (Zur Salzstraße habe ich diesen Blog gestaltet.)

Ich wollte also mögliche Wegstrecken zu jenem Berg-Übergang finden, der in alten Wegbeschreibungen ‚Hals‘ genannt wird. Er liegt in der Gemeinde Ampass, also östlich von Innsbruck, und war mit Sicherheit der historische, südlich des Inn gelegene Übergang von Innsbruck in das Tiroler Unterland. Und tatsächlich, ein ‚Halsweg‘ zweigt im Weiler Egerdach ganz in der Nähe der Hermann-Gmeiner-Akademie rechts ab und führt nach Ampass. Das musste der alte Aufstieg sein. Und der Pfaffensteig? Der endet ebenfalls beim Ampasser ‚Hals‘, startet jedoch schon im Anschluss an die Luegenstraße. Es war quasi die Abkürzung zur Ampasser Pfarrkirche, in der die Mönche des Stiftes Wilten früher die Messe zu lesen hatten. Was heute kaum mehr vorstellbar ist: Ampass war jene Pfarre, zu der einst auch Wilten gehörte. Die Lage des Pfaffensteigs, der heute großteils ein Forstweg ist, kann aber kaum die Trasse einer alten Römerstraße sein. Ob dieser Pfad auch von jenem Mann genützt worden war, der etwas oberhalb des Weges im 6. Jahrhundert einen Goldschatz vergraben hatte, ist nicht bekannt.

Wilten war quasi das ‚prähistorische Innsbruck‘

Bis zur Gründung Innsbrucks im Jahr 1180 war Wilten das unbestrittene geistliche und weltliche Zentrum am Zusammenfluss von Sill und Inn. Heute ein bedeutender Stadtteil Innsbrucks, war Wilten jahrtausendelang die letzte größere Station auf dem Weg über den Alpenhauptkamm nach Süden. Oder eben die erste Rast auf dem Weg in den Norden. Bereits in der Jungsteinzeit, also vor rund 2.500 Jahren, befand sich am Bergisel oberhalb von Wilten eine Siedlung samt Brandopferplatz.

Nachdem die Römer im Jahre 15 nach Christus das heutige Nordtirol eroberten, errichteten sie in ‚Veldidena‘ ein Kastell und bauten den damals bestehenden rätischen Karrenweg über den Brenner nach und nach aus. Hier, im heutigen Wilten, teilten sich dann die Wege: Einer führte westlich über Zirl und Seefeld nach Norden und in der Folge ins heutige Augsburg. Ein anderer querte die Sill unmittelbar beim Berg Isel und passierte das heutige Ampass mit dem Fernziel Regensburg. Beide Städte waren entscheidende Garnisonen am Limes, den die Römer bekanntlich errichteten, um die Germanen zurückzuhalten.

Damals bildete der Inn noch riesige Mäander und floss bald hier, bald da. Die Verkehrswege mussten also wohl oder übel am Hang entlang verlaufen, um vor Inn-Überschwemmungen sicher zu sein. Und einer dieser Wege führt von Wilten über das heutige Egerdach zum ‚Hals‘, dem passähnlichen Bergeinschnitt in Ampass, der vom sogenannten ‚Burgstall‘ begrenzt wird, der alle Merkmale eines Kulthügels aufweist. Die Ampasser Pfarrkirche St. Johann samt dem getrenntem Glockenturm sind ein lebendiges Zeichen dafür.

Dass auf diesem Hügel eine Kirchengründung bereits im 5. nachchristlichen Jahrhundert erfolgte, ist ein weiterer Beleg für die Existenz einer nahegelegenen römischen Straßenverbindung. Übrigens ähnlich der Laurentiuskirche in Imst, die ebenfalls in der Nähe einer Römerstraße, der Via Claudia Augusta, errichtet worden ist. Der Grund für diese Annahme: Entlang der römischen Hauptverkehrswege breitete sich der christliche Glauben rasch aus, nachdem Kaiser Konstatin das Christentum 313 zur Staatsreligion erklärt hatte. Das beflügelte den Kirchenbau auch im damaligen Tirol.

Der Bau der ersten Kirche ist sicher eng mit der ersten Christianisierungswelle im 5. Jahrhundert verbunden. Dass der Bau ausgerechnet hier erfolgte, hat einen guten Grund: Auf dem Plateau des Hügels bestand lange ein Steinkreis, der die kultische Bedeutung dieser Anhöhe, die bisweilen auch ‚Palmhügel‘ genannt wurde, bekräftigt. In der Karte des Carl Urban und seiner Mitarbeiter, ‚Inntal von Zirl bis Hall um 1840‘, sind die Steine sogar noch eingezeichnet. Mehr noch: Archäologische Funde aus einem Gräberfeld am Fuß des Palmhügels unterstreichen die Annahme, dass es sich hier um ein bedeutendes Heiligtum vorchristlicher Glaubensrichtungen gehandelt haben musste.

Kein Wunder auch, dass am selben Plateau 1743 ein Glockenturm errichtet wurde, weil eine neue Glocke für den Kirchturm der Pfarrkirche vermutlich zu schwer gewesen wäre. Immerhin wiegt sie 2.408 Kilogramm. Da wurde eine uralte, kultische Tradition einfach prolongiert.

Ampass weist aber noch eine weitere interessante Kirche auf. Die liegt etwas unterhalb der Pfarrkirche an der historischen Salzstraße. Diese führte von der Haller Brücke nach Ampass, wo eine Steilstufe überwunden werden musste, um auf die Straße nach Aldrans zu gelangen. Die St. Veith geweihte Kirche ist gotischen Ursprungs und diente vermutlich den Fuhrleuten als Rast- und Opferstelle.

Durchs Herzbachtal zum Herzsee

Die weitere Wanderung zum Herzsee beginnt beim Widum (so werden in Tirol Pfarrhäuser genannt), das vis-à-vis der Pfarrkirche St. Johann liegt. Das Gebäude ist eine Perle barocker Baukunst und liegt auf einem kleinen Plateau mit einer unglaublich schönen Aussicht auf das Bettelwurfmassiv.

Der anschließende geruhsame Aufstieg zum Herzsee führt durch ein kleines Tälchen und gehört zu den luftig-leichten Spaziergängen mit grandioser Aussicht, die am Mittelgebirge südlich von Innsbruck selbstverständlich sind. Der Herzsee selbst liegt etwas oberhalb des Dorfzentrums von Aldrans und wurde bereits im Fischereibuch Kaiser Maximilians I. als ‚Teich oder See zu Laibains‘ genannt. Er blieb, was er war: ein riesiger, wunderbarer Fischteich.

Der Herzsee ist dann auch nur wenige Minuten von der nächsten Bushaltestelle im Dorfzentrum entfernt, was ihn für Ausflüge quasi prädestiniert.

Mein Wandertipp:

Die Wanderung auf historischen Pfaden ist eine Mischung aus der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und ‚Schusters Rappen‘. Ich kann zwei Routen empfehlen.

Route 1: Der Pfaffensteig

Ausgangspunkt für die Wanderung auf dem einstigen ‚Schnellweg‘ der Mönche des Stiftes Wilten nach Ampass ist die Station ‚Luigenstraße‘ der Innsbrucker Verkehrsbetriebe. Der Bus der Linie C fährt direkt von der Maria-Theresien-Straße zur Luigenstraße. Von dort zu Fuß weiter in Richtung Pfaffensteig, der rund 250 Meter nach der Bushaltestelle rechts nach Ampass abgeht. Bis etwa 200 Meter vor Erreichen der ‚Passhöhe‘ erfolgt die Wanderung auf der Forststraße, die dann in einen wahrhaftigen ‚Steig‘ übergeht, also quasi ‚original‘ wird. Hier ist ein wenig Vorsicht geboten. Bei Regenwetter nicht unbedingt zu empfehlen. Gehzeit: zwischen 30 und 45 Minuten.

Route 2: Die Römerstraße

Die Weg-Alternative zum Pfaffenweg ist ein Spaziergang auf der einstigen Trasse der Römerstraße, also auf dem Halsweg. Die Buslinie 505 (Richtung Hall in Tirol, Milser Straße) startet beim Hauptbahnhof und bringt die Wandersleute bis zur Haltestelle ‚SOS-Kinderdorf‘ in Egerdach. Von dort sind es dann noch rund 200 Meter bis zur Abzweigung des Halsweges. Die Wanderung erfolgt auf einer geteerten Straße, an deren Ende ein schmaler Weg zum Fuß des Palmhügels führt. Gehzeit: zwischen 30 und 45 Minuten.

Ein Besuch der Pfarrkirche St. Johann und des Glockenturms ist sehr ratsam, bevor man die Wanderung vis-à-vis des Widums durch das Herztal fortsetzt. Ich empfehle, den geteerten Weg zu nehmen, auf dem man nach rund 1,5 Stunden Gehzeit den Herzsee erreicht.

Den Abschluss dieser wunderschönen Wanderung bildet ein Spaziergang ins Dorfzentrum von Aldrans, konkret zum Dorfplatz. Von dort führen Busse die jetzt kulturbeseelten Wandersleute in kurzen Zeitabständen nach Innsbruck zurück.

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