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Rund um Allerseelen und Allerheiligen rücken für Christen die Gräber der Verstorbenen in den Fokus, werden die letzten Ruhestätten noch einmal besonders geschmückt, bevor der Winter kommt. Wobei es unterschiedliche Traditionen und Formen des Gedenkens gibt – wie etwa den Tag der Toten (Día de los Muertos) in Mexiko.

Herbstfarben

Gerade im Herbst vermitteln Friedhöfe eine ganz besondere Atmosphäre. Zeigen sich doch auch hier an Bäumen, Sträuchern und Grünflächen die aufregenden herbstlichen Farben wie Ocker, Rostrot, Kürbisgelb oder verschiedene Brauntöne. Sie stehen in einem spannenden Kontrast zu immergrünen Pflanzen. Morgentau, oder gar schon -reif, lässt die verschiedenen Töne besonders intensiv wirken.

Westfriedhof

Dass ich immer wieder gerne über Friedhöfe streife, habe ich in einem Blogbeitrag schon erzählt. Damals besuchte den malerisch gelegenen Mühlauer Friedhof und beschrieb das Grab der Dichterin Anna Maria Achenrainer. Es befindet sich in unmittelbarer Nähe zu dem des bedeutenden Lyrikers Georg Trakl. Letzthin führte mich ein Spaziergang auf den Westfriedhof, der gleich hinter dem Klinikareal liegt und auch als Wiltener Friedhof bezeichnet wird.

Nach dem Ostfriedhof, dem Pradler Friedhof, ist der Westfriedhof mit fast fünf Hektar der zweitgrößte von Innsbruck. Insgesamt finden sich auf dem Stadtgebiet 21 Friedhöfe, von denen sieben der zuständige Magistrat der Stadt Innsbruck betreut. Die Hauptverwaltung der Friedhöfe ist am Westfriedhof angesiedelt. Errichtet 1856 wurde er rund drei Jahrzehnte später nochmals im gleichen Umfang erweitert, sodass eine fast symmetrische Anlage links und rechts des Verwaltungsgebäudes entstand.

Arkaden

Im Zuge der Erweiterung wanderte der Haupteingang vom Norden in die Fritz-Pregl-Straße im Osten. Interessant zu wissen ist zudem, dass sich der städtische Friedhof ursprünglich beim heutigen Dom in der Altstadt befand. Später lag er im Bereich des heutigen Adolf-Pichler-Platzes in der Innenstadt, um schließlich nach Wilten verlegt zu werden. Der jüdische Friedhof, ursprünglich am „Judenbühel“ nahe dem Alpenzoo angesiedelt, erstreckt sich seit 1864 am südlichen Ende des Westfriedhofs ebenso der evangelische.

Schon beim Betreten des Westfriedhofs fallen einem die schmucken Arkaden auf, die den ursprünglichen Teil des Westfriedhofs rundum säumen. Ausgeschmückt wurden sie von den Künstlern Georg Mader, Franz Plattner, Mathias Schmid und August von Wörndle, im Zweiten Weltkrieg allerdings teilweise zerstört und danach wiedererrichtet. Im südlichen Areal finden sich nur an der Nordseite und einem Teil der Ostseite Arkaden. In den Arkaden liegen Grabstätten bedeutender Innsbrucker Familien.

Bei einem Spaziergang über das Gelände, beim Betrachten einzelner Grabstätten und Gräber taucht man in die unterschiedlichen Epochen der Kunstgeschichte – von Neoklassizismus über Jugendstil bis zu zeitgenössischen Ausführungen. Aufmerksame Betrachter stoßen auch auf bekannte Namen aus Gesellschaft, Kultur, Wirtschaft oder Politik.

Online-Wegweiser

Wobei Interessierten seit 2019 ein Online-Wegweiser zur Verfügung steht, der einem die Suche nach spezifischen Gräbern ermöglicht. Immerhin finden sich auf den von der Stadt Innsbruck betreuten Friedhöfen rund 26.000 Gräber und mehr als 100.000 Verstorbene, wie Alexander Legniti, Leiter der Innsbrucker Friedhöfe, erklärt. Neben Verwandten oder Bekannten kann man so auch die Grabstellen von Innsbrucker Persönlichkeiten ausfindig machen.

Wie etwa das der beliebten Innsbrucker Bürgermeisterin Hilde Zach oder das von Peter Walde, Gründer der Innsbrucker Seifenfabrik Walde, heute die älteste Seifenfabrik Österreichs. Oder von Therese Mölk, die den Grundstein für die Lebensmittelkette MPreis legte. Ebenfalls am Westfriedhof beerdigt ist der Innsbrucker Politiker Martin Rapoldi. Nach ihm ist der Stadtpark Rapoldi in Pradl benannt.

Diana Budisavljević

Auch Diana Budisavljević, geborene Obexer, fand am Westfriedhof ihre letzte Ruhe. Die gebürtige Innsbruckerin rettete im Zweiten Weltkrieg viele Menschen, darunter Tausende Kinder aus den Konzentrationslagern des gefürchteten kroatischen Ustascha-Regimes. Für ihre selbstlose und unerschrockene Hilfe wurde Budisavljević vom Innsbrucker Gemeinderat posthum unter anderem mit dem Verdienstkreuz der Stadt Innsbruck ausgezeichnet. Seit 2021 prangt eine Gedenktafel am Obexer-Haus in der Maria-Theresien-Straße und erinnert an die große Humanistin. Mein Bloggerkollege Danijel Jovanovic hat der „stillen Heldin“ einen Blogbeitrag gewidmet.

Unweit des Familiengrabs der Obexer steht der Name einer weiteren Wohltäterin, wenn auch auf anderem Gebiet. Josefine von Scheuchenstuel gründete 1869 ein Waisenhaus für Mädchen in Innsbruck und förderte die Ausbildung junger Frauen, um sie der Armut zu entreißen.

Franz Kranewitter

Die Liste spannender Persönlichkeiten ließe sich fortsetzen, bis hin zum bedeutenden Tiroler Dichter Franz Kranewitter, dessen Grab sich nachgerade unspektakulär ausmacht. Dafür sticht das von Marie Zöhrlaut aus Milwaukee sofort ins Auge. Die 63-Jährige starb am 20. April 1893 in Bozen. Ihr Leichnam wurde nach Innsbruck überführt und in einen herrschaftlichen Marmorsarkophag am evangelischen Friedhof gebettet.

In den Innsbrucker Nachrichten findet sich 1894 – neben einer detaillierten Beschreibung des Grabmals – nur der Hinweis, dass Zöhrlaut eine „nahe Anverwandte des hiesigen Kaufmanns Herrn Max Obexer“ gewesen sei. Das monumentale Grab, so der Schreiber weiter, stelle einen besonderen Anziehungspunkt für Besucher des „Gottesackers“ dar. Also schon im 19. Jahrhundert reges Interesse an Grabstellen und ihre Ausschmückung! Und eine Anregung, sich selbst auf Spurensuche zu begeben, mit offenen Augen über den Friedhof zu flanieren. Denn es gibt zahlreiche Grabstellen, die besondere Geschichten erzählen über Persönlichkeiten dieser Stadt und über Innsbruck.

Westfriedhof

Fritz-Pregl-Straße 2

6020 Innsbruck

 

Infos zu weiteren Friedhöfen in Innsbruck finden sich hier.

Fotos, wenn nicht anders angegeben: © Susanne Gurschler

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